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In der »Herzwoche 2017« geht es in der Kreisklinik um das schwache Herz

 Teambesprechung vor der nächsten Patientenuntersuchung im neuen Azurion-Katheterlabor: (v.li.) Krankenpfleger Tobias Lang und Inge Mertl, PD Dr. Martin Schmidt und Bereichsleiterin Marina Matjanovski. 	Foto: Sybille Föll

Teambesprechung vor der nächsten Patientenuntersuchung im neuen Azurion-Katheterlabor: (v.li.) Krankenpfleger Tobias Lang und Inge Mertl, PD Dr. Martin Schmidt und Bereichsleiterin Marina Matjanovski. Foto: Sybille Föll

Ebersberg · Am Montag, 13. November, um 19 Uhr lädt die Kreisklinik Ebersberg im Speisesaal zu einer Informationsveranstaltung rund um das Thema Herzschwäche ein. Wir sprachen im Vorfeld mit Privatdozent Dr. Martin Schmidt, Chefarzt der Kardiologie, über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.

Sybille Föll: Dr. Schmidt, was ist eine Herzschwäche?

Dr. Martin Schmidt: Von einer Herzschwäche oder auch Herzinsuffizienz spricht man, wenn die Pumpleistung des Herzens eingeschränkt ist und der Körper dadurch unzureichend mit Sauerstoff versorgt wird. Je nachdem, welche Seite des Herzens betroffen ist, äußern sich die Symptome unterschiedlich. Bei einer Linksherzinsuffizienz kommt es zu einem Rückstau des Blutes in die Lungengefäße, die typischen ersten Anzeichen sind Atemnot bei körperlicher Belastung, zum Beispiel Treppensteigen, und Wassereinlagerungen – sogenannte Ödeme – in der Lunge bis hin zur Lungenentzündung. Bei einer Rechtsherzinsuffizienz staut sich das Blut in den Körpervenen, Ödeme treten dann meist in den Beinen auf.

Was sind die Ursachen für eine Herzschwäche?

Dr. Martin Schmidt: Zu den häufigsten Ursachen einer Linksherzinsuffizienz gehören die koronare Herzerkrankung, also Durchblutungsstörungen, ein vorangegangener Herzinfarkt sowie hoher Blutdruck. Eine häufige Ursache ist auch die dilatative Kardiomyopathie. Bei dieser Herzerkrankung vergrößert sich (dilatiert) das Herz durch das Einwachsen von funktionsuntüchtigem Bindegewebe bei gleichzeitigem Leistungsabfall des Herzmuskels. Die Ursache hierfür kann zum Beispiel eine Virusinfektion wie etwa eine schwere Grippe sein. Quasi als Abbauprodukte der Entzündung werden Eiweißkomplexe gebildet, die das Herz schädigen können.

Und für eine Rechtsherzinsuffizienz?

Dr. Martin Schmidt: Dazu kann es beispielsweise durch Herzklappenerkrankungen kommen, wenn etwa die Aortenklappe entweder zu eng wird oder nicht genügend schließt. Bei einer Verengung kommt es zur Druckbelastung und das Herz muss gegen den Widerstand kräftiger pumpen. Die Undichtigkeit der Herzklappe führt zu einer Volumenbelastung, das heißt, es wird zu viel Blut im Herzen gespeichert und muss schneller in den Blutkreislauf gepumpt werden. Auch eine Lungenembolie oder ein Lungenhochdruck ohne organische Ursache – eine sogenannte primäre pulmonale Hypertonie – können zu einer Rechtsherzinsuffizienz führen.

Wie wird eine Herzschwäche diagnostiziert?

Dr. Martin Schmidt: Bei Verdacht auf eine Herzerkrankung spielt in der Kardiologie heute der Ultraschall eine wichtige Rolle. Dabei können wir schon die Herzgröße und -funktion, den Zustand der Herzklappen sowie Verdickungen der Herzwände erkennen. Außerdem untersuchen wir das Blut des Patienten. Ein erhöhter Wert eines Hormons, welches als Ausdruck einer Belastung des Herzens freigesetzt wird, das sogenannte BNP (Brain Natriuretic Peptide) ist typischerweise bei Herzschwäche nachweisbar. Um eine Gefäßverengung als Ursache der Herzschwäche auszuschließen, muss bei einigen Patienten auch eine Katheteruntersuchung vorgenommen werden.

Ist eine Herzschwäche heilbar?

Dr. Martin Schmidt: Nun, zumindest lässt sich – je nach Diagnose und Schweregrad – der Prozess der Schädigung aufhalten. Unser Ziel ist es, die Funktion des Herzens so gut wie möglich zu erhalten. An erster Stelle bei der Therapie steht die medikamentöse Behandlung. Sie bewirkt eine Entlastung des Herzmuskels. Zusätzlich müssen gezielt die Ursachen behandelt werden, bei einer koronaren Herzerkrankung zum Beispiel geschieht das durch eine Erweiterung der Gefäße, gegebenenfalls mit einem Stent.

Was sollte ein Patient tun, wenn er unter Atemnot, zum Beispiel beim Treppensteigen oder Spazierengehen leidet?

Dr. Martin Schmidt: So bald wie möglich einen Arzt aufsuchen! Wenn es sich tatsächlich um eine Herzschwäche handelt, muss diese so schnell wie möglich behandelt werden, weil sie sich sonst manifestieren kann und die Herzmuskulatur weiter geschwächt wird – bis hin zum kompletten Versagen des Herzens. Dann wird schlimmstenfalls eine Herztransplantation erforderlich.

Das nennt man dann »plötzlicher Herztod«, oder?

Dr. Martin Schmidt: Nicht unbedingt. Beim plötzlichen Herztod gibt es meist einen akuten Auslöser wie Stress oder eine Sauerstoffunterversorgung sowie eine akute schwere Herzrhythmusstörung wie etwa Kammerflimmern. Auch ein nicht behandelter Herzinfarkt kann wenige Stunden danach zu einem plötzlichen Herztod führen. Allerdings haben Patienten mit einer Herzschwäche ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod. Daher versuchen wir diese zu identifizieren und rechtzeitig vorzubeugen. Besteht eine schwere Einschränkung der Herzleistung, muss gegebenenfalls zum Schutz vor einem plötzlichen Herztod ein Defibrillator im Herz implantiert werden, der den plötzlichen Herztod bei schweren Herzrhythmusstörungen verhindert.

Was kann man selbst tun, um genannten Herzerkrankungen vorzubeugen?

Dr. Martin Schmidt: Die Risikofaktoren minimieren. Dazu gehören das Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes, eine zu fett- und zuckerhaltige Ernährung, Übergewicht sowie Bewegungsmangel. Für ein gesundes Herz empfehlen Experten drei- bis fünfmal pro Woche jeweils 20 bis 30 Minuten moderates Ausdauertraining, zum Beispiel Laufen oder Schwimmen – auch bei bestehenden Herzerkrankungen. Nur bei einer Herzmuskelentzündung muss Sport vermieden werden.

Was erwartet die Besucher der Infoveranstaltung am 13. November?

Dr. Martin Schmidt: Es gibt vier verschiedene Vorträge mit vielen wichtigen Informationen zur Herzschwäche und unsere Ärzte stehen für Fragen zur Verfügung. Das Thema Ernährung wird dabei ein eigener Themenpunkt sein.
Sybille Föll

Artikel vom 08.11.2017
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