Johannes Singhammer (CSU) zur aktuellen Flüchtlingsproblematik

Deutschland allein kann das Flüchtlingsproblem nicht lösen

Johannes Singhammer

Johannes Singhammer

München · Tausende Flüchtlinge kommen über Ungarn nach München. Was sagen die Münchner Bundestagsabgeordneten der Berliner Regierungskoalition dazu? Antworten von Johannes Singhammer (CSU, München-Nord).

Wie kann die Politik Vorbehalte, Verunsicherung und Ängste der Bürger entkräften? Wird das in ausreichender Form gemacht?

Johannes Singhammer: Das Verhalten der Menschen am Wochenende hat gezeigt, dass die Münchnerinnen und Münchner Menschen in Not mit größter Hilfsbereitschaft gegentreten. Mitmenschlichkeit ist eine christliche Herzenstugend und keine politische Position. Informationen sind das Wichtigste. Als es im letzten Herbst mit dem Zustrom begann und wir im Münchner Norden mit der Bayern-Kaserne eine sehr angespannte Lage hatten, da habe ich mit anderen Mandatsträgern zu einem Bürgerdialog eingeladen, um Probleme offen anzusprechen und zu versuchen diese zu lösen. Die Politik muss aber auch klar sagen, was an Belastungen auf die Menschen zukommt, wenn es in größerem Ausmaß Tag für Tag mit dem Zustrom so weiter geht. Und wir müssen eine europäische Lösung dafür finden, denn Deutschland allein kann das Flüchtlingsproblem nicht lösen. Das wissen auch unsere Bürgerinnen und Bürger und erwarten zu recht eine politische Lösung.

Um die Flüchtlingsströme zu verringern, muss die Situation in den Herkunftsländern verbessert werden. Wie kann das Ihrer Meinung nach in Syrien umgesetzt werden?

Johannes Singhammer: In Syrien herrscht Krieg, daher wird auch nahezu jeder Syrer als Flüchtling anerkannt und erhält ein Aufenthaltsrecht. Wir sollten unbedingt versuchen mit unseren Partnern Sicherheitsregionen zu stabilisieren, damit die Menschen nicht nach Europa flüchten müssen.

Auch in den Balkanländern, aus denen zurzeit zahlreiche Menschen nach Deutschland kommen und um Asyl ersuchen, herrschen zum Teil sehr schwierige Lebensumstände. Muss die deutsche Politik hier nicht auch darauf hinwirken, dass die Lebensumstände in diesen Ländern nachhaltig verbessert werden?

Johannes Singhammer: Ich war erst Mitte August privat mit meinen eigenen Pkw auf dem Balkan unterwegs, auch in Albanien. Ein wunderschöner Teil des Balkans mit einer fantastischen Landschaft, sauberer intakter Umwelt, freundlichen Menschen, aber arm. Viele Flüchtlinge kommen aus Albanien zu uns, ohne jede Chance in Deutschland anerkannt zu werden. Darüber habe ich auch mit der politischen Regierungsspitze in Albanien gesprochen. Die albanische Regierung sagt: »Wir wollen, dass die Menschen in Albanien bleiben, wir brauchen sie für die Entwicklung unseres Landes dringend.« Die albanische Regierung ruft in Pressekonferenzen mit dem deutschen Botschafter dazu auf, nicht nach Deutschland zu fahren und zu versuchen auszuwandern. Der richtige Weg ist daher: Albanien zu helfen, zum Beispiel die Tourismuswirtschaft aufzubauen, damit dort Arbeitsplätze entstehen und vor allem die jungen Menschen eine Perspektive in ihrer eigenen Heimat finden.

Wie bewerten Sie die Vorgänge am Münchner Hauptbahnhof, wo zahlreiche freiwillige Helfer die Betreuung der ankommenden Flüchtlinge übernehmen, während der Staat sich auf seine minimalen Aufgaben zurückzieht?

Johannes Singhammer: Die Hilfsbereitschaft der Münchnerinnen und Münchner ist ganz außerordentlich und München leuchtet damit. Aber das heißt nicht, dass die staatlichen Behörden nicht ebenso aktiv waren. Ich denke an die vielen Polizeibeamten, die mit großer Freundlichkeit den Menschenansturm gelenkt haben, an die Mitarbeiter bei der Deutschen Bahn, aber auch die Mitarbeiter der Landeshauptstadt München und vieler anderer staatlicher, caritativer, kirchlicher und sozialer Einrichtungen. Es geht nicht um ein personelles Aufrechnen, sondern um ein Hand in Hand, um Miteinander.

Artikel vom 09.09.2015
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