Dem rauen Charme erlegen

Nutzungskonzept für den Olympia-S-Bahnhof beschlossen

Licht am Ende des Tunnels: Der Geisterbahnhof im Olympiapark soll künftig in anderer Funktion wieder genutzt werden.                                   Foto: Linus Röseler, lizensiert nach CC-BY-SA 4.0

Licht am Ende des Tunnels: Der Geisterbahnhof im Olympiapark soll künftig in anderer Funktion wieder genutzt werden. Foto: Linus Röseler, lizensiert nach CC-BY-SA 4.0

Moosach/Olympiapark · Nichts ist beständiger als der Wandel: Einst sollte er dem Besucheransturm auf die Olympischen Sommerspiele Herr werden, später wurde er noch bei Bedarf angefahren.

Münchner unter 30 Jahren kennen ihn ohnehin nur als »den Geisterbahnhof im Olympiapark«. Doch der hat Kultstatus, nicht nur als Drehlocation bei jungen Filmschaffenden, die hier in aller Ruhe und Abgeschiedenheit das Genre Sozialdrama erkunden. Rund um das seit 1988 dem Verfall preisgegebene Bauwerk wird es jedoch nicht mehr lange so ruhig bleiben. Denn das Gelände des ehemaligen Olympia-S-Bahnhofs in Moosach wird für Radfahrer und Fußgänger erschlossen. Das Nutzungskonzept wurden kürzlich einstimmig vom Bauausschuss der Stadt München gebilligt. Das Bahnhofsbauwerk soll als skulpturales Baudenkmal erhalten bleiben.

Es besteht Sanierungsbedarf

2011 hat die Landeshauptstadt die ehemaligen S-Bahn- und Industriegleisanlagen inklusive des stillgelegten Olympiabahnhofs erworben. Das Gebiet rund um den Geisterbahnhof soll nun unter dem Leitbild »Natur findet Stadt« weiterentwickelt werden. Entlang des ehemaligen Industriegleises wird neben einer Nord-Süd-Verbindung für Radfahrer und Fußgänger und zur besseren Vernetzung der Stadtteile ein Trockenbiotop angelegt. Drei gegenwärtig gesperrte Brücken und der Bahnhof selbst werden saniert, da seit der Stilllegung des Areals 1988 wenig passiert ist. Entsprechend umfangreich sind die notwendigen Instandsetzungsarbeiten für eine künftige Nutzung: So muss beispielsweise der Beton saniert und die technische Gebäudeausstattung erneuert werden. Zur Entwicklung des Ortes wurde eine referatsübergreifende Arbeitsgruppe (Baureferat, Referat für Stadtplanung und Bauordnung, Sozialreferat, Kulturreferat, Kommunalreferat, Referat für Bildung und Sport) gegründet, die die notwendigen baulichen Maßnahmen und die Konzepterarbeitung für jugendkulturelle Nutzungen betreut. Im Innenraum des ehemaligen Bahnhofs sähe das Kulturreferat gerne Musikräume untergebracht. Das kultige Gebäude und sein Umfeld sollen weiterhin ein Ort für offene, nicht kommerzielle Veranstaltungen bleiben. Denn laut Baureferat zeichnet sich das Bahnhofsumfeld als Ort der Jugendkultur aus. Daher ist das Areal ein Teil des öffentlichen Raumes, der für keine bestimmten Einzelnutzungen angelegt seien soll, sondern das selbstbestimmte Tun und die Kreativität fördere sowie eine prozesshafte Entwicklung der Nutzungen zulasse. Der Vorplatz auf der oberen Ebene werde daher als offener Ort für Kommunikation und Interaktion für alle Alters- und Nutzergruppen entwickelt, heißt es aus dem Baureferat.

Jugendkultur und Naturerfahrung

Auch der Natur soll ein gewisser Spielraum gelassen werden, unter anderem um die Artenvielfalt vor Ort zu erhöhen. Nach Möglichkeit sollen auch Angebote zur Naturerfahrung im städtischen Raum gefördert werden. Das vorhandene, historische Bahnhofsbauwerk samt der Gleisanlagen werde als gestalterisches Element in die Planung integriert. Schließlich soll der raue Charme des Ortes erhalten bleiben, da gerade dieser dem Areal die besondere, einzigartige Atmosphäre verleihe. Die denkmalgeschützten Gleise werden nicht entfernt, denn die Anlage könnte im Falle der Genehmigung eines Bahn-Nordrings eventuell reaktiviert werden. Entlang ihres Verlaufs sind Geh- und Radwege geplant. Auf dem rund zwei Kilometer langen Projektgebiet mit einer Gesamtfläche von 66.733 Quadratmetern soll eine durchgehend barrierefrei nutzbare Wegeverbindung mit ebenso barrierefreien Anschlüssen an den Bestand geschaffen werden. Der Fuß- und Radweg wird im nördlichen und südlichen Planungsbereich auf einer gemeinsamen Trasse mit ca. viereinhalb Metern Breite geführt. Im Bereich der Bahnsteige trennen sich die Wege: Der Fußweg verläuft als großzügige Promenade auf dem westlichen Bahnsteig getrennt vom Radweg. Dieser wird westlich der Bahnsteige mit ca. drei Metern Breite auf der ehemaligen Gleisebene geführt. Auf Höhe des Bahnhofsbauwerkes werden die beiden Wege wieder zusammengeführt und verlaufen auf gemeinsamer Trasse bis zum Südende der Grünverbindung.

Die Trasse soll beleuchtet und mit ausreichend Sitzgelegenheiten entlang des Weges ausgestattet werden. Zusätzlich zum bestehenden Kusocinskidamm sollen zwei weitere Verbindungen nach Moosach entstehen: Eine im Norden des Grundstücks des Berufsschulzentrums an der Riesstraße und eine weitere im Norden der Olympia-Pressestadt zum Werner-Friedmann-Bogen. Wie diese Querung zur besseren Vernetzung der Stadtteile aussehen wird, ist noch offen. Im Bezirksausschuss 10 (BA) Moosach lehnt man sie ab, weil sie missbräuchlich von Radfahrern genutzt würde, die Fußgänger und, an einer Tiefgaragenzufahrt, die Radfahrer selbst gefährden würde und weil die zweite, weiter südlich gelegene Querung im Norden des Berufsschulzentrums, ausreichend sei. Im BA 24 (Feldmoching-Hasenbergl) befürwortet man die neue Querung am Nordrand der Pressestadt. Sie erscheint den Stadtteilpolitikern aus landschafts- und grünplanerischer Sicht nachvollziehbar und sinnvoll, da auf diese Weise für Fußgänger, die die künftige Grünverbindung von Norden her nutzen, eine kürzere Verbindung Richtung OEZ und für Fußgänger aus westlicher Richtung eine kürzere Verbindung Richtung öffentliche Grünfläche nördlich der Triebstraße ermöglicht würde. Das Grundkonzept für die weitere Nutzung des Geisterbahnhofs und seiner Umgebung steht. Nun geht es um Ideen für die konkrete Umsetzung. Eine Jury, bestehend aus den Vorsitzenden der drei betroffenen Bezirksausschüsse (Moosach, Milbertshofen-Am Hart und Feldmoching Hasenbergl), Vertretern des Baureferates und des Referates für Stadtplanung und Bauordnung, einem Landschaftsarchitekten oder einer Landschaftsarchitektin soll dann diese Entwürfe beurteilen. Nach der Bewertung durch die Jury soll der Planungsvorschlag dem Stadtrat Anfang 2018 vorgelegt werden. kb

Artikel vom 31.08.2017
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