Tragische Schicksale hinter schrecklichen Taten

Lesungen im Staatsarchiv: Großer Andrang beim Tag der Archive

Über den Publikumsansturm im Lesesaal freute sich Organisatorin Dr. Ulrike Hofmann ebenso wie der Rezitator Winfried Frey.	Foto: cr

Über den Publikumsansturm im Lesesaal freute sich Organisatorin Dr. Ulrike Hofmann ebenso wie der Rezitator Winfried Frey. Foto: cr

München · Der »Tag der Archive«, der am vergangenen Samstag bundesweit begangen wurde, hinterließ auch in München seine Spuren.

Mit zahlreichen Veranstaltungen präsentierten sich viele Archive in der Stadt mal aus einer ganz anderen Perspektive. Das Publikumsinteresse war unter anderem beim Staatsarchiv München in der Schönfeldstraße sehr groß. Das lag an den Themen, die die Organisatoren um Dr. Ulrike Hofmann ausgewählt hatten, genauso aber auch an der Art der Präsentation.

Bürgergeschichten und ihr Platz in der Geschichte

Der Schauspieler und Regisseur Winfried Frey las aus Aufsätzen zu spektakulären Mordfällen, die auf den Justiz­akten im Staatsarchiv basieren. Aus den Akten wurden auch direkt einige Passagen übernommen, sodass die Zuhörer das Geschehene aus der Perspektive der Ermittler erlebten. Sei es die mordende Magd, die heimtückisch erst das Geld ihres Dienstherren unterschlagen und durchgebracht hatte und zur Vertuschung den Mann getötet hatte, oder sei es der verzweifelte Liebhaber, der nicht ertragen konnte, dass seine Angebetete sich nicht zwischen ihm und einem Nebenbuhler entscheiden konnte und er ihr die Entscheidung mit dem »Maiglöckchenmord« abnahm – hier wurden persönliche Schicksale noch mal in Erinnerung gerufen, die zu ihrer Zeit Aufsehen erregt hatten, die aber heute längst in Vergessenheit geraten sind.

Schier aus allen Nähten platzte der Lesesaal des Staatsarchivs, als an die hundert Zuhörer mit Schaudern verfolgten, wie vor mittlerweile 94 Jahren auf dem Hof Hinterkaifeck sechs Menschen brutal erschlagen wurden. Der Fall Vera Brühne, der vor über 50 Jahren die Bundesrepublik in zwei Lager spaltete, erregte nicht weniger das Interesse der Besucher. Aufgrund des großen Andrangs mussten die Veranstalter den Ablauf kurzfristig ändern. Die Lesungen waren ursprünglich im Rahmen von Magazinführungen geplant gewesen. Da hierbei allerdings nur maximal 20 Teilnehmer möglich sind, wurden die Lesungen und die Führungen voneinander getrennt. Der Tag der Archive brachte dem Staatsarchiv so viele Besucher wie an sonst keinem Tag im Jahr – obwohl die Archive im Rahmen des bayerischen Archivgesetzes für jeden zur Recherche offenstehen.

Am gleichen Tag wurde im Staatsarchiv die Ausstellung »Am Rand der Geschichte« eröffnet, in der Münchner Bürger aus dem Alltag längst vergangener Zeiten erzählen. Ereignisse, die sonst in keinem Archiv einen Platz haben und damit einfach irgendwann aussterben. Mit der Ausstellung finden diese Geschichten ihren Platz in der Geschichte.

Artikel vom 08.03.2016
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