Hitlers Hitschreiber

Bruno Balz im Künstlerporträt

Bruno Balz wurde fast sein ganzes Leben lang wegen seiner Homosexualität bedroht, verfolgt und angefeindet.

Bruno Balz wurde fast sein ganzes Leben lang wegen seiner Homosexualität bedroht, verfolgt und angefeindet.

München · »Kann denn Liebe Sünde sein?« Der berühmte Schlager, den Zarah Leander 1938 in »Der Blaufuchs« sang, ist vor dem Hintergrund der Geschichte seines Texters durchaus doppeldeutig.

Am Freitag, 21. Oktober, wird zu Ehren des Textschreibers Bruno Balz ab 19 Uhr im NS-Dokumentationszentrum ein multimediales Künstlerporträt von »Hitlers Hitschreiber« zu Livesongs geschaffen. Der Eintritt ist frei.

Der Berliner Bruno Balz schuf zahlreiche bekannte Schlagertexte und entging damit letztlich doch dem Wahn und der Verfolgung der Nazis, obwohl er nicht dem rassisch reinen Menschenbild des Regimes entsprach. Denn Balz war schwul, wie er selbst vor der Nazizeit er- und bekannte. Zwar nahmen die Nazis ihn mehrfach fest und setzten ihn der Folter aus, jedoch kam er wieder frei und überlebte den Krieg. Bis dahin durfte er aber nicht öffentlich in Erscheinung treten musste eine Scheinehe eingehen.

Während der Zeit des Dritten Reichs verfasste Balz Schlagertexte, die eine ungeheure Popularität erreichten. Dieses Argument nutzte der Komponist Michael Jary sogar, um Balz aus der Gestapo-Haft freizubekommen.

Während das Kriegsende für viele unterdrückte Menschen in Europa eine Befreiung bedeutete, steckte Balz schon wieder in erheblichen Schwierigkeiten. Die Alliierten sahen in dem Texter und seinen Werken ein willfähriges Instrument für die Durchhaltepolitik der Nazis. Um einer Bestrafung zu entgehen, offenbarte der Texter seine sexuelle Orientierung und seine Scheinehe und lebte fortan in der Angst, an die bundesdeutschen Behörden verraten zu werden, denn der Paragraf 175 des Strafgesetztbuches, der Homosexualität unter Strafe stellte, war noch lange nach dem Krieg in Deutschland gültig.

Das multimediale Künstlerporträt stellt Balz’ Vita seinen Liedern gegenüber, die live von einem männlichen Interpreten, dem Sänger und Musiker Peter John Farrowski, vorgetragen werden. Durch diese ungewöhnliche Besetzung entfalten altbekannte Songtexte neue, ungeahnte Doppelbödigkeit. Das Leben ihres Schöpfers Bruno Balz lässt in Toneinblendungen sein Lebensgefährte Jürgen Draeger Revue passieren, ergänzt durch projizierte Archiv-Bilder, Dokumente aus dem privaten Nachlass sowie publizistische Zitate.

Verbindende Texte zu dieser Biografie und ihren historischen Hintergründen lesen Gaby dos Santos und Andreas Michael Roth, mit einer Einführung von Toni Netzle. Im Anschluss an die Vorstellung folgt eine Podiumsdiskussion, moderiert von Albert Knoll, Historiker, Vorstand des Forums für Homosexualität und Archivar der Gedenkstätte Dachau.

Artikel vom 17.10.2016
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