Für die Stadtgesellschaft

»München dankt« auch ohne Ehrenamtskarte

4.305 mal wurde »München dankt!« seit 2008 verliehen, unter anderem an die Lesepaten des Projekts »Lesezeichen«.	Foto: Freiwilligenagentur Tatendrang

4.305 mal wurde »München dankt!« seit 2008 verliehen, unter anderem an die Lesepaten des Projekts »Lesezeichen«. Foto: Freiwilligenagentur Tatendrang

München · Ehrenamtliches Engagement zahlt sich aus. Tatsächlich auch in (fast) barer Münze. Inhaber der Bayerischen Ehrenamtskarte erhalten in teilnehmenden Geschäften einen festen Preisnachlass oder zahlen in Einrichtungen aller Art einen vergünstigten Eintrittspreis.

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Artikel vom 17.11.2017: Samstagsblatt München-Redakteur Carsten Clever-Rott über die »Nikolausverlosung«

Das bayerische Sozialministerium verlost unter den Inhabern der Ehrenamtskarte im Rahmen einer Nikolausverlosung die Teilnahme am Neujahrsempfang des Bayerischen Ministerpräsidenten am 12. Januar 2018. Dabei steht eines schon jetzt fest: Es wird kein Münchner unter den ausgelosten Ehrenamtlern sein. Anders als der Landkreis München bietet die Stadt München die Ehrenamtskarte nicht an. Ob die jeweiligen Gebietskörperschaften teilnehmen, ist ihnen selbst überlassen. Nach anfänglicher Kritik zur Einführung im Jahr 2011 beteiligen sich mittlerweile 86 von 96 Landkreisen und kreisfreien Städten in Bayern am Projekt »Ehrenamtskarte«.

Auch in München hat der Stadtrat seinerzeit über eine Beteiligung der Stadt diskutiert. Schon seit 2008 liefen Planungen und Beratungen über die Einführung einer eigenen Anerkennung für ehrenamtlich Tätige. Unter dem Namen »München dankt!« ist das Projekt schließlich realisiert worden.

Inhaber der Urkunde »München dankt!« erhalten ein Gutscheinheft von der Landeshauptstadt. Die darin enthaltenen Gutscheine ermöglichen einer Person den einmaligen kostenlosen Eintritt beispielsweise ins Stadtmuseum, ins Deutsche Museum, in den Tierpark oder die Münchner Bäder. Auch zwei Streifenkarten für den MVV gehören zum Gutscheinheft. Alle Gutscheine sind übertragbar, können vom Inhaber also auch verschenkt werden.

Um die Vorteile nutzen zu können, muss ehrenamtliche Arbeit in einem Mindestumfang bestätigt werden. 80 Stunden pro Jahr oder 200 Stunden innerhalb eines Projekts werden gefordert. Wer das erfüllt, kann einen Antrag bei der Stadt stellen. Je Engagement ist nur ein Antrag möglich. Die Auszeichnung »München dankt!« ist mittlerweile so beliebt, dass das zuständige Direktorium der Stadt die Bearbeitung bis Ende dieses Jahres nur für Anträge zusagen kann, die bis 15. August eingegangen sind. Die späteren Anträge können erst 2018 bearbeitet werden. Kalkuliert hatte die Stadt mit etwa 700 Anträgen pro Jahr. Allein in den ersten zehn Monaten dieses Jahres seien bereits 820 Anträge eingegangen, wie das Direktorium der Stadt auf Nachfrage mitteilt, Tendenz steigend. In den vergangenen neun Jahren sei die Auszeichnung »München dankt!« insgesamt 4.305 mal verliehen worden.

Zugunsten von »München dankt!« hat sich der Stadtrat bereits 2011 gegen die Ehrenamtskarte ausgesprochen. Ein erneuter Vorstoß der CSU im Jahr 2014 fand wieder keine Mehrheit. Das Direktorium der Stadt München, das für »München dankt!« zuständig ist, hatte sich aus verschiedenen Gründen gegen die Einführung der Ehrenamtskarte in München ausgesprochen. So hätte die Stadt mit jährlichen Kosten in Höhe von rund 300.000 Euro rechnen müssen. Dem gegenüber steht der Wert der eingelösten »München dankt!«-Gutscheine im Jahr 2016 bei 44.473 Euro – etwas mehr als die veranschlagten 40.000 Euro. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen für »München dankt!« leichter zu erfüllen als für die Ehrenamtskarte.

Damit will die Stadt München die Motivation für ehrenamtliches Engagement steigern, und zwar über die Stadtgrenzen hinaus. Während die Ehrenamtskarte an den Wohnort des Ehrenamtlichen gebunden ist, war »München dankt!« zunächst als Anerkennung für beispielhaftes Engagement für die Münchner Stadtgesellschaft vorgesehen. Dabei fielen jedoch die Ehrenamtlichen durchs Raster, die zwar in München wohnen, sich aber in den umliegenden Landkreisen engagieren. Daher wurde der Personenkreis, der für die Auszeichnung in Frage kommt, per Stadtratsbeschluss erweitert. Demnach ist der Ehrenamtliche entweder in München engagiert oder, wenn er sich in den umliegenden Landkreisen einbringt, in München wohnhaft.

Um sich für die (Stadt-)Gesellschaft einzusetzen, gibt es viele Möglichkeiten. Einen guten Überblick bekommt man am 21. Januar 2018 bei der FreiwilligenMesse im Gasteig. Laufend vermittelt zum Beispiel die Freiwilligen-Agentur »Tatendrang« Möglichkeiten, bei denen man sich einbringen kann. Immerhin jeder dritte Deutsche setzt sich für seine Mitbürger ein. Das Potenzial in München ist groß, die Anerkennung wichtig, aber eine Belohnung für die Ehrenamtler selten ausschlaggebend fürs Engagement.

Von Carsten Clever-Rott

Hintergrundinfo:
Das Ehrenamt ist vordergründig ein Verlustgeschäft für den Staat. Schätzungen zufolge werden in Bayern jährlich rund 710 Millionen Arbeitsstunden ehrenamtlich erbracht, also beitragsfrei. Setzt man nur den Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde an, entspricht die Tätigkeit der Ehrenamtlichen in Bayern Jahr für Jahr einem Gegenwert von fast 6,3 Milliarden Euro. Der tatsächliche Wert des bürgerschaftlichen Engagements liegt jedoch erheblich höher, weil zum Beispiel die Auswirkungen auf das Gemeinwesen durch die Bewertung von Arbeitszeit nicht vollständig erfasst werden können. Damit wird das Ehrenamt zum Gewinn für die ganze Gesellschaft.

Artikel vom 17.11.2017
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