Bayerische Staatsbibliothek kämpft gegen den Säurefraß/ Buch-Patenschaften

SOS – Bücher in Not

Zentrum · Für den Edgar-Wallace-Krimi kann er ebenso tödlich sein wie für das „Brevier“ von Ludwig Thoma: Die Rede ist nicht etwa vom guten alten Bücherwurm, sondern vom Säurefraß.

In der Bayerischen Staatsbibliothek bedroht er rund 3,5 Mio. Bücher. – Vor allem solche, die nach 1840 gedruckt wurden. Damals wurde nämlich damit begonnen, Holz mit säurehaltigen Chemikalien zu versetzen, um glatteres und weißeres Papier zu bekommen.

Diese „kosmetische Maßnahme“, die zudem eine kostengünstigere Produktion ermöglichte, hat sich mittlerweile als verhängnisvoller Fehlgriff erwiesen: Im Laufe der Jahre frisst sich die Säure unerbittlich durchs Papier, so dass von vielen Büchern irgendwann nur noch Staub übrig ist. „Für einen Großteil der bei uns betroffenen Bücher ist der Zug bereits abgefahren“, gesteht Peter Schnitzlein von der Bayerischen Staatsbibliothek. Es ist zwar grundsätzlich möglich, die Bücher in einem aufwändigen industriellen Verfahren zu „entsäuern“, aber das ist eine sehr kostspielige Angelegenheit. Rund 67 Mio. Euro wären notwendig, um alle Schriften auf diese Weise zu retten, so schätzt Bibliotheksdirektor Hermann Leskien. – Eine utopische Summe für die Staatsbibliothek, der vom Freistaat jährlich etwa ein halbe Mio. Euro für die Bestandserhaltung zufließen.

Damit trotzdem möglichst viele Bücher vor dem Säurefraß gerettet werden können, sucht man derzeit fieberhaft nach Sponsoren aus der Wirtschaft. Zudem bietet der Förderverein der Bibliothek „Buch-Patenschaften“ an: Jeder Bücherfreund kann sich aus einer speziellen Liste bedrohter Schriften einzelne Titel heraussuchen, die ihm besonders gefallen, und dann die Kosten für die Erhaltung übernehmen. Mit nur 12,50 Euro kann man bereits zum „Buch-Paten“ werden – nach oben hin sind natürlich keine Grenzen gesetzt.

Als erste Bibliothek in Deutschland hat die Bayerische Staatsbibliothek 1995 eine eigene Abteilung zur Bestandserhaltung gegründet. Hier werden Originalbände restauriert, aber auch Papier-Kopien und Mikrofilme von Büchern hergestellt, die zu den „Todeskandidaten“ gehören. „Die Mikro-Verfilmung ist eigentlich auf lange Sicht die beste Form der Konservierung“, erklärt Peter Schnitzlein. Die Bibliotheksbenutzer müssen sich dann zwar damit abfinden, dass sie die betreffenden Bücher selbst nicht mehr in die Hand bekommen. Aber der Inhalt der Bücher, ihr „Geist“ sozusagen, wird für die Nachwelt erhalten bleiben.

Informationen zur Buch-Patenschaft gibt es unter www.bsb-muenchen. de/Bestandserhaltung. rme

Artikel vom 17.01.2002
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