Reiter rudert zurück

München · Presserichtlinien vorerst ausgesetzt

Oberbürgermeister Dieter Reiter. Foto: Patricia Prankl

Oberbürgermeister Dieter Reiter. Foto: Patricia Prankl

München · Nicht immer ist das, was die Stadtverwaltung plant, auch das, was die Bürger vor Ort für sinnvoll halten. Bürger sollen ihr Lebensumfeld aber mitgestalten können. Auch deswegen gibt es in München in jedem Viertel einen Bezirksausschuss (BA). Über ihn können die Bürger Anregungen, Kritik und Ideen einbringen und so z.B. Bauvorhaben in ihrem Viertel begleiten.

Bevor der Stadtrat über wichtige Dinge wie Umgestaltung von Plätzen, Nachverdichtung von Wohnvierteln oder Bau von Tunneln und Trambahnen entscheidet, werden die BAs vor Ort um ihre Einschätzung gebeten. Mit ihrer lokalen Expertise setzen diese oft Änderungen und Bürgerwünsche dazu durch. Die Landeshauptstadt setzt auf diese zentrale Funktion der Bezirksausschüsse und der in ihnen ehrenamtlich tätigen Bürger: »Die Bezirksausschüsse dienen der Durchsetzung stadtbezirksbezogener Anliegen der Bürger. Die Bezirksausschüsse wirken bei den Entscheidungen über Angelegenheiten der Stadtbezirke mit und vertreten deren Anliegen gegenüber der Stadt«, garantiert die städtische Satzung dazu.

Als »Maulkorb« empfunden

Damit die Bürger von der Arbeit der Bezirksausschüsse erfahren und sich in Entscheidungsprozesse und Diskussionen einklinken können, braucht es Medien, die über diese Arbeit zeitnah berichten kann. Die meisten BAs teilen daher mit den ihre Sitzungen begleitenden Redakteuren die Informationen, über die sie – ohnehin öffentlich – beraten.

Diese Handhabung wollte Oberbürgermeister Dieter Reiter jetzt einschränken. Anfang März gab er neue »Presserichtlinien« heraus, die einige Bezirksausschussvorsitzende als »Maulkorb« empfanden. Vorgesehen war unter anderem, dass nicht mehr die Bezirksausschüsse, sondern nur noch die städtischen Referate Informationen zu Stadtratsvorlagen herausgeben dürfen. Zu solchen Vorlagen geben aber die BAs ihre – nicht selten kritischen – Stellungnahmen ab. Die Neuregelung Reiters würde eine zeitnahe Berichterstattung darüber erschweren. Die städtischen Referate könnten zudem alleine entscheiden, welche Informationen (und dazu zählen auch Einwände der Bürger und der BAs gegen ihre eigenen Planungen) sie wann – und ob überhaupt – herausgeben.

Nach massiver Kritik seitens der Bezirksausschüsse ruderte OB Dieter Reiter zurück: »Ich möchte betonen, dass es keinesfalls darum geht, die Arbeit der Bezirksausschüsse bzw. die Berichterstattung darüber in den Medien zu erschweren«, teilte er schon am Freitag, 10. März, mit. Zugleich nahm er seine neuen Presserichtlinien zurück - vorerst. Ende März will Reiter mit den BA-Vorsitzenden den Umgang mit den Medien weiter diskutieren und einen Konsens suchen.

Johannes Beetz

Artikel vom 17.03.2017
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