Finger weg von illegalen Feuerwerkskörpern!

München · Sicher ins neue Jahr

Rund 130 Millionen Euro werden die Deutschen in legal verkauftes  Silvesterfeuerwerk investieren.	Foto: Archiv

Rund 130 Millionen Euro werden die Deutschen in legal verkauftes Silvesterfeuerwerk investieren. Foto: Archiv

München · Es sind nur noch wenige Stunden, dann ist das Jahr 2016 Geschichte. Es gab schöne Momente, es gab tragische Momente – zum Beginn des neuen Jahres soll es nur schöne Momente geben.

Das wünscht sich nicht nur die Münchner Polizei. Aber gerade hier ist man auf eine größere Anzahl Einsätze vorbereitet – wie in jedem Jahr. Eine tickende Zeitbombe – im wahrsten Wortsinn – sind illegale Feuerwerkskörper. In jeder Neujahrsnacht fordern sie in Deutschland Verletzte, oft auch Tote. In München gab es in den vergangenen Jahren keine gravierenden Fälle, berichtet Werner Kraus, Pressesprecher des Polizeipräsidiums. »Es kann schon sein, dass die Münchner da etwas besonnener sind«, meint er, ohne allerdings konkret sagen zu können, was der Hintergrund dafür ist, denn im Bereich der illegalen Feuerwerkskörper gebe es eine hohe Dunkelziffer. Man könne nicht mal einen typischen Anwender charakterisieren, denn: »Das geht quer durch alle Bevölkerungsschichten.«

Illegale Feuerwerkskörper werden in der überwiegenden Mehrzahl in Osteuropa hergestellt und übers Internet nach Deutschland verkauft. Der Versand erfolgt ganz unauffällig per Post. Für die Polizei sind diese Vertriebswege, wenn überhaupt, dann nur im Nachhinein nachvollziehbar. Das bedeutet im schlechteren Fall also erst dann, wenn schon was passiert ist.

Illegale Feuerwerkskörper verfügen über bis zu 50-mal mehr Sprengkraft als legale

Unsachgemäßer Umgang mit Feuerwerkskörpern ist der häufigste Grund für entsprechende Vorfälle in der Silvesternacht. Bei den illegalen Böllern kann das aber gravierende Folgen haben, denn diese verfügen meistens über eine deutlich höhere Sprengkraft, in extremen Fällen bis zu 50-mal höher als bei legalen Feuerwerkskörpern. Während bei legalen die »Nettoexplosivmasse« höchstens sechs Gramm auf die Waage bringen darf, sind es bei den illegalen Böllern bis zu 300 Gramm!

Auf jeden Fall sollte man den Sicherheitsabstand nach dem Zünden des Knall- oder Feuerwerkskörpers einhalten. Einen Blindgänger niemals ein zweites Mal anzünden und vor allem: den Böller niemals in der Hand behalten.

Das klingt banal, aber gerade das Festhalten des Krachers fordert Jahr für Jahr die meisten Verletzungen. Schon die legalen, geprüften Kracher sind hochgefährlich. Sie können bei unsachgemäßer Verwendung schwere Verletzungen, Knalltraumata und Tinnitus, Verbrennungen, Verätzungen der Augen und Lungenschädigungen hervorrufen. Illegale Böller können Finger und sogar die ganze Hand abreißen. Ganz tragisch wird es, wenn sie sogar Todesopfer fordern – leider passiert dies beinahe zu jedem Jahreswechsel in Deutschland.

Legal vertriebene Feuerwerkskörper, wie man sie in jedem Discounter, Supermarkt oder Baumarkt bekommt, können bei unsachgemäßer Behandlung immer noch beträchtliche Verletzungen verursachen, längst aber nicht so gravierend wie die illegalen Kracher. Die müssen es übrigens gar nicht immer sein. Findige Bastler bauen sich ihre Kracher selbst – was aber ebenso gefährlich und verboten ist. Denn auch sie statten die Kracher oft mit einer größeren Sprengkraft aus. Zur erhöhten Verletzungsgefahr kommt in beiden Fällen außerdem der Gebrauch nicht zugelassener Pyrotechnik. »Das ist kein Kavaliersdelikt«, warnt Kraus. In Deutschland kann der Besitz und die Einfuhr von nicht zugelassenen Feuerwerkskörpern je nach Schwere des Vergehens mit einer Geldbuße, einer Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren belegt werden.

»Geprüfte und zugelassene Pyrotechnik erkennt man am CE-Kennzeichen und an der BAM-Nummer«, erklärt Kraus. BAM steht für die »Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung« in Berlin. Sie vergibt nach einer genauen Prüfung die BAM-Identifikationsnummer für die Bauart. In manchen Fällen tragen die Kracher nur die BAM-Zulassungsnummer. Diese sind nur noch bis Mitte kommenden Jahres legal auf dem Markt.

Vom 29. bis 31. Dezember dürfen in Deutschland Feuerwerkskörper an Privatpersonen verkauft werden. Der Handel rechnet wieder mit einem Umsatz Bereich von über 130 Millionen Euro. Oft werden schon im Verlauf des letzten Tages im Jahr schon die ersten Raketen in den Himmel geschossen. Das ist übrigens nicht verboten. Die Feuerwerkskracher dürfen vom 31. Dezember, 0 Uhr, bis 1. Januar, 24 Uhr, gezündet werden. Kurz nach Mitternacht am 1. Januar macht das natürlich am meisten Sinn, aber verboten ist es in den 24 Stunden davor und danach nicht.

Damit die erste Nacht im neuen Jahr auch wirklich so schön wird, wie sich das nicht nur die Münchner wünschen, ist es einfach sinnvoll, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Es geht nicht um den erhobenen Zeigefinger oder darum, den Spaß auszubremsen, sondern einfach um eine fröhliche Neujahrsnacht ohne Feuerwerksunfälle. In diesem Sinne wünschen auch wir vom Samstagsblatt Ihnen ein gutes neues Jahr. Von Carsten Clever-Rott

Hintergrundinfo:
Feuerwerkskörper werden in Deutschland in vier Gefahrenklassen unterteilt. Klasse I umfasst Feuerwerksspielwaren. Darunter fallen auch Wunderkerzen. Sie dürfen an Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren verkauft werden. Die Gefahrenklasse II (Kleinfeuerwerk) darf nur an Volljährige verkauft werden und auch nur von ihnen genutzt werden. Darunter fällt das freiverkäufliche Silvesterfeuerwerk. Feuerwerkskörper der Klassen III und IV dürfen ohne besondere Erlaubnis weder verkauft noch abgebrannt werden.

Was zum sicheren Gebrauch zu beachten ist:

• Beim Kauf auf die BAM-Nummer und das CE-Zeichen achten
• Feuerwerkskörper nur im Freien zünden
• Raketen senkrecht starten lassen
• Nach dem Zünden zügig Sicherheitsabstand nehmen
• Blindgänger kein zweites Mal anzünden
• Kracher und Raketen nicht aus der Hand zünden
• Feuerwerkskörper nie in Richtung anderer Personen werfen

Deutscher Versicherer müssen jedes Jahr rund 40 Millionen Euro für typische Schäden bezahlen, die in der Weihnachtszeit und in der Silvesternacht entstehen. Deshalb sollte man im eigenen Interesse das Auto zum Jahreswechsel geschützt abstellen und Fenster und Terrassen- oder Balkontüren nicht auf Kipp stehen lassen. Immer wieder finden verirrte Feuerwerkskörper auch diesen so unwahrscheinlichen Weg. Ein dahinter hängender Vorhang ist schnell entzündet.

Artikel vom 30.12.2016
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...