Ottobrunner Konzerte: Der Jazz-Piano-Marathon II mit sechs Künstlern

Ottobrunn · Ein Kaleidoskop des Jazzpianos

Ottobrunn · Selten stieß ein Abend der Ottobrunner Konzerte auf so große Resonanz wie der Jazz-Piano-Marathon im vergangenen Dezember.

Generations- und stilübergreifend brachten elf Pianis-ten das Wolf-Ferrari-Haus zum Kochen. Schnell war es für die künstlerischen Leiter Johannes Tonio und Cornelius Claudio Kreusch, Horst Frank vom Wolf-Ferrari-Haus und Bürgermeister Thomas Loderer beschlossene Sache, dass es eine Fortsetzung geben muss. Am Freitag, den 4. Dezember, ist es ab 20.00 Uhr soweit. Das Publikum kann sich dann auf einen wahren Klavierreigen freuen, der wieder herausragenden, stilistisch vielseitigen und durch Individualität inspirierenden Jazz verspricht. Es dürfte schon deshalb wieder ein Marathon werden, weil sich alle Musiker im Anschluss an ihre Soloauftritte im Festsaal auch noch zur Jam Session im Ratssaal einfinden werden.

Prägende Jazz-Pianisten

War der letztjährige Piano-Marathon eine Werkschau der Münchner Jazzpianisten-Szene, so dachte Cornelius Claudio Kreusch diesmal an die »mittlere Generation« international etablierter Pianisten, die ihn zu Beginn seiner künstlerischen Karriere beeinflusst hatten. Zum Kristallisationspunkt der Auswahl wurde der erste Concours International de Piano Jazz Martial Solal 1989: Kreusch hatte damals, für ihn überraschend, beim Wettbewerb des berühmten französischen Kollegen auftreten dürfen: »Ich war knapp über 20 und es war eine unglaubliche Erfahrung! In der Jury saßen Stars wie Franco d’Andrea, Tommy Flanagan und Vladimir Cosma, und natürlich Martial Solal selbst. Und die Mitbewerber waren ein echtes Weltklassefeld, ich wusste gar nicht, was ich da überhaupt sollte. Gewonnen hat dann Aydin Esen, Dritter war Simon Nabatov.« Beide sind nun zwei der fünf in Ottobrunn gastierenden Stars. Mit Kreusch selbst sind sie zu sechst. Mit dabei ist auch der in Brasilien lebende US-Amerikaner Jeff Gardner, mit dem Kreusch zu Beginn seines Studiums in den USA ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut hat. Dazu kommt der den Ottobrunnern bereits von den Berklee Allstars bekannte Laszlo Gardony, der Kreuschs Lehrer war, und schließlich der Deutsche Christoph Spendel, dem Kreusch über die Jahre immer wieder begegnet ist.

Stars im Halbstundentakt

Schon weil alle Pianisten von weit her anreisen, hat diesmal jeder dreißig Minuten Zeit, sich und sein Schaffen mit Eigenkompositionen zu präsentieren. Das Publikum bekommt einen Einblick in ein Kaleidoskop individueller Stile exzellenter Jazzpianisten, die die internationale Spitze darstellen. Da ist zunächst der absolut eigenwillige Fusion-Jazz des Türken Aydin Esen, der orientalische Rhythmik und Harmonik ebenso aufnimmt, wie die Innovationen amerikanischer Jazzer wie Eddie Gomez, Gary Burton, Pat Metheny oder Dave Liebman, mit denen er allesamt gespielt hat. Esen ist auch ein herausragender Keyboarder und hat viel mit elektronischer Musik experimentiert.

Simon Nabatov ist der Vertreter einer russischen Jazzpiano-Schule, die von einer herausragenden Technik und der Verwurzelung in der Klassik kommt. Er ist ein Alleskönner, der jedem Stil seinen Stempel aufdrücken kann und dies an der Seite unzähliger Jazzstars bewiesen hat – von Paul Motian und Chet Baker über Ray Anderson und Ernst Reijseger bis zu Charly Antolini und Wolfgang Schlüter. Auch Laszlo Gardonys Stil ist geprägt von seiner Herkunft aus Ungarn und von der europäischen Klassik – er studierte zunächst am Béla Bartók Konservatorium in Budapest. Von seinen frühen Alben etwa mit Miroslav Vitous und Dave Holland bis zu aktuellen mit Kollegen vom Berklee College of Music, wo er seit vielen Jahren Professor ist - stets ist sein Spiel von komplexen Harmonien, kompositorischer Finesse und hoher Emotionalität durchzogen.

Für eine ganz andere Richtung, die südamerikanisch-karibische Färbung des Jazz steht Jeff Gardner, der bei Nadia Boulanger studiert hat und u.a. mit den legendären Pianisten Jaki Byard und Martial Solal im Duo gespielt hat. Bevor er nach Brasilien zog, hatte er mit vielen New Yorker Modern Jazz-Stars gespielt und Literatur-Vertonungen vor allem von Paul Auster vorgelegt. Gardner ist außerdem einer der renommiertesten Autoren von Jazzpiano-Lehrbüchern.

Diese pädagogische Ausnahmestellung verbindet ihn und Laszlo Gardony mit Christoph Spendel. In Düsseldorf ausgebildet, spielte Spendel früh mit Größen wie Albert Mangelsdorff und Hans Koller, bevor er mit spektakulären Auftritten bei den Berliner Jazztagen und dem Montreux Festival, aber auch mit der Smooth-Jazz-Band Special EFX zu einem der wenigen auch in den USA anerkannten deutschen Jazzer wurde. Trotzdem hat er sich immer auf die europäische Tradition der Melodik und Harmonik berufen. Sein Wissen hat Spendel als Professor an der Musikhochschule Frankfurt viele Jahre lang weitergegeben.

Und last but not least Cornelius Claudio Kreusch selbst: Kreusch, der in Ottobrunn aufwuchs und am Gymnasium Ottobrunn sein Abitur machte, arbeitete mit Größen wie Herbie Hancock, Bobby McFerrin, Salif Keïta, Kenny Garrett, Bobby Watson, Greg Osby, Anthony Cox und Will Calhoun. Er studierte am Berklee College of Music in Boston, an der Manhattan School of Music und mit den Jazz Legenden Jaki Byard und Mal Waldron. Er war Finalist bei der Great American Jazz Piano Competition '95, gewann den ersten Preis in der Kategorie Jazz bei der International Songwriting Competition 2002 und andere Auszeichnungen.

Oliver Hochkeppel

Zur Vertiefung Workshops

Am Samstag, den 5. Dezember ab 10.00 Uhr werden alle Künstler ganz besondere Einblicke in ihre Kunst geben und jeweils einen Workshop leiten. Nähere Informationen zum Ablauf gibt es im Wolf-Ferrari-Haus unter Tel. 608 08-301, wfh@ottobrunn.de oder www.ottobrunner-konzerte.com

Artikel vom 12.11.2015
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