Das erste Weihnachtsfest

Vorbereitungen gemeinsam mit jungen Flüchtlingen in der Inneren Mission

Hauswirtschafterin Atefi Sultani (v.l.), Hassan und Einrichtungsleiterin Bettina Wagner haben gemeinsam mit den Bewohnern die Flüchtlingsunterkunft weihnachtlich dekoriert. 	Foto: js

Hauswirtschafterin Atefi Sultani (v.l.), Hassan und Einrichtungsleiterin Bettina Wagner haben gemeinsam mit den Bewohnern die Flüchtlingsunterkunft weihnachtlich dekoriert. Foto: js

Moosach · Was für die meisten Moosacher Jugendlichen selbstverständlich ist, erleben zehn junge Anwohner aus der Naumburger Straße gerade zum ersten Mal.

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In der von der Inneren Mission (IM) geführten Einrichtung für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge werden zur Zeit Christbäume geschmückt, Plätzchen gebacken und Weihnachtslieder gesungen. Auch kleine Geschenke wird es an Heiligabend für die Bewohner geben. Ihr größter Weihnachtswunsch bleibt in diesem Jahr allerdings unerfüllt.

Mit einem freundlichen »Hallo« stürmen zwei Jungen durch die Tür des zur Flüchtlingsunterkunft umgebauten Rückgebäudes in der Naumburger Straße. »Wie heißen Sie?« fragen die beiden abwechselnd und präsentieren dabei stolz ihre Deutschkenntnisse. Insgesamt zehn Jugendliche aus Afghanistan, Syrien und Somalia im Alter von 14 bis 17 Jahren wohnen derzeit in der Einrichtung – und erleben nun eine ganz besondere Zeit. Vor dem Eingang steht bereits ein kleiner Christbaum, den die Jungen vor kurzem selbst geschmückt haben. »Aber Weihnachten ist für unsere Bewohner etwas völlig unbekanntes«, erklärt die Einrichtungsleiterin Bettina Wagner.

Dies halte die Jugendlichen jedoch nicht davon ab, sich mit großer Begeisterung an der Dekoration des Gartens und der Räumlichkeiten zu beteiligen: »Sie haben die Lichterketten und beleuchteten Rentiere in den Gärten der Nachbarn gesehen, und das wollen sie jetzt bei uns auch.« Je bunter und glitzernder, desto schöner, laute dabei das Motto. Das gelte auch für den Weihnachtsbaum. »An Lametta können unsere Jugendlichen gar nicht genug bekommen«, sagt Wagner und lacht.

Auch beim Plätzchen backen hatten die jungen Flüchtlinge bereits viel Freude. Zwar seien die meisten von ihnen keine Naschkatzen, räumt Wagner ein: »Den süßen Geschmack mögen sie gar nicht so gern«. Das Ausstechen und das Verzieren habe den Jungen aber großen Spaß gemacht: »Sie backen die Plätzchen eigentlich lieber, als dass sie sie essen«. Wie gut sie schon deutsch können, zeigen die Bewohner in diesen Tagen beim gemeinsamen Singen. Im Repertoire haben sie Lieder wie »Oh Tannenbaum« und »Leise rieselt der Schnee.« Weihnachten werde in ihrer Einrichtung »ganz traditionell gefeiert«, erklärt Wagner.

Obwohl die meisten der Jugendlichen Moslems seien, stünden sie dem Fest mit seinen Bräuchen völlig offen gegenüber: »Das zu vermitteln ist uns wichtig, hier geht es ja nicht nur um Religion, sondern auch um Kultur.« Im Gegenzug würden in der Unterkunft auch muslimische Feierlichkeiten wie etwa das Zuckerfest nach dem Ende des Ramadan festlich begangen: »Wir sind einfach interkulturell«.

Nicht fehlen dürfen an Weihnachten außerdem die Geschenke. Jeder Bewohner habe einen Wunschzettel ausgefüllt und bekomme an Heiligabend ein Päckchen, berichtet Wagner. Unter dem Christbaum finden werden die Flüchtlinge etwa MP3-Player, duftende Rasierwasser und FC Bayern Schals. Der FC Bayern sei bei den Jungen nämlich sehr beliebt, sagt Wagner.

Der 15-jährige Hassan, der erst vor kurzem in die Einrichtung eingezogen ist, wünscht sich indes nichts davon. »Kann es auch etwas sein, das in kein Päckchen passt?«, übersetzt Atefa Sultani, die aus Afghanistan stammende Hauswirtschafterin der Unterkunft, seine Antwort auf die Frage, was sein sehnlichster Weihnachtswunsch wäre. »Am liebsten wäre ich nämlich mit meiner Familie zusammen«, sagt der junge Afghane leise. »Aber ob dieser Wunsch jemals in Erfüllung gehen wird, das weiß ich nicht.« Julia Stark

Artikel vom 15.12.2015
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