Sichtbarer Ehrenplatz

Bogenhauser Bezirksausschuss fordert Denkmal für Thomas Mann

Die wiederhergestellte Thomas-Mann-Villa: Bogenhausens Politiker fordern jetzt ein Denkmal für den Literatur-Nobelpreisträger. Fotos:´hgb, NordOstKulturverein

Die wiederhergestellte Thomas-Mann-Villa: Bogenhausens Politiker fordern jetzt ein Denkmal für den Literatur-Nobelpreisträger. Fotos:´hgb, NordOstKulturverein

Bogenhausen · Er lebte fast 20 Jahre im Herzogpark: Thomas Mann. Ein Denkmal für den berühmten deutschen Schriftsteller hat Holger Machatschek von den Grünen im Bogenhauser Bezirksausschuss (BA 13) beantragt, die Lokalpolitiker stimmten einhellig zu. Hintergrund für die Forderung ist der 60. Todestag des Literatur-Nobelpreisträgers am 12. August. Tassilo Strobl (CSU) ergänzte das Ansinnen mit möglichen Standorten.

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Stadtrat Marian Offman, der im Kommunalparlament anwesend war, freute sich über den Vorstoß – denn die CSU-Fraktion im Münchner Rathaus hatte unlängst eine gleichlautende Anfrage vorgebracht, die vom Kulturreferat aber abgelehnt worden war. »Wir müssen weiter dranbleiben. Es muss ein Denkmal für Thomas Mann geben«, kommentierte Offman den BA-Beschluss. In seiner Antragsbegründung erläuterte Holger Machatschek: »Der Münchner Bürger und bedeutende Autor Thomas Mann verdient einen sichtbaren Ehrenplatz in der Stadt, die er zu seinem Lebensmittelpunkt gemacht hat. Hier hat er lange gelebt, geheiratet, ein Haus gebaut. Hier wollte er bleiben. Seine Vita und seine Meriten sind allgemein bekannt. Auf ein Denkmal wartet man bis heute.« Kollege Strobl attestierte: »Der Antrag ist eine sehr gute Idee.« Vorstellbar als Platz für ein Denkmal sei – so der CSU-Mann – die Grünfläche an der Montgelasstraße zwischen Thomas-Mann-Allee und Mauerkircherstraße oder die Wiese an der Poschingerstraße zwischen Thomas-Mann-Allee und Pienzenauerstraße. Holger Machatschek indes hält eine Diskussion um Standorte nicht für zielführend: »Der Stadtrat muss entscheiden und erst dann sehen wir weiter.«

Auf Nachfrage des Bogenhausener Anzeigers äußerte sich der Initiator indes als Privatmann. »Es muss keine Statue, keine Büste, kein Kopf sein. Ich kann mir durchaus eine moderne Denkmalform vorstellen, beispielsweise aus Karbon wie bei der Mae West«, meinte Machatschek. Der Standort sollte eine prominente Stelle sein, wo viele Leute vorbeigehen. »Das Denkmal muss gesehen werden«, sagte der Grünen-Politiker. Er nennt als Beispiel den Vorplatz am Hauptbahnhof, wenn er umgebaut ist. »Das wäre ein nobles Stadtentree«, so Machatschek. »Oder beim Literaturhaus in der Innenstadt. Auch vor der Thomas-Mann-Villa an der Poschingerstraße 1 würde es passen. Platz wäre ja da.« Thomas Mann, am 6. Juni 1875 in Lübeck geboren, entstammte einer reichen Patrizier- und Kaufmannsfamilie. 1891 hatte er das Gymnasium in der Obersekunda verlassen und war seiner Mutter und den Geschwistern nach München gefolgt, wo er dann 39 Jahre lang lebte. Zunächst arbeitete Mann als Volontär bei einer Versicherungsgesellschaft, dann als freier Schriftsteller sowie als Lektor und Korrektor bei der satirischen Zeitschrift »Simplicissimus«.

Im Februar 1905 heiratete er Katia Pringsheim, Tochter einer angesehenen Münchner Familie. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor. Die Manns lebten erst in Schwabing und zogen anschließend nach Bogenhausen – in die Mauerkircherstraße 13. Der leidenschaftliche Spaziergänger Thomas Mann startete von hier aus fast täglich mit seinem Hund Bauschan – verewigt in der Novelle »Herr und Hund« – zu Wanderungen durch die noch unbebaute, teils wilde Landschaft bis nach Unterföhring. In »Herr und Hund« beschreibt Mann auch den Herzogpark mit der Aussage: »Das ist kein Wald und kein Park, das ist ein Zaubergarten, nicht mehr und nicht weniger.« Heimat in der Villa »Poschi« Für seine große Familie benötigte Mann dann ein größeres Zuhause.

Er kaufte das riesige Grundstück an der Poschingerstraße 1 und ließ dort eine dreistöckige Villa bauen, die von seinen Kindern beim Bezug im Januar 1914 liebevoll »Poschi« genannt wurde. Das Bauprojekt hatte den Schriftsteller jedoch finanziell so mitgenommen, dass er sich nach eigenen Worten »zur allergrößten Sparsamkeit gezwungen sah.« Die regelmäßigen Abstecher in sein Stammlokal »Restauration Herzogparkquelle« (Mauerkircherstraße 40) zu Treffen auch mit Erich Kästner konnte er sich aber noch leisten. Wenige Tage nach Hitlers Machtergreifung 1933 war die Familie nach einer Reise nicht mehr zurückgekehrt, ins Exil in die Schweiz gegangen. Die Villa wurde beschlagnahmt, im 2. Weltkrieg durch Bomben schwer beschädigt. Nach der Rückerstattung ließen Thomas und Katia Mann das Gebäude 1952 abreißen.

Das Ruinengrundstück wurde an den Apotheker Otto Roeder verkauft – für 20.000 Mark. Roeder ließ darauf einen kleinen Bungalow bauen. Seine Erben veräußerten das Areal Ende der neunziger Jahre an Florian Haffa, der es seinerseits später dem Investmentbanker Alexander Dibelius verkaufte. Dieser ließ 2006 für kolportierte zehn Millionen Euro die Thomas-Mann-Villa nach den Originalplänen von 1913 restaurieren: 1200 Quadratmeter Wohnfläche auf sechs Ebenen, eine Bade- und Fitnessanlage, direkter Parkzugang. Vor wenigen Wochen hat das Prestigeobjekt erneut den Besitzer für angeblich mehr als 30 Millionen Euro gewechselt. Es ist damit Münchens teuerste Villa – und soll nach dem Willen des BA 13 bald nicht mehr das einzige Andenken an Thomas Mann in der Stadt sein.

Helmut G. Blessing

Artikel vom 17.03.2015
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