Die Stadt und ihre Helden

Grafing feiert den Höhepunkt des Brauchtumskalenders

Bei der traditionellen Grafinger Leonhardifahrt ist die ganze Stadt auf den Beinen.	Foto: Hubert Ametsbichler

Bei der traditionellen Grafinger Leonhardifahrt ist die ganze Stadt auf den Beinen. Foto: Hubert Ametsbichler

Grafing · Es ist alles angerichtet für einen festlichen Sonntag, 30. Oktober 2016. Die Stadt Grafing hat sich rausgeputzt für ihre wichtigste Brauchtumsveranstaltung dieses Jahres – die traditionelle Leonhardifahrt am letzten Sonntag im Oktober.

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Alljährlich ziehen dann imposante Pferdegespanne mit aufwendig geschmückten Wägen und Reitergruppen durch die Grafinger Innenstadt. Ausgangspunkt dieses prachtvollen Umzugs ist die kleine Leonhardikirche an der Ecke Münchener Straße / Leonhardstraße. Denn ebendort werden ab 10 Uhr nach dem Festgottesdienst vom Grafinger Pfarrer Dr. Anicet Mutonkole-Muyombi die Pferde gesegnet, bevor sich der Tross zur dreimaligen Umfahrt in Bewegung setzt. Begleitet werden die historischen Festwägen von Trachten- und Musikgruppen aus der Region.

Neben den Lokalmatadoren – der Grafinger Stadtkapelle – sind darunter auch wieder die »Ebersberger Goaßlschnalzer« und die »Glonner Musi« vertreten. Abgerundet wird die im Münchner Osten wohl einmalige Brauchtumsveranstaltung von den verkaufsoffenen Geschäften der Innenstadt und dem tollen kulinarischen Angebot der Wirtshäuser und Restaurants. Die geschmückten Wägen können im Anschluss des Umzugs vor der historischen Kulisse des Grafinger Marktplatzes bewundert werden. Eine gemeinsame Andacht in der Dreifaltigkeitskirche sorgt für einen besinnlichen Ausklang der Grafinger Leonhardifahrt.

Die viele Kenner und Einheimische wissen, reichen die Ursprünge der Grafinger Fahrt bis weit ins 17. Jahrhundert zurück. Die ersten schriftlich fixierten Belege über die Leonhardifahrt in Grafing datieren aus dem Jahre 1708. Der Kult um den Heiligen Leonhard hingegen reicht noch viel weiter zurück in die Vergangenheit. Bereits im 11. und 12. Jahrhundert wurde Leonhard als Fürsprecher der Gefangenen und Unterstützer werdender Mütter verehrt. In den letzten 400 Jahren wandelte sich die Bedeutung Leonhards vom Patron der Gefangenen hin zum Patron der landwirtschaftlichen Nutztiere. Ursache waren hierfür verheerende Viehseuchen, die im 17. Jahrhundert wiederholt in Altbayern grassierten. Da musste schnell ein Heiliger her. Die Ketten welche die Gefangenen als Dankbarkeit über die überstandene Knechtschaft gestiftet hatten, wurden fortan als Viehketten gedeutet. Und tatsächlich: Die Viehseuchen konnten mit der Zeit durch den medizinischen und technischen Fortschritt »ausgemerzt« werden. Die Verehrung Sankt Leonhards als der Schutzheilige des Viehs ist bis in die Gegenwart erhalten geblieben.

Ein zentraler Mittelpunkt der regionalen Leonhardiverehrung ist die bereits erwähnte Leonhardikirche in Grafing. Das Kirchlein »St. Leonhard« auf dem Felde« wurde schon im tiefsten Mittelalter um das Jahr 1300 im gotischen Stil erbaut. Somit ist das Kirchlein das älteste erhaltene Bauwerk der Stadt. Bei umfangreichen Restaurierungsarbeiten in den 1960er Jahren konnten Wandmalereien freigelegt werden, die auf das Jahr 1408 datiert sind. Der Freskenzyklus »Südwand des Chores« gibt den Blick auf mehr als 600 Jahre Geschichte frei.

An der Westseite des Kirchleins thront seit dem Jahre 1630 der Heilige Leonhard. Die rechte Hand hat er zur Segnung des Viehs erhoben, in der linken Hand hält er die Heilige Schrift. Am Sonntag steht er nun wieder im Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Genauso wie in den 300 Jahren zuvor am letzten Oktobersonntag in Grafing. Von Stefan Dohl

Artikel vom 29.10.2016
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