»Belastungsgrenzen erreicht«

Haar · Jagdfeldschule und Hallenbad für 300 Flüchtlinge

Haar · Das Landratsamt München besetzt die Dreifachturnhalle der Jagdfeldschulen als Notunterkunft für 300 Flüchtlinge. Die Nachricht ist am Mittwochmittag im Rathaus eingegangen. Nahezu zeitgleich standen beim Hausmeister der Schule schon die Lieferanten mit Mobiliär vor der Tür.

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Einziehen sollen die ersten Flüchtlinge, darunter auch Familien, am Mittwoch nächster Woche. Aufgrund der räumlichen Situation werden auch die Gymnastikhalle der Grundschule sowie das Hallenbad geschlossen, weil die Sanitäreinrichtungen benötigt werden. Die Belegung der Halle in Haar wird nötig, weil die Aufstellung geplanter Traglufthallen in Grünwald und Unterföhring sich verzögern. Landrat Christoph Göbel teilte der Gemeinde mit, dass europaweit Container fehlen, die für die Innenausstattung benötigt werden. Der ungebrochene Zustrom von Flüchtlingen in den Münchner Raum mache es notwenig, auf den Notfallplan zurückzugreifen und feste Unterkünfte für die kommende kalte Jahreszeit bereitzustellen. Wöchentlich muss der Landkreis derzeit 90 Asylsuchende aufnehmen. Tendenz steigend. »Es steht außer Frage, dass wir den Flüchtlingen helfen müssen, aber diese Hauruck-Aktion setzt uns schon gewaltig unter Druck«, sagt Bürgermeisterin Gabriele Müller. »Ich hätte erwartet, dass wenigstens die Schulen eine kleine Mindestzeit erhalten, um sich zu organisieren.« Gut 1000 Gymnasiasten des Ernst-Mach-Gymnasiums und 500 Grundschüler müssen in den nächsten Wochen auf den Sportunterricht verzichten.

»Der Großteil der Stunden wird ausfallen müssen. Damit das Abitur nicht gefährdet wird, haben wir auf die Schnelle eine Lösung für die Abi-Klassen gefunden«, berichtet Oliver Eberle, Geschäftsführer des Sportparks Eglfind, der die Hallenbelegungen auch in den Schulen koordiniert. Für den restlichen Schul- und Vereinssport, der ausfallen muss, wird das eher nicht gelingen. Freie Kapazität an Sportflächen gibt es in Haar kaum noch, denn auch die Halle am vhs-Gesundheitszentrum ist seit Juni 2015 Notunterkunft. »Alle sind enger zusammengerückt, damit die vhs-Kurse weiter stattfinden können«, freut sich Gabriele Müller, die auch Vorsitzende der vhs in Haar ist. Der Umzug der 65 jungen Männer verzögert sich seit Wochen, könnte jetzt aber bevorstehen. Landrat Göbel hat auf die dringende Bitte der Haarer Bürgermeisterin heute angeordnet, dass die Halle schnellstmöglich geräumt wird. »Das Privateste, was diese jungen Männer haben, ist zu viert ein gemeinsamer Mülleimer«, so Gabriele Müller. »Die Belastungsgrenzen sind erreicht. Die Männer sitzen ohne Beschäftigung seit Monaten aufeinander. Einige besuchen Sprachkurse und sind aktiv, andere verschließen sich. Der Helferkreis hätte sich doch ganz anders einbringen können, wenn wir gewusst hätten, wie lange die Männer bei uns bleiben«.

Zuständig für die Unterbringung der Flüchtlinge und die Infrastruktur vor Ort ist das Landratsamt. »Aber das ist die reine Theorie«, so Müller. »Ich habe Hochachtung, was im Landratsamt geleistet wird. Aber auch unser kommunales und ehrenamtliches Netzwerk sind gefordert. Nur wenn wir uns vor Ort um die Menschen und auch um die kleinen Dinge kümmern, gelingt die Integration. Wir arbeiten dafür – in den nächsten Wochen noch ein bisschen mehr.«

Artikel vom 10.10.2015
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