Schwierige Zeiten für die traditionelle Volksmusik

Wo bleibt die Heimat?

Trompete und Quetschen – Kaum ein anderes Land identifiziert sich so über seine Musik  wie der Freistaat Bayern.	Foto: Stefan Dohl

Trompete und Quetschen – Kaum ein anderes Land identifiziert sich so über seine Musik wie der Freistaat Bayern. Foto: Stefan Dohl

Grafing/München · Kaum etwas ist enger mit der bayerischen Kultur verbunden wie die traditionelle Volksmusik. Umso verwunderlicher ist es, das Alphorn, Ziach und Quetschen seit Pfingsten im frei empfangbaren UKW-Radio verstummt sind.

Wie Anfang Februar angekündigt hat der Bayerische Rundfunk (BR) die tägliche Volksmusiksendung (19 bis 20 Uhr) und die Sonntagsblasmusik (11 bis 12 Uhr) ersatzlos aus seinem Programm gestrichen. Seitdem wird im Bayern 1 Hörfunkprogramm kein einziger Titel traditioneller Volksmusik mehr gespielt.

Die neue »Heimat« der Volksmusikfans ist seitdem der Digitalsender »BR Heimat«. Hier werden rund um die Uhr Volksmusik, Blasmusik und Geschichten aus und über Bayern gesendet. Ein Angebot welches täglich von über 110.000 Hörern in Bayern genutzt wird. Damit ist der »Heimatsender« zur erfolgreichsten Digitalwelle im Programm des Bayerischen Rundfunks aufgestiegen.
Soweit so gut.
Wenn da nicht folgendes Problem wäre. Der Sender ist nur über DAB+, Satellit und Digitalradio zu erreichen. Alle mit Kabelanschluss und ohne Digitalempfang im Auto gehen also leer aus. Und genau das sorgte gerade bei den älteren Volksmusikhörern für große Aufregung. Viele von ihnen besitzen weder ein Gerät, das Digitalradio empfangen kann, noch die Möglichkeit, »BR Heimat« im Internet zu hören.

Somit ist aus der Entscheidung des BR eine Debatte entbrannt, welchen Wert das bayerische Brauchtum überhaupt noch zugesprochen wird.

Bei einer Onlinepetition gegen die »Abschaffung der Volksmusik« aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (www.openpetition.de/petition/online/gegen-die-absetzung-der-taeglichen-volksmusik-auf-bayern-1) lassen viele Hörer ihren Ärger über die Entscheidung raus.

Mitte Mai haben sich hier fast 18.000 Unterstützer mit Schwerpunkt in Bayern zusammengefunden.
Der Tenor ist eindeutig: »Es geht darum, dass die letzten Reste der bayerischen Kultur völlig aus dem Mainstream verschwinden sollen. Ein Besucher aus dem All würde sowieso bei seiner Landung in Bayern vermuten, dass er in Amerika gelandet ist, bei der Musik, die uns 24 Stunden am Tag umspült«, schreibt einer der Unterzeichner.

Mit dieser Meinung steht der Mann freilich nicht alleine. »Der BR soll der Bayerische Rundfunk bleiben und nicht zu einem WDR 2 oder WDR 4 werden« mahnte auch Heimatminister Markus Söder (CSU) an. »Ich hätte es schön gefunden, wenn Bayern 1 auch Heimat der Volksmusik bleiben würde.«

Auf die Entscheidungen des öffentlich-rechtlichen Senders hat die Politik jedoch keinen Einfluss. Wohl aber der Bürger. Auf Initiative von Franz Pabst haben sich auch in Grafing hunderte seiner Petition zum Erhalt der Volksmusik im frei empfangbaren Radio angeschlossen.

Beim traditionellen Volksmusikabend auf dem Grandauer Volksfest betonte er, dass die Volksmusik als fester Bestrandteil der bayerischen Kultur selbstverständlich einen Platz im frei empfangbaren Radio verdient hat.
»Die Musi ist unsere Identität«, sagte Pabst unter dem Zuspruch der Anwesenden. Und tatsächlich folgten alle anwesenden Volksmusikfreunde seinem Aufruf, mit ihrer Unterschrift ein Zeichen zu setzen.

Die Unterschriftenliste hat der Straußdorfer dem Bayerischen Rundfunk in München nun persönlich übergeben.

Eine Lösung der emotional geführten Debatte oder gar ein »Zurückrudern« der BR-Verantwortlichen zeichnet sich indes nicht ab. Wenn der digitale Heimatsender auch analog zu empfangen wäre, wären wohl alle zufrieden. Es könnte so einfach sein.

Von Stefan Dohl

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Artikel vom 20.05.2016
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