Alle Jahre wieder...

Pater Friedrich aus der Gemeinde St. Wolfgang schreibt an die Haidhauser

Der Leiter des Pfarrverbands Haidhausen, Pater Alfons Friedrich vor der Krippe der Gemeinde St. Wolfgang.	Foto: ahi

Der Leiter des Pfarrverbands Haidhausen, Pater Alfons Friedrich vor der Krippe der Gemeinde St. Wolfgang. Foto: ahi

Haidhausen · »Alle Jahre wieder kommt das Christuskind auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind…« Haben Sie als Kind dieses schöne Weihnachtslied auch so gerne gesungen? Für mich war es der »Hit«, mit dem ich nicht nur an den Weihnachtstagen viele Menschen – hoffentlich – erfreute.

Und auch heute höre ich es immer noch gerne, gerade wenn es die Kinder singen und dabei ihre Augen erwartungsvoll leuchten.

Irgendwann habe ich mich gefragt, wer schreibt eigentlich solche Texte und was motiviert einen Menschen dazu? Wenn man recherchiert, dann stößt man bald auf einen Namen: Johann Wilhelm Hey. Seine Person ist vielleicht heute nicht mehr so vielen bekannt, aber hinter diesem Namen steckt doch eine interessante Biographie.

Johann Wilhelm Hey lebte im 19. Jahrhundert (1789 – 1854), studierte evangelische Theologie, war Hauslehrer, Pfarrer, Hofprediger und Superintendent bei Erfurt. Bereits 1837 schrieb er den Text, der zunächst anonym veröffentlicht und durch die Vertonung von Friedrich Silcher bekannt wurde. Hey war jedoch nicht nur ein begabter Autor verschiedener Fabeln und Gedichte, sondern trat als Seelsorger für eine engagierte, dem Menschen zugewandte Religion ein, die er im gelebten Christentum verwirklicht sah. Sein sozial-caritatives Engagement war geradezu eine Folge dieser Überzeugung, die sich in der Betreuung von Handwerkerlehrlingen und Kindern konkretisierte.

Sein Engagement für junge Menschen stellt ihn in eine Reihe mit anderen bedeutsamen Christen wie Adolf Kolping oder Johannes Bosco. Ihnen gleich war die Überzeugung, dass gerade die unbetreute Jugend feste Ansprechpartner und Begleiter brauchte – angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen durch die industrielle Revolution mit schwerwiegenden Veränderungen durch Landflucht und schnell wachsende Städte eine echte Pionierarbeit.

»Alle Jahre wieder kommt das Christuskind…« Johann Wilhelm Hey macht mit seinem Text auf etwas aufmerksam, das bis heute nichts an Bedeutung verloren hat. Natürlich feiern wir jedes Jahr Weihnachten und dieses Fest ist in vielen Familien ein Großereignis. Wochenlange Planungen und Vorbereitungen fallen an, bis es dann endlich soweit ist. Die Kerzen am Baum erstrahlen, die Geschenke sind ausgepackt, das festliche Menü vorüber – und was dann? Was bleibt von diesem Fest, wie verändert es uns? Der Blick in das Leben von Hey und vieler anderer Christen weist darauf hin, dass Weihnachten mit einer besonderen Botschaft an uns herantritt, die eigentlich nicht ohne Folgen bleiben kann. Dass dieser menschenfreundliche Gott sich in seinem Sohn uns zuwendet und damit eine Geschichte der Befreiung und Erlösung beginnt, ist die eigentliche Faszination des Heiligen Abends.

Gott wird Mensch und fordert uns auf, es ihm gleich zu tun: Mach’s wie Gott, werde Mensch – wie es einmal Bischof Kamphaus ausgedrückt hat. Und dies kann ganz unterschiedlich aussehen. Bei Menschen wie Hey war es die Erkenntnis, dass junge Menschen Zuwendung brauchen, man ihnen gegenüber Vertrauen aufbringen muss, damit sie zu einer Persönlichkeit heranreifen können.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Heute sind es auch die vielen Menschen, die aus Angst vor Terror und Leid ihr Land verlassen müssen ohne Hoffnung auf eine Zukunft. Heute sind es Menschen, die durch Altersarmut bedingt nicht wissen, wie sie in einer so reichen Stadt überleben können. Die Reihe lässt sich leider fortsetzen.

»Alle Jahre wieder kommt das Christuskind…« Der Mystiker der Barockzeit Angelus Silesius hat in seiner Textsammlung »Cherubinischer Wandersmann« folgenden Hinweis formuliert: »Wird Christus tausendmal zu Bethlehem geboren und nicht in dir, du bleibst doch ewiglich verloren.« Das also ist Weihnachten, wenn Christus in mir geboren wird und ich aus seinem Geist heraus mein Leben gestalte. Das ist das Geschenk der Weihnacht: Von Jesus erfüllt zu werden, um durch ihn gerettet zu werden. Weihnachten ist der Anfang des Weges Jesu nach Jerusalem und endet scheinbar am Kreuz. Das Licht des Ostersonntags aber stiftet die christliche Hoffnung, dass Auferstehung möglich ist und uns zugesagt wird.

Dann kann sich manches verändern, bei mir, in meinen Ängsten und Hoffnungen. Dann kann ich mitgestalten an einer gerechten Welt, in meiner Familie, am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft. Dann lasse ich keinen vor meiner Türe stehen – egal ob er auf der Flucht ist oder von anderen Problemen geplagt ist – sondern öffne mich für die Nöte und Sorgen, die Freuden und das Gute der Menschen in unserer Gesellschaft und Kirche.

Ein gesegnetes und frohmachendes Weihnachtsfest wünscht Ihnen Ihr Pater Alfons Friedrich

Artikel vom 23.12.2015
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