40 Jahre Heppel und Ettlich

Zwei Berliner in Schwabing - Schicksal oder Zufall?

Schwabing · Zwei Berliner, auch noch Neuköllner, machten sich am 01. April 1968 auf nach Schwabing und gründeten eine Berliner Kommune II. Der eine, Henry Heppel, gelernter Schriftsetzer, der andere, Wolfgang Ettlich, gelernter Postbote.

Und wenn man an der Mauer seine Pubertät bzw. seine Jugendjahre verbringt, dann stößt man schnell an seine Grenzen. Also raus aus Westberlin und ab nach Westdeutschland, da sollte die Freiheit riesengroß sein - aber wohin? Da kam eigentlich nur München in Frage, denn Mitbewohner wollten studieren und die Stadt hatte einen sozialdemokratischen Bürgermeister, der nicht Strauß hieß, sondern Vogel. Von den fünf Berlinern studierten zwei und drei jobbten. Heppel heuerte als Grafiker in Schwabing an und Ettlich fuhr Schallplatten von Atlantic (Soul) und Metronom (Siw Malmquist, Caterina Valente) zum Diskocenter. Zum Leben reichte es, die Wohnung war billig - für 220 qm nur 700 Mark, in Schwabing.

1970 kam das Angebot, den »Jennerwein« zu pachten. Es stellte sich die große Frage, die sich echte 68er stellten: Einsteigen in den Kapitalismus und gleichzeitig unabhängig sein oder nicht. In der WG wurde groß diskutiert und gestritten: Henne, Lutze und Atze waren dagegen, Henni und Wolle sagten ja – warum nicht.

Also Berliner Start im »Jennerwein« am 01. Januar 1972, das Jahr der Olympiade in München. Die ersten Stammgäste waren die Jusos der SPD – Ude und Freunde – und die Fußballer vom ESV Freimann und Unterpfaffenhofen.

Die bayerische Kneipe mit den Preußen wurde unerwartet ein voller Erfolg. Der große Bierumsatz machte die Brauerei auf den »Jennerwein« aufmerksam. Schon stand die Brauerei vor der Tür und bot den Fäustlgarten in der Kaiserstraße an.

Aus dem Fäustlgarten wurde nach langer Namenssuche Heppel & Ettlich. Damit war der Grundstein für Berliner Kultur in Schwabing gelegt. Eröffnung war genau am 23. Januar 1976, und vor lauter Heimweh nach Berlin holten Heppel&Ettlich dann eben Berliner Künstler nach Schwabing - und gründeten so im Nebenzimmer das Theater bei Heppel & Ettlich. Daraus sind unglaubliche 40 Jahre Theater Heppel&Ettlich geworden. Heppel wurde Grafiker und der Postbote wurde Filmemacher und machte mehr als 50 Dokumentarfilme für die öffentlich-rechtlichen Sender. Die großen Frage ist nun: War das Schicksal oder Zufall?

Auf dieser Bühne haben sich viele heute namhafte Künstler in jungen und unbekannten Jahren präsentiert: Helge Schneider, Frank-Markus Barwasser alias Erwin Pelzig, Axel Hacke, Christoph Süß, Piet Glocke, die sagenhaften Misfits, der Quatschkopf Dieter Nuhr, Luise Kinseher, Helmut Schleich, Ecco Meinecke u.v.m. die im Heppel&Ettlich gelesen, gespielt, getanzt oder erzählt haben. Gastspiele gaben u.a. Udo Lindenberg und Peter Kraus. Das Motto von Heppel&Ettlich: »Immer vorwärts und nichts vergessen.«

Artikel vom 20.01.2016
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