Hochkultur im Werksviertel

München · Konzertsaal: Staatsregierung entscheidet sich für Standort

Hier soll er hin, der Konzertsaal (gelb), hinein ins in den kommenden Jahren entstehende Werksviertel hinter dem Ostbahnhof (rechts oben). 	Grafik: steidle architekten

Hier soll er hin, der Konzertsaal (gelb), hinein ins in den kommenden Jahren entstehende Werksviertel hinter dem Ostbahnhof (rechts oben). Grafik: steidle architekten

München · Es war ein Tauziehen, unerträglich und für eine Kulturstadt wie München unwürdig. Jetzt gibt es ein Happy End. Hoffentlich. Der dritte Konzertsaal hat einen Standort.

Nachdem sich Stadt und Freistaat zunächst auf die Sanierung des Gasteigs als einzige Maßnahme verständigt hatten, waren Oppositionsparteien und Kulturschaffende auf die Barrikaden gegangen. Jetzt hat sich die Staatsregierung auf einen Standort festgelegt. Statt des lange gehandelten Finanzgartens wird es das neue Werksviertel am Ostbahnhof – heute Heimat der Kultfabrik.

Anlässlich der Entscheidung sahen sich zahlreiche Parteienvertreter motiviert, sich dazu zu äußern. So sagte der SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher: »Der neue Konzertsaal ist ein großer Erfolg der Bürgerschaft: Denn die Münchner Bevölkerung hat ihr neues Konzerthaus gegen den Widerstand von Verzagtheit, Kleinmut und Ignoranz durchgesetzt. Jetzt muss umgehend mit der Planung für den Konzertsaal begonnen werden, damit möglichst bald mit den Bauarbeiten begonnen werden kann.« Den politischen Gegner nennt er nicht beim Namen, aber der Adressat der harschen Worte ist bekannt.

Rinderspachers Fraktionskollege Hans-Ulrich Pfaffmann sieht in der Entscheidung weitere Vorzüge. Er begrüßt die Standort-Entscheidung zugunsten seines Stimmkreises außerordentlich: »Damit wird der Münchner Osten kulturell erheblich aufgewertet!«

Zufrieden zeigt man sich auch bei den Freien Wählern hinsichtlich des geplanten Standorts. Sie hatten sich während der Debatte vehement für den dritten Konzertsaal ausgesprochen. Mit Lob für die Staatsregierung indes geht Michael Piazolo (FW), Vorsitzender des Landtagsausschusses für Wissenschaft und Kunst, äußerst zurückhaltend um: »Die Bayerische Staatsregierung hat wieder einmal zig Jahre und auch viel Steuergeld durch ihr andauerndes Hin und Her zur Festlegung für einen neuen Konzertsaal verschwendet. Deshalb begrüße ich diese längst überfällige Entscheidung.«

Die Standortentscheidung der Staatsregierung ist ein Etappenziel

Die Lösung der Standortfrage kommentiert der FW-Mann mit spitzen Wort in Richtung CSU: »Glücklicherweise haben sich private Ideengeber gefunden, die die Standortdebatte in die richtige Richtung gelenkt haben, nachdem jahrelang kaum etwas vorangegangen war. Dieses private Engagement sollte auch bei der Realisierung des Vorhabens beibehalten und gefördert werden.« Die letzte Bemerkung trifft bei den Piraten auf scharfe Kritik: »Wir hoffen, dass der Konzertsaal nicht in Öffentlich-Privater Partnerschaft (ÖPP) gebaut wird, welche für die öffentliche Hand grundsätzlich ein Verlustgeschäft bedeuten. Das sieht man etwa an der Elbphilharmonie in Hamburg, bei der die öffentliche Hand das Risiko für die Kostensteigerung übernommen hat.«

Überwiegend Zustimmung, also Friede, Freude, Eierkuchen? Einer mag mit der Entscheidung nicht uneingeschränkt glücklich werden: Thomas Goppel, Landtagsabgeordneter der CSU, selbst lange Mitglied der Staatsregierung, heute Präsident des Bayerischen Musikrates: »Für den Musikstandort München entwicklungshemmend«, urteilt Goppel über den Standort. »Als unglücklich an dieser Entscheidung wird sich zeigen, dass dem Kabinett der Wunsch eines Orchesters und Dirigenten nach einem eigenen Dirigierpult wichtiger war als die Möglichkeit, eine erweiterungsfähige und zukunftsträchtige Planung rund um die Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke in Angriff zu nehmen.« Dieser Standort war zuletzt in der Pole Position, hat nun aber den Kürzeren gezogen. Das Tauziehen ist zu Ende. Jetzt kann das nächste beginnen: die Finanzierung.

Artikel vom 11.12.2015
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