Residenztheater und Cuvilliéstheater: Premieren versprechen anspruchsvolle Inszenierungen

Gefangen in den eigenen Gefühlen

Norman Hacker in »Kinder der Sonne«: Aus dem Gefängnis des Lebens wird ein reales Gefängnis. Der Ausbruch aus beiden ist gleichermaßen schwierig.	Foto: Thomas Dashuber

Norman Hacker in »Kinder der Sonne«: Aus dem Gefängnis des Lebens wird ein reales Gefängnis. Der Ausbruch aus beiden ist gleichermaßen schwierig. Foto: Thomas Dashuber

München · Die siebte Spielzeit am Residenztheater unter der Intendanz von Martin Kusej wird am 23. September mit David Böschs Inszenierung von Maxim Gorkis »Kinder der Sonne« eröffnet.

»Das Schlangenei« von Ingmar Bergman in der Regie von Anne Lenk feiert am 30. September im Cuvilliéstheater Premiere. Beide Stücke stellen die Frage nach dem Umgang mit einer Zeit voller Umbrüche.

Gorkis »Kinder der Sonne« harren in ihrem Gefängnis des guten Lebens einer bürgerlich intellektuellen Gesellschaft dem Einbruch der Realität. Und weil sie so lange nicht herein durfte, kommt die Wirklichkeit in schrecklichen Gestalten: als Epidemie, Aufstand, Wahnsinn.

Eine etwas heruntergekommene Altbauwohnung, deren Türen allenfalls von innen verschlossen werden, ist das Gefängnis einer Gruppe von Künstlern, Ärzten, Wissenschaftlern, den »Kindern der Sonne«. Das Gefängnis der Lebensangst und Wirklichkeitsscheu, der echten Gefühle für die falschen Menschen oder der falschen Gefühle für die richtigen. Es ist auch das Gefängnis der großen Hoffnungen und Visionen, von der Rettung der Welt durch Erschaffung des »neuen Menschen« und der »neuen Kunst«. David Bösch erarbeitete am Residenztheater schon gefeierte Inszenierungen wie »Glaube Liebe Hoffnung«, »Mensch Meier« oder »Prinz Friedrich von Homburg«. Die Proben für die Eröffnungsinszenierung mit Norman Hacker in der Hauptrolle des Chemikers Protassow laufen bereits.

Eine Woche später, am 30. September, feiert im Cuvilliéstheater Anne Lenks Inszenierung von Ingmar Bergmans »Das Schlangenei« Premiere. Ingmar Bergman drehte »Das Schlangenei« 1976 und 1977 in München und beschreibt darin ein Deutschland, dessen Ordnung am Zerbrechen ist. In den trüben Novembertagen des Jahres 1923, als Hitlers Putschversuch in München scheitert, wird das verlorene Künstlertrio Abel Rosenberg, sein Bruder Max und dessen Frau Manuela in eine Folge mysteriöser Morde verwickelt. Dagegen versucht ein Polizeiinspektor Ordnung und Vernunft aufrecht zu erhalten und tut mitten im allgemeinen Chaos seine Pflicht. Denn längst sind existentielle Leere und Extremismus an die Stelle traditioneller Werte getreten und schaffen so den Nährboden für die zynischen Visionen des Mediziners Hans Vergérus. Hinter der dünner ­werdenden Schale der Zivilisation steht die Katastrophe menschlicher Selbstvernichtung.

Regisseurin Anne Lenk inszeniert den Film von Ingmar Bergman, der im kommenden Jahr 100 Jahre alt geworden wäre und dem Residenztheater von 1977 bis 1984 als Theaterregisseur eng verbunden gewesen ist, als fiebernden Alptraum von sozialer Verwerfung und Nationalismus mit gesellschaftlich an den Rand gedrängten Künstlerexistenzen.

Der Vorverkauf für die beiden Premieren läuft bereits. Karten gibt es an den Kassen der Staatstheater, online unter www.residenztheater.de sowie unter Tel. 0 89 / 21 85 19 40.

Artikel vom 06.08.2017
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