Nach zähen Verhandlungen steht einer alten Tradition am 1. Mai nichts mehr im Wege

Am Viktualienmarkt wird der neue Maibaum gefeiert

Nach zähen Verhandlungen wurde der der Münchner Maibaum zum Glück noch ausgelöst.	Foto: Bohning

Nach zähen Verhandlungen wurde der der Münchner Maibaum zum Glück noch ausgelöst. Foto: Bohning

München · Er ist wieder da: Pünktlich am Montag, dem 1. Mai, wird nach alter Tradition wieder ein Maibaum am Viktualienmarkt aufgestellt und feierlich an Oberbürgermeister Dieter Reiter und das Münchner Kindl übergeben.

Maibaum - Bayerisches Brauchtum
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Fast wäre das Ereignis nämlich einer weiteren alten Tradition zum Opfer gefallen: Dem Maibaum-Klau. Denn kaum zu glauben: Die Burschenvereine aus Ismaning, Neufinsing, Hohendilching und Unterföhring hatten tatsächlich das Kunststück geschafft, das gut behütete Stück in einer Halle hinter Aying aufzuspüren und von dort zu entwenden.

In solchen Fällen wird, ebenfalls laut alter Sitte, zäh verhandelt, in diesem Fall im Brauerhaus am Oskar-von-Miller-Ring. Hier forderten die Diebe als Auslöse für ihre Beute einen ganzen Wiesn-Tisch auf Lebzeiten vom Verein der Münchner Brauereien, der die Maibäume für den Viktualienmarkt schon seit 1962 stiftet. Obwohl man sich dem Ernst der Lage durchaus bewusst war, konnte man den Burschen das Ansinnen ausreden. Scheitern solche Verhandlungen nämlich, stellen die dreisten Klauer den Baum zum Derblecken im eigenen Ort auf. Eine ausgiebige Gratis-Brotzeit mit reichlich Gerstensaft plus Wiederholung am Tag der Aufstellung, brachte dann die Einigung.

Bier zugunsten eines Seniorenprojekts

Dem feierlichen Maibaumfest um 13 Uhr steht damit nichts mehr im Wege. Der neue, 34 Meter hohe Münchner Baum wird jetzt am frühen Morgen angeliefert, damit Schlosser traditionelle Figuren wie die eines Brauereigespanns oder der beiden Schutzheiligen der Brauer, St. Bonifaz und St. Florian, noch rechtzeitig anbringen können. Anschließend wird die Feuerwehr den Maibaum mit einem Kran aufstellen. Danach schenken die sechs Münchner Brauereien vergünstigtes Bier aus, dessen Erlös einem sozialen Seniorenprojekt zugute kommt.

Nach alter Tradition dient der Maibaum als Symbol des Frühlings und der wiedererwachenden Natur. Allerdings soll er auch den Zusammenhalt und Wohlstand eines Dorfes ausdrücken, was den beliebten Wettstreit um das höchste und prachtvollste Exemplar erklärt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte sich der Maibaum auch zu einem Symbol des neuen bayerischen Staatsbewusstseins. Im Freistaat wird der große, geschmückte Stamm deshalb auch mit einer Spirale von unten links nach oben rechts »geschnürt«, in Anlehnung an die bayerischen Rauten. In Franken besitzen die Bäume hingegen meist weiß-rote Streifen.

Normalerweise wird der Baum am 1. Mai, in vielen Regionen auch schon Tage vorher, an zentraler Stelle bei einer festlichen Veranstaltung aufgerichtet. Innerhalb Münchens darf das allerdings nur noch per Kran geschehen, als Konsequenz aus einem tödlichen Unfall Anfang der 1980er-Jahre. In ländlichen Gegenden geschieht dies weiter per Muskelschmalz und üblicherweise durch die Mitglieder der örtlichen Burschenvereine. Wie es sich in Deutschland gehört, müssen Maibäume jedoch seit 2005 jährlich vom TÜV auf Standfestigkeit geprüft werden. Nachdem der 37 Meter hohe Vorgänger nach vier Jahren so morsch war, dass er vergangenen Oktober gefällt werden musste, ist das neue Exemplar auf dem Viktualienmarkt nun die Nummer 13. Anlässlich des 525. Jubiläums des Münchner Reinheitsgebots trägt der Baum unterhalb des Brauereigespanns eine große Tafel mit dem Brauerwappen sowie Herzog Albrecht IV. und ein Hinweis auf dessen Gebot von 1487.

Die Ursprünge sind nicht genau bekannt

Die Ursprünge des Maibaumbrauchtums sind bis heute umstritten. Am häufigsten wird es mit germanischen Riten erklärt. So verehrten die germanischen Stämme Waldgottheiten, denen in verschiedenen Baumzeremonien gehuldigt wurde. Doch auch Obelisken bis hin zum schamanischen Symbolen im eurasischen und amerikanischen Raum, werden als Kultpfähle mit Maibäumen im Zusammenhang gebracht.

Eine durchgängige Tradition zu den heutigen Maibäumen wird jedenfalls von manchen Volkskundlern bestritten. Um das Thema hat sich im Laufe der Zeit auch viel lokales Brauchtum entwickelt, das sich oft von Stadt zu Stadt und Dorf zu Dorf erheblich unterscheidet.

Maibäume haben in ganz Deutschland, Tschechien, Österreich, Skandinavien und vielen weiteren Gegenden und Ländern eine lange Tradition. Ein ebenso weit verbreiteter »Brauch« ist es, sie zu stehlen. Deshalb werden die Stämme in der Nacht vor dem Aufstellen auch meist von jungen Männern bewacht. In Bayern muss der zukünftige Maibaum bereits gefällt sein, um entwendet werden zu können. Als ebenso unantastbar gilt er, so lange er nach dem Fällen noch im Wald liegt.

»Karriere-Höhepunkt« der Finsinger

Nach ursprünglicher bayerischen Tradition durften Maibäume sogar nur in der Walpurgisnacht gefällt und auch nur dann gestohlen werden. Wie im aktuellen Münchner Fall, werden sie aber heute meist schon Wochen vorher gefällt und daher auch bereits früher Ziel von Maibaumdieben. Immerhin bleibt dann bis zum 1. Mai noch genügend Zeit für die Auslösungsverhandlungen und den Rücktransport. Gelingt es übrigens einem Bewacher, die Hand während eines »Klauversuchs« auf den Baum zu legen und die Worte »Der Baum bleibt da« zu sprechen, gilt das gute Stück als geschützt und darf von Dieben nicht mal mehr berührt werden. Dennoch haben gerade die Finsinger schon einige Coups gelandet, wobei der vom Viktualienmarkt nach eigenem Bekunden ihr bisheriger »Karriere-Höhepunkt« war.

Schwabing feiert am Samstag danach

Schwabing feiert am Samstag, dem 6. Mai von 15 bis 19 Uhr ein traditionelles Maibaum-Fest. Zusammen mit dem Burschenverein und der Freiwilligen Feuerwehr Oberndorf wird der neue Maibaum der Katholischen Akademie Bayern auf dem Platz vor dem Viereckhof an der Gunezrainerstraße aufgestellt. Gesorgt ist für Essen, Getränke und zünftige Musik mit den Siegertsbrunner Dorfmusikanten unter der Leitung von Franz Nachbichler, der Eintritt ist natürlich frei.

Übrigens: Nachdem der letzte Maibaum auf dem Viktualienmarkt gefällt werden musste, konnte er auch nicht, wie gewohnt, die Weihnachtszeit mit seinem romantischen Lichterschmuck begleiten. Das klappt zum Glück nun ebenfalls wieder mit dem Baum in diesem Jahr.

Artikel vom 28.04.2017
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