Exkursion zu den Schatten des Krieges

Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge im »Kessel von Halbe«

Die Volksbund-Besuchergruppe vor dem zentralen Denkmal am Soldatenfriedhof von Halbe, rechts die Sammler aus Grafing und Steinhöring.  	Foto: Otto Hartl

Die Volksbund-Besuchergruppe vor dem zentralen Denkmal am Soldatenfriedhof von Halbe, rechts die Sammler aus Grafing und Steinhöring. Foto: Otto Hartl

Ebersberg · Ende Oktober bis Anfang November jeden Jahres sind die Sammler des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (gegründet 1919) unterwegs, um für die Soldatenfriedhöfe in aller Welt Spenden zu sammeln.

Der gemeinnützige Verein widmet sich im Auftrag der Bundesregierung der Aufgabe die Gräber der deutschen Kriegstoten im In- und Ausland zu erfassen, zu erhalten und zu pflegen. Es sind 832 Gedenkstätten in 45 Staaten mit 2,7 Millionen Kriegstoten in aller Welt. Seit 1953 führt der Volksbund internationale Jugendbegegnungen und Workcamps unter dem Motto "Versöhnung über den Gräbern - Arbeit für den Frieden" in ganz Europa durch. Im Rahmen einer Busreise zu ausgewählten Gedenkstätten können sich die erfolgreichen Sammler jährlich von der zweckgebundenen Verwendung der Spendengelder überzeugen. Dieses Jahr führte die Informationsreise des Volksbundes, Bezirk Oberbayern, über Bayreuth nach Berlin. Aus Grafing und Steinhörung haben fünf Sammler, auf eigene Kosten, an der Informationsreise teilgenommen.

Nach einem Zwischen-Stop in der Wagner-Stadt Bayreuth mit der Besichtigung der Kriegsgräberstätte St. Georgen führte die Reise am zweiten Tag in den „Kessel von Halbe“, südöstlich von Berlin. Hier befindet sich die größte deutsche Kriegsgräberstätte im Inland mit einer Bildungs- und Begegnungsstätte, sowie einem »Umbettungsdienst«. Der »Kessel von Halbe« bezeichnet die Einkesselung deutscher Truppen durch die Rote Armee Ende April 1945 bei der kleinen Ortschaft Halbe. Nach dem Zusammenbruch der 9.Armee im Raum Frankfurt/Oder und bei Cottbus wurden die kaum noch kampffähigen Reste in einem kleinen Waldgebiet zwischen Märkisch Buchholz und Halbe eingeschlossen. Entscheidend für die Schließung des Kessels waren Befehle aus dem Führerhauptquartier, die einen rechtzeitigen Rückzug nicht erlaubten. Die letzten gepanzerten Truppen brachen auf Befehl von General der Infanterie Theodor Busse, der zuvor ein Kapitulationsangebot abgelehnt hatte, am 25.April 1945 unter großen Verlusten aus dem Kessel aus. In der Schlacht von Halbe standen sich gegenüber: Die Rote Armee mit 45 Schützendivisionen, 13 Panzer-Brigaden (etwa 700 Panzer), eine Artilleriedivision (300 Geschütze). Die Wehrmacht mit 11 Infanteriedivisionen, zwei motorisierte Divisionen, eine Panzerdivision.

40.000 deutsche Soldaten und Zivilisten starben, dazu viele sowjetische Zwangsarbeiter. Die Verluste der Roten Armee betrugen 20.000 Tote. Etwa 120.000 deutsche Soldaten gerieten nach den Kämpfen in sowjetische Gefangenschaft, größtenteils Hitlerjungen, Männer des Reichsarbeitsdienstes und Fronterfahrene Soldaten. Einer von ihnen war der spätere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher. Etwa 22.000 Kriegstote wurden auf dem Waldfriedhof Halbe bestattet. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. schätzt, dass noch tausende Tote im Boden der Wälder um Halbe liegen. Um die sterblichen Überreste zu bergen, arbeiten die »Umbetter« des Volksbundes eng mit Sprengmeistern von Kampfmittel-Beseitigungsdiensten zusammen. Neben den vielen Toten liegen noch viele Blindgänger und Kriegsschrott im Boden.

Die Besucher aus Bayern waren beeindruckt und erschüttert über das gewaltige Ausmaß dieser »vergessenen Schlacht« von der keiner etwas wusste, da es kaum Dokumente, Fotos oder Filme gibt. An der Gedenkstätte ist der einzige hauptamtliche »Umbetter« des Volksbundes, Joachim Kozlowski, tätig, dessen gefährliche Arbeit in einer eindrucksvollen Dia-Dokumentation gezeigt wurde. Der letzte Tag der Informationsreise führte die Besucher nach Berlin (mit Stadtrundfahrt) sowie in die Henning-von-Tresckow-Kaserne in Geltow bei Potsdam/Brandenburg, wo eine Besichtigung im »Wald der Erinnerung« statt fand. Hier ehrt die Bundeswehr ihre toten Soldaten, die seit 1992 im Auslandseinsatz ihr Leben verloren. Einen Tag vor dem Volkstrauertag am 14.November 2014 wurde die Gedenkstätte auf dem Kasernengelände von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Bundespräsident Joachim Gauck eingeweiht. Gewidmet ist der »Wald der Erinnerung« allen im Bundeswehrdienst verstorbenen Soldaten und zivilen Beschäftigten. Gestaltung und Lage tragen aber vor allem den Auslandseinsätzen der Truppe Rechnung. In der Henning-von-Tresckow-Kaserne sitzt das Einsatzführungskommando, das die Einsätze plant und leitet. Auf sieben Stelen entlang eines etwa 150 Meter langen Weges sind in dem Wald die Namen der bei Auslandseinsätzen gestorbenen Bundeswehrsoldaten zu lesen, insgesamt 104 seit dem Jahr 1992.

Von ihnen wurden 37 in Gefechten getötet, davon wiederum 35 in Afghanistan. Weitere 67 Soldaten kamen durch »sonstige Umstände« wie Unfälle oder Suizide ums Leben. An jeder besuchten Volksbund-Gedenkstätte wurde von Jörg Raab, Geschäftsführer Bezirksverband Oberbayern, zusammen mit den Sammlern ein Ehren-Gebinde mit Kerze nieder gelegt und ein gemeinsames Gebet gesprochen. oha

Artikel vom 31.05.2015
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