Ins Wasser gefallen

München · Nach Naturschützer-Protest: Schlauchboot-Partys abgesagt

Der Flussuferläufer ist kein Partylöwe. Er und seine Artgenossen hätten an den Schlauchbootpartys wahrscheinlich keinen großen Spaß gehabt.	Foto: Z. Tunka/LBV-Archiv

Der Flussuferläufer ist kein Partylöwe. Er und seine Artgenossen hätten an den Schlauchbootpartys wahrscheinlich keinen großen Spaß gehabt. Foto: Z. Tunka/LBV-Archiv

München · Schiffsverkehr findet auf der Isar nicht statt. Das heißt aber nicht, dass der Fluss ganz der Natur und sich selbst überlassen ist. Ganz im Gegenteil. Die Isar ist bei Erholungssuchenden sehr beliebt.

Auch das Feiern an der Isar hat nicht nur in München Kultstatus. Die Isar dient immer öfter als Freizeitkulisse, vermehrt auch für reine Spaßaktionen. Und genau da hört der Spaß auf, finden Naturschutzorganisationen.

»Die Isar ist kein Ballermann«, lassen der Landesbund für Vogelschutz, WWF Deutschland und der Landesfischereiverband Bayern e.V. wissen. Eigenen Angaben zufolge beobachten sie seit Jahren eine »unkontrollierte Zunahme des Bootsverkehrs«, unter dem die Isar vor allem im Süden von München zunehmend leide. Die Grenze der Belastbarkeit der unter Naturschutz stehenden Flusslandschaft sei erreicht und werde zum Teil sogar überschritten.

Ob das in die Überlegungen eines privaten Veranstalters mit eingeflossen ist, als er per Facebook zu einem großen Schlauchbootevent auf der Isar eingeladen hat? Im Mai und Juni hätte die Spaßveranstaltung stattfinden sollen, doch der Veranstalter ist nun nach dem Aufschrei der Umweltschützer schnell zurückgerudert. Die Schlauchbootpartys fallen aus.

Naturschützer schlagen Alarm: »Die Isar ist kein Ballermann«

»Für die Isar und ihre Flora und Fauna wäre das ein Supergau«, hatte Fabian Unger vom Landesbund für Vogelschutz zuvor gewettert. »Die Wildflusslandschaft der Isar verkraftet so viele Menschen auf einmal nicht.« So hätten die Events das Aus für die wenigen noch verbliebenen Brutpaare der Flussuferläufer bedeuten und die seltene Flussseeschwalbe stören können, die aktuell wieder an der Isar angesiedelt werden soll.

Auch um die Fische sei es nicht besser bestellt. Eier und Jungfische vieler Fischarten finden sich im Frühjahr besonders an den flachen Kiesbänken. Durch eine Veranstaltung mit erwarteten mehreren Hundert Menschen wären sie kaum zu retten gewesen, ist Patrick Türk vom Landesfischereiverband überzeugt.

Naturschützer und Fischer wollen keineswegs als Spaßverderber dastehen. Ein maßvoller Bootsausflug mit einfachen Verhaltensregeln erlaubt jedem Bürger, ein Gewässer im Rahmen des Gemeingebrauchs zu befahren, um den erholsamen Wert der Flusslandschaft für sich in Anspruch zu nehmen, argumentieren sie. Doch das ist ganz offensichtlich nicht das, was sich das Partyvolk gewünscht hätte.

Mit der Absage der Veranstaltungen hat sich die Debatte um die beiden konkreten Termine vorerst erledigt. Allerdings hatten die Gegner bereits die Argumentation im Sinne des Umweltschutzes in petto: Auch wenn die Schlauchbootevents vordergründig keine finanziellen Absichten der Organisatoren erkennen ließen, sehen Naturschützer und Fischer darin »eindeutig eine Veranstaltung«. Zu deren Durchführung seien entsprechende Genehmigungen erforderlich, wie beispielsweise eine Befreiung von der bestehenden Naturschutzgebietsverordnung. Ab einer bestimmten Personenzahl müssten laut Gesetzgeber aus Hygienegründen Toiletten bereitstehen. Daher haben Naturschützer und Fischer das zuständige Landratsamt Bad Tölz aufgefordert zu prüfen, ob der beabsichtigte Schlauchbootevent rechtlich überhaupt zulässig wäre.

Paragrafen können aber nicht die Vernunft ersetzen. Naturschützer und Fischer hoffen auf die Einsicht jedes Einzelnen. »Denn nur wenn man das Naturparadies Isar erhält und sensibel damit umgeht, kann es Erholungssuchenden zukünftig noch entsprechende Reize bieten – auch Schlauchbootfahrern«, meint Birgit Weis, Gebietsbetreuerin an der Isar vom Landesbund für Vogelschutz.

Einsicht scheint auch der Veranstalter gezeigt zu haben, denn die Naturschützer halten ihm zugute, dass er in ersten direkten Gesprächen Verständnis für Naturschutzbelange gezeigt habe. Insofern kann man fast von einer gütlichen Einigung sprechen. Der Alarm, den die Naturschützer hier geschlagen haben, galt auch weniger den jetzt abgesagten Aktionen, als viel mehr den befürchteten Nachahmern.

Artikel vom 21.04.2016
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