Verfassungsgerichtshof kippt Volksbefragung

Einführung der Volksbefragung nur nach Verfassungsänderung möglich

Die unverbindliche Volksbefragung widerspricht der bayerischen Verfassung. Damit erübrigt sich auch eine unverbindliche Volksbefragung, ob die Bayern diese Möglichkeit bekommen möchten…	Foto: kb

Die unverbindliche Volksbefragung widerspricht der bayerischen Verfassung. Damit erübrigt sich auch eine unverbindliche Volksbefragung, ob die Bayern diese Möglichkeit bekommen möchten… Foto: kb

München · Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am Montag entschieden, dass die Regelungen über Volksbefragungen im Landeswahlgesetz mit der bayerischen Verfassung unvereinbar sind. Damit ist die CSU mit der Einführung der unverbindlichen Volksbefragung vorerst gescheitert.

Das Modell sah vor, konsultative Volksbefragungen in Form von Urnengängen zu ermöglichen, die im Nachgang für den Landtag lediglich beratenden, aber eben keinen verbindlichen Charakter gehabt hätten.

Zur Entscheidung erklärte das Gericht, »die Formen der Beteiligung des Volkes an der Staatswillensbildung sind abschließend aufgeführt; ohne Änderung der Verfassung können neue plebiszitäre Elemente nicht eingeführt werden«. In Bayern gibt es als plebiszitäre Elemente zum Beispiel den Volksentscheid, das Volksbegehren und die Wahlen.

Der Verein Mehr Demokratie begrüßt diese Entscheidung und nennt sie einen Sieg der Demokratie. Der Landesverband Bayern des Vereins sieht Instrumente von oben wie die unverbindliche Volksbefragung als Gefahr für die Demokratie und keinesfalls als geeignetes Instrument der direkten Demokratie. Hauptkritikpunkt: »Nur die Landesregierung und die Mehrheit des Landtags hätten ein Thema setzen und dieses den Bürgerinnen und Bürgern zur unverbindlichen Befragung vorlegen können. Die Opposition und vor allem die Bürger selbst wären bei der Themensetzung außen vor geblieben. Echte Bürgerbeteiligung schaut anders aus«, meint Susanne Socher, Sprecherin des Mehr Demokratie Landesverbands Bayern.

Verein Mehr Demokratie: Instrumente von oben sind eine Gefahr für die Demokratie

Die Stärken der direkten Demokratie lägen in der sachlichen Diskussion, losgelöst von Partei- oder Machtinteressen und in der Entfaltung von Themen aus den Reihen der Bürgerinnen und Bürger. Dann wirke direkte Demokratie wie ein Spiegel der Gesellschaft und offenbare Probleme, die den Menschen auf den Nägeln brennen und von den Parteien möglicherweise übersehen werden.

Ironischerweise hat der Gerichtshof die konsultative Volksbefragung aus Gründen für verfassungswidrig erklärt, die für das Instrument aus Sicht des Vereins Mehr Demokratie gar nicht zutreffen. Denn auf die Staatswillensbildung hätte die Volksbefragung nur dann Einfluss genommen, wenn Parlament und Regierung das im Nachgang zu jeder Volksbefragung individuell zugelassen hätten, indem sie sich dem Votum der Bürger angeschlossen hätten. Weil die Befragung aber nicht verbindlich, sondern eben nur konsultativ, also beratend, sein sollte, entfällt sie de facto als Instrument der Staatswillensbildung.

Ob es sich dann um ein plebiszitäres Element gehandelt hätte, wäre ebenso fraglich, denn Bestandteil eines Plebiszits ist ein Beschluss. Der wäre aber auf direktem Wege gar nicht erfolgt. Letztlich wäre es nur ein Stimmungsbarometer für Volkes Meinung gewesen. Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 23.11.2016
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