Üble Betrugsmasche

Betrüger verkaufen Flüchtlingen Auskünfte als Fahrscheine

Bahn und Bundespolizei warnen Flüchtlinge in verschiedenen Sprachen vor den betrügerischen Methoden angeblicher freundlicher Helfer.	Foto: Bundespolizei

Bahn und Bundespolizei warnen Flüchtlinge in verschiedenen Sprachen vor den betrügerischen Methoden angeblicher freundlicher Helfer. Foto: Bundespolizei

München · Menschen, die mit der Not anderer Geld ergaunern – viel niedriger und schäbiger geht’s wohl kaum noch. Die Münchner Bundespolizei berichtet von Betrügereien beim Verkauf von »Bahn-Fahrkarten« an Flüchtlinge, die aufgrund ihrer sprachlichen Defizite das Dokument, das sie erwerben, nicht als nahezu wertlose Fahrscheinauskunft erkennen.

Die Betrüger können weiter ihrem miesen Geschäft nachgehen, denn viele Opfer scheuen sich, den Betrug bei der Polizei anzuzeigen.

Bundespolizei München behandelt derzeit über 40 Betrugsfälle

Das sei gar nicht so ungewöhnlich, erklärt Polizeisprecher Wolfgang Hauner. In Fällen des Fahrkartenbetrugs an Migranten nehme die Zahl Anzeigen derzeit zwar ab, »die Dunkelziffer dürfte aber erheblich sein«. Die Bundespolizei geht nicht von geringeren Fallzahlen aus. Viel mehr würden die Betrüger immer findiger. So verlassen sie nach der Anbahnung des Geschäfts den Bahnhof. Geld und Fahrplanauskunft wechseln dann außerhalb der Videoüberwachung den Besitzer. Außerdem suchten sie sich immer häufiger Migranten aus, die zu Familienangehörigen oder Bekannten wollen und sich deshalb auch erst an von ihnen selbst bestimmten Orten registrieren lassen wollen. Wenn Sie den Betrug bemerken, haben die Migranten keine Veranlassung etwas anzuzeigen, selbst wenn sie um mehrere hundert Euro betrogen wurden. »Sie scheuen den Kontakt zur Polizei, weil sie dann einer Registrierung unterzogen werden«, so der Polizeisprecher. Nachdem am Münchner Hauptbahnhof immer weniger Flüchtlinge ankommen, weichen die Betrüger an Orte aus, wo sie mehr Opfer finden können. Auf diese Weise entziehen sie sich dem Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei. So auch im jüngsten Fall, den eine Streife der Bundespolizei am 22. Oktober am Hauptbahnhof erlebte.

Dabei war ein 18-jähriger Syrer Opfer eines Betruges geworden. Ein unbekannter Täter, der sich als Somalier ausgab, verkaufte ihm eine Fahrplanauskunft als Fahrschein von München nach Hamburg. Kostenpunkt: 426 Euro. Die Anbahnung dazu fand in einem Zug von Passau nach München statt. Ausgangspunkt war eine syrische Familie. Sie baten den späteren Betrüger um Hilfe. Mit dessen Handy wollten sie ihren Sohn anrufen, der sich ebenfalls in Deutschland aufhält. Im Laufe des Gesprächs bot der Mann der Familie Fahrkarten von München nach Hamburg an. Die Familie war jedoch im Besitz von nur 15 Euro. Ein ebenfalls im Zug mitreisender 18-jähriger Syrer, der auch nach Skandinavien wollte, half der Familie nach deren Bitten mit Bargeld aus.

Der Betrüger bot an, in München am Fahrkartenautomat die Tickets zu besorgen. Der junge Syrer gab dem Mann am Automaten einen 100-Euro-Schein. Unter dem Vorwand, der Automat nehme höchstens 50-Euro-Scheine, informierte der Betrüger einen Bekannten am Hauptbahnhof, der die Tickets mit einer Bankkarte zahlen und das Geld in bar von dem 18-Jährigen bekommen sollte.

Am Fahrscheinautomaten druckte einer der Betrüger eine Fahrplanauskunft für den 18-jährigen Syrer und die ihn begleitende, zweiköpfige Familie aus.

Er nahm das Geld, 426 Euro, entgegen und übergab die vermeintlichen Fahrscheine. Danach verwies der Verkäufer auf Gleis 23, wo am nächsten Vormittag um 10.55 Uhr der Zug nach Hamburg abfahren würde.

Im weiteren Verlauf der Nacht erfuhr der 18-Jährige dann im Gespräch mit anderen Landsleuten, dass er keinen Fahrschein, sondern lediglich eine Fahrplanauskunft bezahlt hätte. Daraufhin wandte er sich an die Bundespolizei, die die Videoaufzeichnungen vom Hauptbahnhof ausgewertet hat. Der Täter ist der Polizei in der Vergangenheit bereits aufgefallen, die Identität ist jedoch noch nicht geklärt Bei der Bundespolizei in München werden derzeit mehr als 40 Betrugsfälle behandelt.

Die Schadenssumme beträgt rund 14.000 Euro. In 15 Fällen konnten bisher Tatverdächtige ermittelt werden.

Artikel vom 31.10.2015
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