Ungeheuer aufregend

Münchner Autorin liest bei der Leipziger Buchmesse

Maria-Jolanda Boselli ist Marie Bastide. Ihr Kopfkino kostet  Menschenleben, zum Glück nur in der Fiktion.	Foto: cr

Maria-Jolanda Boselli ist Marie Bastide. Ihr Kopfkino kostet Menschenleben, zum Glück nur in der Fiktion. Foto: cr

München · Ein genialer Koch, ein Ungeheuer im Wald und ein Kommissar, der seinen Geruchssinn verloren hat – alle drei zusammen, das gibt es nur im Film? Stimmt. Allerdings in einem Film, der nur im Kopf von Marie Bastide existiert. Die Münchner Autorin hat ihr Kopfkino zu Papier gebracht.

Herausgekommen ist der Roman »Miniataurus«, ihr erstes eigenes Buch. Daraus wird sie am 12. März im Landgericht Halle/Saale lesen. Im Rahmen der Veranstaltung »Halle liest mit« findet die 2. Kriminacht im Landgericht mit etablierten Autoren statt. Sie ist Begleitprogramm der Leipziger Buchmesse und für Marie Bastide ist die Einladung dorthin eine große Ehre, mit der sie nicht gerechnet hat. Schließlich ist sie, auch wenn sie schon seit vielen Jahren schreibt, doch ein Neuling. An Selbstbewusstsein mangelt es ihr nicht. Sie wollte selbst lesen und weiß auch, dass sie das gut kann. Grundlage ist ihre Schauspielausbildung. Beim Vorlesen konnte sie ihren Verlag und letztlich auch die Veranstalter überzeugen. Marie Bastide heißt eigentlich Maria-Jolanda Boselli, wohnt in Untermenzing und fühlt sich als Moosacherin. Dort hat sie lange gelebt. »Dann bin ich zwei Straßen weitergezogen und bin seitdem in Untermenzing«, erzählt sie. Aufgewachsen ist die Halbitalienerin in der Nähe von Hanau. Ein buntes Sammelsurium an Lebenserfahrung fließt in ihre Geschichten ein. Am Anfang von »Miniataurus« stand der geniale Koch, »eine verrückte Figur«, wie Boselli über ihn sagt. Sie muss es wissen, schließlich hat er all seine Charakterzüge von der Autorin erhalten. Er ist kein einfacher Charakter, aber einer, der genau so existieren könnte. Gereon Abendorf heißt er und läuft vielleicht so in München herum. Er ist das Ergebnis vieler Beobachtungen von anderen Menschen und deren Verhaltensweisen.

Weitere Figuren entstehen durch Beobachtung. Ariane, die Lebensgefährtin des Kochs; Sophie, eine Chemikerin, mit der Abendorf eine Affäre anfängt; der Kommissar, der einem mysteriösen Vorfall mit dem Ungeheuer im Wald nachgeht. Während sich die Akteure entwickeln, steht schon längst fest, wo die Geschichte spielen soll: einmal im »Wilden Hund«, einem ehemaligen Restaurant in Widdersberg, »das ich wieder zum Leben erwecke«, und einmal in San Miniato, einer Stadt in der Toskana, die für ihre weißen Trüffel bekannt ist. »Miniataurus« ist der Name des Ungeheuers, das im Wald bei San Miniato im Kampf ein Menschenleben fordert. Schreiben funktioniert bei Autoren ganz unterschiedlich. »Ich habe einen groben Plot, eine Struktur der Szene, die dann als Film in meinem Kopf abläuft. Den schreibe ich auf«, erläutert Boselli. Dabei entstehen die Details, die Atmosphäre, die Dialoge. Die Charaktere agieren eigenständig, die Autorin gibt den »roten Faden« vor. Dabei findet sie nichts schlimmer, als sich in Einzelheiten zu verlieren. Sie sagt überzeugt: »Eine Landschaft kann man in ein, zwei Sätzen beschreiben.« So kommt das Buch auf 130 Seiten geballte Spannung. Es ist ein Krimi, ein Thriller, ein bisschen Liebesgeschichte, es soll ein Bild des wahren Lebens sein.

Im wahren Leben gibt es auch Anosmie. So wird der Verlust des Geruchssinns bezeichnet. Gereon Abendorf hat einen sehr guten Geruchssinn, will diesen aber unbedingt schärfen, um selbst auf Trüffelsuche gehen zu können. Dafür beginnt er eine Affäre mit Sophie, die ein Mittel gegen Anosmie entwickelt hat und von dem er sich eine verstärkende Wirkung für seinen eigenen Geruchssinn erhofft. »Er ist furchtbar egomanisch«, meint Boselli, aber bevor man den Typen abstoßend finden kann, bekommt er schon wieder sympathische Züge. So kann jeder mit dem Koch, dessen Freundin, der Liebhaberin und dem Kommissar hoffen und leiden, aber auch genießen. »Miniataurus« ist ein Genuss-Krimi und das Essen spielt bei dem in der Fiktion sterndekorierten Koch Abendorf natürlich eine Rolle. Wie die Geschichte ausgeht, soll hier nicht verraten werden. Wie es im realen Leben weitergeht, weiß die Autorin schon: »Es ist ein Hörbuch von ›Miniataurus‹ in Planung.« Filmrechte gibt es auch. Nur den Film dazu, den gibt es bislang nur im Kopf von Marie Bastide. Noch.

Carsten Clever-Rott

Artikel vom 06.03.2015
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