Im Gespräch mit Schauspieler, Autor, Rezitator und »Revoluzzer« Winfried Frey

Winfried Frey.	Foto: Archiv

Winfried Frey. Foto: Archiv

München · Vor zwei Jahren beteiligte sich der vielseitige Münchner Bühnenkünstler Winfried Frey erstmals am »Tag der Archive«. Damals las er im Staatsarchiv München in einem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal unter anderem aus den original Fallakten des bis heute ungelösten Sechsfachmordes von Hinterkaifeck.

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Nächste Woche ist Winfried Frey wieder dabei. Im Mittelpunkt seiner künstlerischen Lesung steht diesmal die Revolution in München 1918/19. Wir haben Winfried Frey einige Fragen zur Lesung allgemein und auch zur seiner Verbindung zum Thema Revolution in München stellen dürfen.

Wochenblatt: Ihre Lesung vor zwei Jahren fand beim Publikum großen Anklang. Wie kam es damals zu der Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv München?

Winfried Frey: Ein schöner Zufall: Frau Dr. Ulrike Hofmann vom Staatsarchiv und ich haben einen gemeinsamen Bekannten. Der hat uns vernetzt.

Was schätzen Sie besonders an dieser Zusammenarbeit?

Frey: Frau Dr. Hofmann ist für mich erste Ansprechpartnerin im Haus. Sie und ihr Chef Dr. Christoph Bachmann sind für allerlei künstlerische Ideen meinerseits offen. Das macht es spannend und effektiv.

Das Thema »Revolution in München 1918/19« ist bei geschichtlich und politisch Interessierten sicherlich präsenter als in der allgemeinen Wahrnehmung. Welche Persönlichkeiten der damaligen Ereignisse beeindrucken Sie am meisten?

Frey (spitzbübisch): Als Anarchist halte ich es ja grundsätzlich mit »dem kleinen Mann«. Also wie ging es dem Schüler mit seinen Hausaufgaben und Freizeit? Wie geht’s der Mutter, die versuchen muss, trotz Revolution das kleine Familienunternehmen zu schmeißen etc. Was hat den Friseur bewegt und was davon hat er an seine Kundschaft weitererzählt? Aber natürlich sind Kurt Eisner und Ernst Toller zwei Persönlichkeiten, die man sofort mit der Revolution verbindet.

Haben Sie durch Ihre Familie einen Bezug zu den Ereignissen damals in München bzw. in Bayern?

Frey: Leider sind Vorfahren in dieser Altersgruppe in meiner Familie nicht mehr vorhanden, bzw. starben als ich noch ein ganz kleines Kind war. Deshalb hatte ich in der Kindheit und Jugend eher nur Berührung mit dem Thema im Schulunterricht.

Mit der Lesung verbinden Sie Unterhaltung und Wissen. Inwiefern ist es Ihnen wichtig, dass Ihre Zuhörer etwas klüger aus dem Saal rausgehen, als sie reingegangen sind?

Frey (lacht): Das ist mir überhaupt nicht wichtig. Sehen Sie, jeder Besuch eines kulturellen Vortrags sollte die Besucher interessieren, egal ob auf der intellektuellen oder auf der humoristischen oder auf der tragischen Seite. Man sollte für sich empfinden, dass man die Zeit in einen Besuch dieser oder jener Veranstaltung sinnvoll investiert hat. Klüger machen will ich niemanden, ich will unterhalten.

Welche Bedeutung messen Sie der Arbeit der Archive bei, allgemein und auch in Bezug auf die Ereignisse von 1918/19 in München?

Frey: Die Arbeit der Archive hat für mich, und bestimmt für jeden geschichtlich interessierten Menschen, eine große Bedeutung. Denn nur so kommt man seinen Wurzeln auf die Spur. Eine der wichtigsten Fragen: Wo komm ich her? Daraus ergibt sich: Ah, darum bin ich so, wie ich bin. Als Autor bearbeite ich regelmäßig historische Stoffe. Deshalb ist Recherchieren eine meine notwendigen Leidenschaften. Und es macht mir auch noch dazu Spaß. Ehrlich gesagt interessieren mich Themen wie historische Mordfälle in Bayern, altes Erbrecht und wie man es sich hinbog, generationsübergreifende Familiengeschichten und da auch die Herrscherfamilien ebenso sehr wie die Jahre 1918/19 in München.

Das Thema Ihrer Lesung, Revolution in ihrer ganzen Tragweite, kann man nicht banalisieren. Dennoch fordert der Begriff zur Frage heraus: In welchen Situationen im Leben sind Sie selbst ein »Revoluzzer« oder sind es mal gewesen?

Frey (lächelt): Eine sehr gute Frage. Ein kleines bisserl Revoluzzer sein gibt dem Leben Würze. Wir Bayern, Deutsche, Europäer leben doch in einer sehr geordneten Welt voller Regeln und klaren Strukturen. Da tut es bei all den Erfolgserwartungen und den Vorstellungen, wie man das Leben zu meistern hat, ganz gut, wenn es Menschen gibt, die mal über den Tellerrand hinaus schauen, aus dem Bilderrahmen fallen oder über den Zaun luren. Schließlich kann ich immer selbst entscheiden, ob ich mich der einen oder der anderen Intention anschließe.

Artikel vom 23.02.2018
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