Journalistin Kristin Helberg berichtete aus eigener Erfahrung: So ticken die Syrer

Planet ‚O‘-Leiter Deniz Dadli begrüßte die Autorin Kristin Helberg sowie Sherin Dahi vom »Spendahilfe e.V.« beim Themenabend über Syrer in Deutschland. Foto: Planet ,O‘

Oberschleißheim · Wenn die Menschen einander nicht verstehen, dann liegt das oft daran, dass sie einander nicht verstehen – in sprachlicher und kultureller Hinsicht. Wenn dann noch verschiedene Kulturen regelrecht aufeinanderprallen, wie das mit der Massenflucht vor dem Bürgerkrieg in Syrien nach Europa und besonders nach Deutschland geschehen ist, dann birgt das jede Menge Konfliktpotenzial.

Das kann durch »Wissen« und »Verstehen« entschärft werden. Den Geflüchteten hilft es sich mit ihrem neuen Lebensumfeld intensiv auseinanderzusetzen. Umgekehrt profitieren die »unverhofften Gastgeber« davon, wenn sie mehr über den kulturellen Hintergrund der Syrer erfahren. Denn Wissen verjagt die Angst und die Verunsicherung.

Einblicke: Wie ticken die Syrer? Die Oberschleißheimer Jugendfreizeitstätte Planet ,O‘ hat sich dieses Themas nun angenommen. »Wie ticken die Syrer?«, der Titel eines kürzlich veranstalteten Themenabends, lässt die Nähe zum ungezwungenen Verhalten Jugendlicher erahnen. Doch auch für »ältere Semester« wäre dieser Exkurs sicherlich kein Nachteil gewesen. Deniz Dadli, Leiter der Jugendfreizeitstätte, begrüßte Kristin Helberg zu dem Themenabend, der für ein Miteinander mit den syrischen Flüchtlingen warb. »Gefühlt werden die Ängste immer größer – auch durch die politische Situation«, erklärte die Journalistin und Buchautorin Kristin Helberg, die von 2001 bis 2008 in der syrischen Haupstadt Damaskus lebte und arbeitete. Mit Blick auf die politischen Debatten hierzulande und die Vorbehalte in der Gesellschaft setzt sie sich mit Aufklärung für ein gutes Miteinander ein. Sie ist überzeugt: »Das Einzige, das hilft, ist die Begegnung.« In ihrem Buch »Verzerrte Sichtweisen – Syrer bei uns. Von Ängsten, Missverständnissen und einem veränderten Land« bringt Kristin Helberg den Lesern die Syrer, ihr Land, ihre Kultur, ihre Mentalität näher und berichtet über das schwierige Zurechtfinden in einem neuen, fremden Land. Viele Missverständnisse zwischen Deutschen und Syrern beruhten auf der unterschiedlichen Mentalität. So spiele beispielsweise die Familie und die Gemeinschaft eine große Rolle für die Syrer, während hierzulande der Individualismus mehr ausgeprägt sei. »Viele Syrer fühlen sich einsam«, so Kristin Helberg. Das Kennenlernen könne ein Schritt aus der Einsamkeit sein und zugleich Fragen beantworten und Vorurteile abbauen. In Deutschland würden die Syrer laut Kristin Helberg sowohl Frust als auch glückliche Zufälle erleben. Einerseits frustrierten lange Bearbeitungszeiten, unverständliche Amtsbriefe und das aufwändige Behördenprozedere. Andererseits gebe es auch Menschen, die beispielsweise spontan ein Praktikum anböten.

Syrer erleben Frust wie auch Glücksmomente

Als Syrien-Expertin hat sie festgestellt: »Es gibt großen Bedarf, zu erklären, wie die Syrer ticken.« Mit ihrem 2016 erschienenen Buch und ihren Vorträgen will Kristin Helberg einen Beitrag dazu leisten. Nun gastierte sie im Planet ‚O‘, das laufend Angebote für Flüchtlinge macht und sich für Aufklärung, Information und Integration einsetzt. Der Spendenerlös der Veranstaltung in Höhe von 160 Euro kommt den Hilfsaktionen des »Spendahilfe e.V.« der Familie Dahi zugute, die im Flüchtlingslager in Kilis an der türkisch-syrischen Grenze ein Waisenhaus, ein Familienprojekt, eine Frauenwerkstatt, einen Kindergarten und ein Schulprojekt betreut.

Artikel vom 15.03.2017
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