Wo die Vorfahren lebten

Bei Erdarbeiten: Mittelalterliche Siedlungsstrukturen in Poing entdeckt

Auch Poings Erster Bürgermeister Albert Hingerl (Dritter von links) begutachtete die gefundenen Siedlungsstrukturen am Bergfeldsee.	Foto: Thomas Schächtl

Auch Poings Erster Bürgermeister Albert Hingerl (Dritter von links) begutachtete die gefundenen Siedlungsstrukturen am Bergfeldsee. Foto: Thomas Schächtl

Poing · Nahe des Bergfeldsees, idyllisch gelegen im Nordwesten der Gemeinde Poing, soll bald ein neues Wohngebiet entstehen. Genau dieses Areal war vor Jahrhunderten schon einmal besiedelt: Erdarbeiten am Bergfeldsee haben kürzlich wieder die Grundrisse von Häusern zutage gefördert. Archäologen datieren die jüngsten Funde ins Mittelalter.

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Vergangene Woche luden Poings Erster Bürgermeister Albert Hingerl und Helmut Sloim, Sprecher der ARGE Poing »Am Bergfeld«, an die Grabungsstelle nördlich des Bergfeldsees ein. Die Grabungsmannschaft unter der Leitung von Ulrich Schlitzer informierte über die vermuteten Funde und die erkennbaren Siedlungsstrukturen. Vor Ort waren 194 sichere oder zumindest wahrscheinliche archäologische Befunde registriert worden, teilte Schlitzer mit. Den Löwenanteil machen Pfostengruben aus – also die Überreste von Eingrabungen, in denen einst ein senkrecht stehender Holzpfosten stecke.

Die Pfostengruben deuten auf zwölf Hausgrundrisse unterschiedlicher Größe hin, darunter mehrere kleinere Bauten mit vier oder sechs Pfosten und mindestens ein großformatiger Grundriss.

Hauskonzentrationen erkannten die Experten im Südwesten der Fläche. Sie setzen die Siedlungsstrukturen aus 17 Haus-Umrissen fort, die bereits 2015 im südlich anschließenden Grabungsareal am Bergfeldsee entdeckt worden waren.

»Aus den letztjährigen Maßnahmen wissen wir, dass sowohl mit metallzeitlichen als auch mittelalterlichen Funden zu rechnen ist«, erklärt Schlitzer. »Gerade die Kombination aus West-Ost orientierten Wohnhäusern und kleineren Wirtschaftsnebengebäuden in sogenannten Hofarealen weist in das Mittelalter.« Das Gebiet des heutigen Poing sei ein »historischer Siedlungsschwerpunkt« gewesen, betont der Archäologe.

Die ARGE Poing »Am Bergfeld« hatte auf dem 1,5 Hektar großen Grundstück für das künftige Wohngebiet W8 von Mitte September bis Ende Oktober den Oberschichtbelag abtragen lassen. Der gewonnene Humus wurde bei den laufenden Baumaßnahmen im gegenüberliegenden Baugebiet »Seewinkel« gebraucht. Ohne die Bereitstellung des Baumaterials hätte der Humus aus anderen, weiter entfernten Gebieten beschafft werden müssen. Die ARGE überließ den Bauherren die wertvollen Ressourcen unentgeltlich.

Als die Oberfläche abgetragen wurde, kamen auf dem Gelände alte Siedlungsstrukturen zum Vorschein, die die Archäologen vom Münchner Planateam in den folgenden Tagen ausgruben und untersuchten. Bereits im Vorjahr hatten sie Überbleibsel aus dem mittelalterlichen Poing entdeckt – darunter eine Gürtelschnalle aus Bronze und einige Tierknochen. Da am Bergfeldsee immer wieder archäologisch wertvolle Artefakte auftauchen, unterliegen die Erdarbeiten Auflagen durch die Ebersberger Denkmalschutzbehörde.

Seit rund 5000 Jahren besiedelt

Wie die geschichtsbewusste Gemeinde auf ihrer Homepage angibt, wird Poing »in nicht allzu ferner Zukunft die größte zusammenhängende archäologisch untersuchte Fläche in Bayern aufweisen können«. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort übrigens im spätem 9. Jahrhundert als »Piuuuingun«, abgeleitet von einer Person namens Piuwo. Die Endung »ing« weist auf die altbayerische Herkunft hin. Besiedelt war das heutige Gemeindegebiet allerdings bereits um das Jahr 3000 vor Christus. red

Artikel vom 16.11.2016
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