3D-Seismik-Verfahren auch in Grünwald

Seit Montag sind die Messgeräte im Gemeindegebiet im Einsatz

Die Vibro-Fahrzeuge untersuchen ob sich in den tieferen Gesteinsschichten Thermalwasser befindet.	Foto: hw

Die Vibro-Fahrzeuge untersuchen ob sich in den tieferen Gesteinsschichten Thermalwasser befindet. Foto: hw

Grünwald · Im Inneren der Erde befindet sich unter großen Teilen Südbayerns eine Kalksteinschicht, die Thermalwasser führt. Die Erdwärme Grünwald (EWG), die Innovative Energie für Pullach (IEP) und die Stadtwerke München (SWM) nutzen diese Thermalwasser führende Schicht seit vielen Jahren, um daraus Fernwärme zu erzeugen – EWG und SWM produzieren aus ihren Geothermiebohrungen zudem grünen Strom.

Jetzt haben sich die drei Geothermie-Unternehmen zusammengetan, um Aufschluss über die Position möglicher weiterer Bohrungen zu bekommen. Dafür ist es notwendig, den Verlauf der wasserführenden Schicht und die Lage besonders ergiebiger Stellen möglichst genau zu kennen. Wertvolle Erkenntnisse dazu liefert das hochmoderne Erkundungsverfahren der 3D-Seismik, das dieser Tage im Auftrag von EWG, IEP und SWM in Schäftlarn begonnen wurde. Durch die Zusammenarbeit der drei kommunalen Energieversorger kann eine große Menge seismischer Daten kostengünstig gesammelt werden. Seit Anfang der Woche sind die Messfahrzeuge auch in Grünwald unterwegs. Die wichtigsten Fragen zur Messtechnik werden hier beantwortet:

Was ist das Prinzip seismischer Messungen?


Mit Spezialfahrzeugen, sogenannten Vibro-Trucks, werden Schallwellen erzeugt und in die Tiefe geschickt. Dort werden sie von den verschiedenen Gesteinsschichten im Untergrund unterschiedlich reflektiert. An der Erdoberfläche werden entlang der Messlinien hochempfindliche Erdmikrophone – sogenannte »Geophone« – ausgelegt, die die reflektierten Schallwellen registrieren und für die spätere Auswertung speichern. Dieses Prinzip ähnelt dem des Echolots auf Schiffen. Durch eine computergestützte Auswertung der empfangenen Daten können die Geologen anschließend ein dreidimensionales Bild des Untergrundes erzeugen und die Strukturen der Gesteinsschichten ermitteln.

Wie werden die Messungen konkret durchgeführt?


Während der Messarbeiten bewegen sich jeweils fünf Vibro-Fahrzeuge gleichzeitig an verschiedenen Stellen innerhalb des Untersuchungsgebietes: Dieses ist rund 100 Quadratkilometer groß, umfasst Wald- und Gemeindegebiete und reicht von Baierbrunn und Schäftlarn über Pullach und Grünwald bis nach Ober- und Unterhaching sowie ins südliche München. Entlang der vorgesehenen Messlinien liegt nach jeweils 18 Metern ein sogenannter Anregungspunkt. An diesen Stellen stoppt ein Messfahrzeug für eine kurze Zeit, senkt seine Rüttelplatte auf den Boden ab, sendet Schallwellen in den Untergrund und fährt dann zum nächsten Anregungspunkt. Jeder dieser Punkte wird nur einmal befahren, die Vibro-Fahrzeuge ziehen also ähnlich wie bei einer kleinen Wanderbaustelle zügig weiter.

Mit welchen Auswirkungen ist zu rechnen?


Vibrations-Seismik ist ein schonendes Verfahren, das ohne Grabungen und Bohrungen auskommt. Grundstückseigentümer wie zum Beispiel die Staatsforsten, über deren Gelände die Messroute führt, sind frühzeitig und ausführlich informiert und um Genehmigung gebeten worden. Während der Messungen selbst bewegen sich an verschiedenen Stellen des Untersuchungsgebietes insgesamt fünf Messfahrzeuge über die Wege und Straßen. Nur in dieser Zeit kommt es zu Geräuschentwicklung und möglicherweise kurzfristigen Verkehrsbeeinträchtigungen. Die erzeugten Vibrationen sind für Menschen nur in unmittelbarer Nähe zu den Fahrzeugen wahrnehmbar.

Bei beengten Verhältnissen kommen kleinere Vibro-Fahrzeuge, sogenannte Minivibs, zum Einsatz. Selbstverständlich wird zu Gebäuden ein ausreichender Abstand gehalten. Allerdings führt ohnehin nur ein kleiner Teil der Messstrecken durch bewohntes Gebiet. Um Flurschäden möglichst zu vermeiden, bewegen sich die Fahrzeuge weitestgehend auf Wegen und befestigten Straßen. Das beauftragte Spezialunternehmen Compagnie Générale de Géophysique (CGG), ein renommierter und international erfahrener Partner, verwendet für die Messkampagne modernste Techniken und Verfahren, mit denen die Untersuchungen so kurz und schonend wie möglich durchgeführt werden können. Für nicht vermeidbare kurzzeitige Beeinträchtigungen bitten die Verantwortlichen alle Anlieger und Passanten um Nachsicht und bedanken sich für ihr Verständnis.

Die Messtrupps werden begleitet von Verantwortlichen für die Verkehrssicherung. An allen Objekten entlang der Tagesstrecke wird mit weiteren Spezialisten für die Qualitätssicherung und die Einhaltung aller Normen gesorgt. Rote Straßenmarkierungen bedeuten Anregungspunkte, an denen die Messfahrzeuge rund eine Minute halten werden und Schallwellen in die Erde schicken. Blaue Markierungen bedeuten Auslegepunkte für Erdmikrofone (Geophone), die die reflektierten Schallwellen wieder empfangen. Die Geophone müssen über die gesamte Dauer der Messkampagne bis Ende Februar ausgelegt bleiben. eMit Schwingungs- und Erschütterungsmessgeräten ausgestatte Mitarbeiter überwachen die Arbeiten und bitten vor nahegelegenen Gebäuden direkt um Erlaubnis, das Grundstück betreten zu dürfen. Dies erfolgt natürlich nur dann, wenn Eigentümer oder Eigentümerin da sind und die Erlaubnis erteilen. Durch diese begleitenden Erschütterungsmessungen wird kontrolliert und dokumentiert, dass die zulässigen Schwingungsgrenzwerte nach DIN 4150, Teil 3, nicht überschritten werden.

3D-Seismik natrürlich auch in Grünwald


Seit Montag kommen die Messfahrzeuge auch nach Grünwald. Das Messraster erfordert hier die Befahrung u.a. von Tölzer Straße, Dr.-Max-Straße, Nördliche und Südliche Münchner Straße und einigen weiteren Straßen. Die Arbeiten werden werktags von 7.30 bis 18.00 Uhr durchgeführt. Als geologischer Experte steht den Grünwalder Bürgern auch Dr. Andreas Schuck zur Verfügung, der als sogenannter »Bird-Dog« die gemeinsame Seismikkampagne von IEP, EWG und SWM überwacht, zu erreichen ist er über Telefon 01 51 / 14 82 51 31.

Artikel vom 17.02.2018
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