Es bleibt nicht bei 1228

Historischer Verein vermutet: Erding wurde früher gegründet

Spannende Jahresschrift: Vorsitzende Heike Kronseder stellte sie bei der Hauptversammlung des Historischen Vereins Erding vor.	Foto: kw

Spannende Jahresschrift: Vorsitzende Heike Kronseder stellte sie bei der Hauptversammlung des Historischen Vereins Erding vor. Foto: kw

Erding/Kreis Erding · Der historische Verein Erding ist weiter auf der Überholspur: Erstens hat er mit knapp 460 die meisten Mitglieder aller Vereine mit ähnlicher Ausrichtung im Kreis Erding und zweitens konnte er in einer aktuellen wissenschaftlichen Debatte auch noch vorlegen: …

Es geht um die magische Jahreszahl 1228, die als Gründungsjahr der Stadt Erding gilt, aber jetzt in die Diskussion gekommen ist. Hans Bauer hat hier geforscht und ist zu dem Schluss gekommen, dass die Legende von dem herrschaftlichen Gründungsakt in dem betreffenden Jahr wohl tatsächlich eine solche ist. Erding bestand nach seinem Kenntnisstand zu dieser Zeit bereits.

Der Aufsatz ist ein wesentlicher Teil der Jahresschrift des Vereins, die jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Beinahe gleichzeitig wurde keine 200 Meter weiter im Museum Erding das Jahr 1228 engagiert diskutiert. »Während die drüben noch diskutieren, haben wir es schon schriftlich«, freute sich die Vorsitzende Heike Kronseder aus Wartenberg. Die Kunsthistorikern war aber klug genug, ihre Freude nicht ausufern zu lassen, pflegt der Verein doch eine ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem Museum Erding.

Dort findet auch wieder der archäologische Neujahrsempfang statt, an dem natürlich auch der historische Verein teilnimmt. Ein derart mitgliederstarker Verein kann auch einen sogenannten Forscherpreis vergeben, und der ging heuer an den 1988 in Rieti in Italien geborenen Historiker Giulio Salvati, der einen großen Teil seines noch jungen Lebens in Erding verbracht hat. Er hat sich akribisch das Schicksal der Fremdarbeiter im Zweiten Weltkrieg vorgenommen. Ihre Rechtlosigkeit bis hin zu einer grotesken Debatte über das Recht der körperlichen Züchtigung machte er anhand konkreter Unterlagen von damals zum Thema. Zugleich gelang ihm aber auch der in der aktuellen Tagespolitik spannende Nachweis, dass nicht einmal der totalitäre nationalsozialistische Staat hat verhindern können, dass Gruppen von Fremdarbeitern, etwa die Polen, das aufbauen konnten, was heute als »Parallelgesellschaften« durch die Debatten geistert.

Salvati forscht derzeit an der Universität in New York, ließ aber über seine Mutter Sylva, die für ihn zur Versammlung gekommen war, mitteilen, dass er Erdinger bleibe. Tatsächlich lebt er seit 1999 in der Herzogstadt.

Der Verein macht aber nicht nur das: Es ist dem Jahresbericht der Vorsitzenden zufolge auch im vergangenen Jahr wieder gelungen, Kinder und Jugendliche für Kultur und Geschichte zu interessieren. Das sei wichtig, denn die Mitglieder dieser Generation seien die Kulturträger von morgen, so die Vorsitzende weiter. Dass die Veranstaltungen allesamt ein gutes Echo gefunden haben freute sie. »Wir machen das ja nicht, damit der Vorstand von der Straße ist«, witzelte sie vor einem überfüllten Saal. Für das kommende Jahr ist wieder ein Ausflug über vier Tage geplant, der ins Elsass führen wird, unter anderem in die historische Stadt Colmar. Geschichte lässt sich eben nicht räumlich eingrenzen. kw

Artikel vom 17.12.2016
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