Einsatz auf den Kapverden

Unterschleißheimer Zahnmedizinerinnen im Kampf gegen Karies

Die beiden Unterschleißheimer Zahnmedizinerinnen Dr. Tina Killian (li.) und Hanne Kälbli möchten den Kapverdern ihr schönes Lächeln zurückgeben.	Foto: privat

Die beiden Unterschleißheimer Zahnmedizinerinnen Dr. Tina Killian (li.) und Hanne Kälbli möchten den Kapverdern ihr schönes Lächeln zurückgeben. Foto: privat

Unterschleißheim · Einen arbeitsintensiven Hilfseinsatz der anderen Art haben die beiden Unterschleißheimerinnen Dr. Tina Killian (Zahnärztin) und Hanne Kälbli (zahnmedizinische Fachangestellte) hinter sich.

Die beiden Zahnmedizinerinnen haben im Team mit Dr. Nora Bähr (Assistenzzahnärztin, München-Moosach) und Dr. Cordula Albers (Zahnärztin, München-Harlaching) 14 Tage auf den kapverdischen Inseln im Auftrag der Stiftung »Zahnärzte ohne Grenzen« (DWLF – Dentists without limits foundation) 300 Patienten behandelt.

Ein zahnärztlicher Hilfseinsatz auf den kapverdischen Inseln klingt zunächst ungewöhnlich. Meist verbindet man die Kapverden mit einem Urlaubsparadies, nicht jedoch mit einem Entwicklungsland, das zahnärztliche Unterstützung aus anderen Ländern benötigen würde. Doch genau das ist Realität. Die Republik Kap Verde verzeichnet eine hohe Arbeitslosigkeit. Der Inselstaat vor der Westküste Afrikas muss fast alle Lebensmittel importieren, um die Bevölkerung zu ernähren. »Diese soziale Schieflage spiegelt sich in der Mundgesundheit und in der Aufklärung über Ernährung und Mundhygiene wider«, berichtet Tina Killian. Die Kinder dort konsumieren neben den typischen kapverdischen Speisen wie Bohneneintopf und Papayas mit großer Begeisterung massenweise Zucker in Form von Limonade, Bonbons und Lutschern. Und das hat Folgen.

Sie zogen Zähne und ­unterrichteten Kinder im Zähneputzen

Im Rahmen des zweiwöchigen Hilfseinsatzes vom 4. bis 18. März in Praia, der Hauptstadt von Kap Verde auf der Insel Santiago, trafen die Zahnmedizinerinnen in den seltensten Fällen auf ein kariesfreies Kindergebiss. »Bereits an unserem ersten Arbeitstag fanden wir in fast allen Kindermündern tief zerstörte Milchzähne«, berichtet Killian. »Nicht selten mussten wir bei neun- oder zehnjährigen Kindern die bereits bleibenden aber komplett kariösen Backenzähne ziehen.«

Auch die Gebisse der erwachsenen Patienten hätten einen erschreckenden Zustand aufgewiesen. Neben zerstörten und fehlenden Backenzähnen traf das Ärzteteam häufig auf massiven Kariesbefall an den Schneidezähnen. »Zudem stellten wir fest, dass das Zahnfleisch bei fast allen Erwachsenen und leider auch schon bei den kleinen Patienten extrem entzündet war. Teilweise waren die Zähne komplett unter harten und weichen Zahnbelägen begraben.«

Dies alles sei die Folge extrem schlechter oder gar keiner Mundhygiene in Verbindung mit stark zuckerhaltiger Ernährung. Ein wichtiger Ansatz zur Bekämpfung dieser Missstände ist ein großangelegtes Aufklärungs- und Prophylaxeprogramm. »Im Zuge dieser Überlegung besuchten wir mehrere Grundschulklassen und verteilten Zahnbürsten und Zahnpasta an die Schulkinder«, so die Unterschleißheimer Zahnärztin. »Wir übten mit ihnen das Zähneputzen und informierten sie über zahnschädliche und zahnfreundliche Ernährung.«

Die Reaktion war einfach nur ehrlich. Tina Killian: »Die Dankbarkeit und Herzlichkeit dieser Kinder war überwältigend. Es bleibt zu hoffen, dass diese Kinder durch unseren Besuch das regelmäßige Zähneputzen in ihren Alltag aufnehmen und eines Tages an ihre eigenen Kinder weitergeben.«

Möglich wurden dieser Einsatz und diese Erfahrung durch die Stiftung »Zahnärzte ohne Grenzen«. Die Stiftung mit Sitz in Nürnberg hat den organisatorischen Teil übernommen, Reisekosten und Verpflegung finanzierten die Mediziner. Arbeitsmaterialien und Medikamente konnten die engagierten Zahnärztinnen vor dem Einsatz durch Spenden der Firmen Henry Schein, Komet, WP-Dental und die Organisation Apotheker Helfen e.V. zusammenstellen.

Die DWLF hatte vor dem Einsatz drei tragbare Behandlungsstühle, zwei mobile Einheiten zur zahnärztlichen Behandlung, ein Absauggerät und zahlreiche zahnärztliche Instrumente wie Zangen und Hebel auf die Kapverden gebracht. Alles weitere, was für die zahnärztliche Behandlung benötigt wurde, stammte aus den Praxen in Unterschleißheim und München.

Die drei Zahnärztinnen und die zahnmedizinische Fachangestellte behandelten während der zwei Wochen rund 300 Patienten. Dabei entfernten sie knapp 300 zerstörte Zähne und legten etwa 170 Füllungen. Eine kapverdische Zahnärztin stand als Dolmetscherin zur Verfügung.

Was haben die vier engagierten Frauen aus dem »Urlaubsparadies« mitgenommen? »Eine sehr arbeitsintensive Zeit liegt hinter uns. Aber auch eine Zeit, in der wir die Armut und die Missstände in der Bevölkerung hautnah miterlebt haben«, erinnert Tina Killian. »Dadurch wurde uns wieder bewusst – wie auch schon bei unserem Hilfseinsatz 2015 in der Mongolei – in welchem Luxus wir hier in Deutschland leben.«

Mehr Informationen über die Stiftung »Zahnärzte ohne Grenzen« und die Einsätze, die von Nürnberg aus organisiert werden, gibt es online unter www.dwlf.org red

Artikel vom 22.03.2017
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