Jeder darf, wenn er will

München · Privates Silvesterfeuerwerk kann die Stadt nicht untersagen

Private Feuerwerke lassen sich nicht per Satzung untersagen. Das stellte Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle bei der Beantwortung einer Stadtratsanfrage fest.	Foto: Pexels, CC0

Private Feuerwerke lassen sich nicht per Satzung untersagen. Das stellte Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle bei der Beantwortung einer Stadtratsanfrage fest. Foto: Pexels, CC0

München · Samstag, 12. August, ist der 224. Tag des Jahres. 143 Tage folgen noch, dann ist Neujahr mit allem, was dazugehört – vor allem mit einem ordentlichen Feuerwerk. Dagegen haben die Stadtratsmitglieder von ÖDP und Die Linke auch nichts einzuwenden.

Sie sprechen sich aber für ein zentrales Großfeuerwerk in München aus. Im Gegenzug soll das Abbrennen von Feuerwerkskörpern innerhalb des Mittleren Rings verboten werden. Das ist in wenigen Worten zusammengefasst der Inhalt des Antrags vom 15. Februar. Die ausführliche Antwort darauf kam jetzt von Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle, mit dem Ergebnis: Ein Verbot des Abbrennens von Feuerwerkskörpern innerhalb des Mittleren Rings kann die Stadt mangels Zuständigkeit nicht aussprechen. Damit, so die Schlussfolgerung des Kreisverwaltungsreferenten, habe sich auch das zentrale Großfeuerwerk erledigt.

In dem Antrag wurden mehrere Argumente für ein Verbot vorgebracht: »Während die Effekte von Großfeuerwerken weithin sichtbar sind, bleiben deren negative Auswirkungen, wie Lärm, Luftverschmutzung und Müll räumlich sehr begrenzt. Eine Gefährdung der Allgemeinheit durch herumfliegende Feuerwerkskörper kann weitgehend ausgeschlossen werden. Kleinfeuerwerke, die von Privatpersonen abgebrannt werden, werden hingegen von vielen Bürgern als störend empfunden«, heißt es in dem Antrag.

Darüber hinaus sei die Belastung mit Feinstaub immens. Durch Silvesterfeuerwerke würden an einem Tag in Deutschland eine Menge an Feinstaub freigesetzt, die etwa 15 Prozent des im gesamten Jahr durch Straßenverkehr ausgestoßenen Feinstaubes entsprächen, erklären die Antragsteller mit Berufung auf eine Veröffentlichung des Umweltbundesamts. Demnach würden kurzzeitig extrem hohe gesundheitsgefährdende Werte erreicht. Je nach Wetterlage halte sich die Luftverschmutzung so lange, dass sogar die zulässigen Tagesmittelwerte überschritten werden. Dies sei zu den Jahreswechseln 2009/2010 und 2016/2017 der Fall gewesen.

Das Kreisverwaltungsreferat hat zur Beantwortung der Anfrage Paragrafen gewälzt und verschiedene Institutionen nach deren Meinung befragt. Das Ergebnis: »Das Kreisverwaltungsreferat sieht derzeit keine rechtliche Möglichkeit, aus sicherheitsrechtlichen Gründen ein Feuerwerksverbot an Silvester für Privatpersonen innerhalb des Mittleren Ringes (Umweltzone) bzw. entlang der Isar in Form einer Satzung oder einer Allgemeinverfügung zu erlassen.«

Erster und maßgeblicher Punkt: Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über das Sprengstoffrecht. Die Gesetzgebung könne nicht durch eine städtische Satzung ausgehebelt werden. Dennoch hätten Kommunen die Möglichkeit, das Abbrennen von pyrotechnische Gegenständen einzuschränken. Danach ist das Abbrennen von Silvesterfeuerwerken in der Nähe von Gebäuden oder Anlagen, die besonders brandempfindlich sind, auch am 31. Dezember und am 1. Januar nicht erlaubt. Dies treffe aber weder auf die Isarauen noch auf die Umweltzone mit ihren überwiegend aus Ziegeln Stein bebauten Bereichen zu, argumentiert Böhle.

Eine sicherheitsrechtliche Anordnung, die das Abbrennen von Silvesterfeuerwerk für Privatpersonen verbieten würde, könne auch nicht auf das Landesstraf- und Verordnungsgesetz gestützt werden. Nach Mitteilung des Gesundheitsreferates könne auch die erhöhte Feinstaubbelastung nicht als Grund für ein Verbot herangezogen werden. »Feuerwerkskörper erfüllen weder den immissionsschutzrechtlichen Anlagenbegriff noch stellen sie einen Brennstoff dar. Ein Verbot oder gebietsbezogenes Teilverbot ist somit auf Basis des Immissionsschutzrechts nicht möglich.«

Gesetzliche Regelungen greifen nicht bei Feuerwerkskörpern

Die Untere Naturschutzbehörde gibt den Antragstellern zwar inhaltlich Recht hinsichtlich der Belastung von Tieren und Umwelt durch Silvesterfeuerwerk. »Allerdings wäre die Wirkung eines isolierten Verzichtes auf Feuerwerk innerhalb der Isarauen begrenzt. Besonders in den innenstadtnahen Bereichen sind die Auen so schmal, dass die von angrenzenden Gebieten ausgehenden Störwirkungen des Silvesterfeuerwerks den geschützten Bereich dennoch beeinträchtigen würden«, so die Stellungnahme der Behörde.

Dass es auch anders geht, zeigt die Gemeinde Haar seit Jahren. Dort findet am 31. Dezember das Haarer Silvesterfeuerwerk statt. Damit verbunden ist die Bitte an die Bürger der Gemeinde, auf privates Feuerwerk zu verzichten und stattdessen einen Geldbetrag an die Bürgerstiftung Haar zu spenden. Mit dem Geld werden Menschen in der Gemeinde unterstützt, die am Existenzminimum leben müssen. Die Gemeinde Haar setzt dabei auf die Freiwilligkeit der Bürger, weil auch sie natürlich kein Verbot erlassen kann. In der Vergangenheit kam es deswegen auch schon zu Unstimmigkeiten, weil manche nicht auf ihr privates Feuerwerk verzichten wollten. Das ging so weit, dass das zentrale Feuerwerk auf der Kippe stand.

Ob eine solche Regelung auch auf München anwendbar wäre, ist mehr als fraglich. Mit dem Versuch eines Verbots wird die Frage jedoch wohl auch nicht lösbar sein. Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 14.08.2017
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