München stimmt mehrheitlich für vorgezogene Abschaltung des Kohleblocks im HKW Nord

Raus aus der Steinkohle: lieber heute als morgen

München · Der Bürgerentscheid »Raus aus der Steinkohle« hatte mehrere Hürden zu überwinden. Am Ende hat er sie alle genommen: Mehr als zehn Prozent der 1,1 Millionen Wahlberechtigten in München mussten für den Bürgerentscheid stimmen und dabei auch die Mehrheit gegenüber den Nein-Stimmen haben. Genau so sieht die Bilanz am Ende des Wahlabends am 5. November aus.

Mit 60,2 Prozent Ja-Stimmen auf die Frage »Sind Sie dafür, dass der Block 2 (Steinkohlekraftwerk) des Heizkraftwerks Nord bis spätestens 31.12.2022 stillgelegt wird?« ist das Ergebnis sogar sehr eindeutig ausgefallen. Für den vorzeitigen Ausstieg hat sich ein breites Bündnis aus Politik und Gesellschaft stark gemacht. Die beiden führenden Fraktionen im Münchner Stadtrat gehören nicht dazu.

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Die Münchner haben sich für den Klimaschutz entschieden. Eigentlich ein Thema, das den Stadtwerken München sehr nahe liegt, und grundsätzlich ist das im Fall des Kohleblocks im Heizkraftwerk Nord in Unterföhring nicht anders. Auch die SWM haben als langfristiges Ziel des Ausstieg aus der Kohleenergie im Auge. Durch den angenommenen Bürgerentscheid werden sie jetzt aber vorzeitig zum Handeln gezwungen. Der Bürgerentscheid hat den gleichen Stellenwert wie ein Stadtratsbeschluss und ist ein Jahr lang bindend.

Die SWM wollten den Kohleblock frühestens 2027 vom Netz nehmen. Technisch sei er auch darüber hinaus noch wirtschaftlich zu betreiben, aber weil die SWM den Umweltschutz nachgewiesenermaßen seit Jahren auf ihrer Agenda haben, war diese Entscheidung schon lange vor dem Bürgerentscheid getroffen worden. Der Termin 2027 wurde gewählt, weil der ökonomische Nachteil bis dahin wahrscheinlich aufgefangen hätte werden können. Die vorzeitige Abschaltung verringere die Erlöse aus dem Stromverkauf und hätte stattdessen möglicherweise den Zukauf von Energie zur Folge, was die Bilanz noch mal schmälere. All das werde auf dem Rücken der Münchner Steuerzahler ausgetragen, die den Verlust des kommunalen Unternehmens tragen müssten. Außerdem stelle der Kohleblock im HKW Nord einen Sicherheitsfaktor im Stromnetz dar. Eine Abschaltung ohne Steigerung anderweitiger Kapazitäten könne zu Engpässen in der Stromversorgung führen.

Das alles wollten die Kohlegegner nicht gelten lassen und argumentierten ihrerseits mit dem exorbitant hohen CO2-Ausstoß des Kohleblocks und den bereits heute existierenden Überkapazitäten in der Stromerzeugung in Deutschland.

Beide Seiten kritisierten sich gegenseitig für eine verzerrte Darstellung und den Einsatz falscher Tatsachen. In einem emotional geführten Kampf um die Stimmen konnten sich die Befürworter des vorgezogenen Kohleausstiegs durchsetzen.

Die SWM sind nun aufgefordert, die notwendigen Schritte für die Abschaltung bis 31. Dezember 2022 einzuleiten. Dabei haben sie nicht alle Hebel in der Hand, vor allem nicht den über die letztendliche Entscheidung. Diese liegt bei der Bundesnetzagentur, die der Abschaltung und damit dem Ausscheiden aus dem Stromnetz zustimmen muss. Bis dahin gibt es mehrere gesetzliche und technische Schritte, die eingehalten werden müssen. Weil das den Steinkohlegegnern bewusst war, wurde mit dem 31. Dezember 2022 ein in der Umsetzung realistisches Ausstiegsdatum gewählt.

cr

Artikel vom 06.11.2017
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