Wohnraumnot diskutiert

Gemeinde sucht Unterkunft für Asylbewerber

Brunnthal · Stürmische Zeiten auf dem Globus, Wohnungsnot und wirtschaftliche Entwurzelung: Problemthemen, die längst auch ihre Schatten auf Brunnthal werfen.

Die jüngste Kulturausschuss-Sitzung im Rathaus zeigte auf, dass auch in Brunnthal längst neue Zeiten angebrochen sind. Es gilt, Wohnraum zu schaffen für die Asylsuchenden aus aller Welt, für eine steigende Zahl an Obdachlosen und Entwurzelten und zudem auch nicht den Wohnanspruch der einheimischen Bevölkerung aus den Augen zu verlieren.

15 Flüchtlinge leben derzeit im Brunnthaler Pfarrhaus. »Allesamt sehr nette Menschen, fast ausschließlich Familien, es gibt keine Schwierigkeiten«, lobt Bürgermeister Stefan Kern (CSU) deren Eingliederung. Doch die Anforderungen werden weiter steigen. Spätestens im Frühjahr werden neue, große Flüchtlingsströme erwartet. Nach der geltenden Quotenregelung des Landkreises, wonach die Menschen nach Größe und finanzieller Prosperität auf die einzelnen Kommunen verteilt werden, spricht Kern mit Blick auf künftige Brunnthaler Kontingente von bis zu 38 Flüchtlingen. Damit nicht genug. Gesetzlich sind die Gemeinden verpflichtet, auch Obdachlose aufzunehmen und Wohnraum zu bieten. Sowohl Einheimische ohne Obdach als auch Flüchtlinge mit positivem Asylbescheid zählen darunter. Die Gemeinde macht sich seit geraumer Zeit Gedanken, wo überall und in welcher Wohn-Form sie die Menschen unterbringen soll. Kern warf im Kulturausschuss die Frage auf, ob man künftig auch in Brunnthal Wohnwägen und Container anschaffen solle, um die Menschen unterzubringen. Eine Frage, die durchaus kontroverse Ansichten und Einsichten zutage förderte.

Am weitesten vor preschte Kerns christsozialer Parteikollege Daniel Brenner. Er forderte in einem erst kurz vor der Sitzung eingereichten Antrag eine gesamtkonzeptionelle Unterbringungslösung für Flüchtlinge und Obdachlose und will die Betroffenen vor allem dezentral in kleinen Einheiten in den Ortsteilen der Splittergemeinde einquartieren. Dadurch sei laut Ansicht des Antragstellers wirkliche Integrationsarbeit in den Dörfern möglich. Es gelte schließlich, Brücken zu bauen. Brenner hatte seinen Antrag allerdings erst verspätet zur Sitzung eingebracht. Umfänglich behandelt wird das zwei Din-A-4-Seiten umfassende Konstrukt deshalb erst in einer der nächsten Sitzungen des Gemeinderates. Reaktionen auf das Papier gab es dennoch bereits im Kulturausschuss.

Für den Bürgermeister stand die künftige Ausrichtung bei der Unterbringung von Obdachlosen und Flüchtlingen im Vordergrund. Obdachlose seien bisher auf Kosten der Gemeinde allein in Pensionen der Umgebung und der Stadt München untergebracht worden.

Doch die aktuellen Entwicklungen zwängen die Gemeinde, auch über andere Möglichkeiten nachzudenken. Denn zum einen würden die Zahlen der von Obdachlosigkeit Betroffenen auch im eigenen Umfeld steigen. Zum anderen würden auch die Nächtigungen in den Pensionen immer kostenintensiver. Kern nannte Zahlen. Während man früher für 25 Euro ein Bett in einer Unterkunft bekommen habe, müsse die Gemeinde mittlerweile bis zu 60 Euro berappen. Weshalb die Gemeinde zweigleisig denken müsse und auch über die Anschaffung von Containern und Wohnwägen sinniert.

Doch es gibt auch Widerstände. Grünen-Mandatarin Miner etwa hielt eine künftige Unterbringung von Obdachlosen in Bauwägen oder Wohnwägen für »völlig untauglich«. Miner verwies in diesem Zusammenhang auch auf jüngste Erfahrungen beim Nachbarn Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Dort würden Menschen aufgrund der räumlichen Nöte bereits in Wohnwägen untergebracht. Bei einem Beinahe-Brand wegen defekter Heizung in einem Wohnwagen sei es fast zur Katastrophe gekommen – wenn die Bewohner nicht aufgewächt wären. Gleiches dürfe sich in Brunnthal nicht wiederholen. Wobei Rathauschef Kern bei der Unterbringung von Flüchtlingen ohnehin nicht an Wohnwägen denkt. »Gerade für Familien ist das völlig ungeeignet und viel zu eng«, so der Bürgermeister auf Nachfrage.

Stattdessen prüfe man in den Brunnthaler Dörfern verschiedene Immobilienoptionen. Kern sparte in diesem Zusammenhang nicht mit Kritik auch am Freistaat und der Regierung von Oberbayern. »Man kann nicht alles an die Kommunen delegieren und selbst die eigenen Möglichkeiten nicht ausschöpfen«, so der Brunnthaler Rathauschef mit Blick auf ein Gebäude-Reihenensemble in Hofolding. Dies befindet sich in staatlichem Eigentum und würde sich laut Kern bestens für eine Flüchtlingsunterbringung eignen. Doch der Staat wolle die Häuser abreissen und eine Neubausiedlung dort errichten. »Wir haben auf das Problem aufmerksam gemacht und stehen im Dialog«, versicherte er. Grundsätzlich könnten die Kommunen nicht alles leisten bei der Wohnraumschaffung. »Bei uns liegt das Geld nicht einfach herum«, warb Kern auch um Unterstützung für neue Einheimischen-Modelle – weil sich mittlerweile auch Alteingesessene mit gesichertem Einkommen das Leben im Münchner Speckgrürtel nicht mehr leisten könnten. RedB

Artikel vom 10.03.2015
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