Precobs bewährt sich

München · Wohnungseinbrüche: Software »liegt grundsätzlich richtig«

Kriminalhauptkommissar Wolfgang Inderst hält viel von »Precobs«. Auf dem Monitor sind die Gebiete, in denen ein Einbruch zu erwarten ist, rot dargestellt.	Foto: cr

Kriminalhauptkommissar Wolfgang Inderst hält viel von »Precobs«. Auf dem Monitor sind die Gebiete, in denen ein Einbruch zu erwarten ist, rot dargestellt. Foto: cr

München · Lassen sich Straftaten vorhersagen? Kriminalpsychologen und Hochschulwissenschaftler haben das tatsächlich nachgewiesen. Auf deren Erkenntnissen beruht die Funktionsweise von »Precobs«. Die Software wertet Falldaten von Einbruchsdelikten aus und kann daraus ermitteln, welche Anwesen im Umfeld eines aktuellen Deliktes die Aufmerksamkeit von Einbrechern auf sich zieht.

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»Precobs ist ein Analyseverfahren, das Einzeltaten mit statistischen Werten vergleicht«, erklärt Kriminalhauptkommissar Wolfgang Inderst von der Münchner Polizei. Die Software erstellt eine Prognose, ähnlich wie bei der Wettervorhersage, die auf Klimamodellen beruht. Und sie hat die gleichen Schwächen: »Nicht jede Prognose trifft zu«, schränkt Inderst ein. Wie hoch die tatsächliche Erfolgsquote ist, lässt sich jetzt noch nicht verlässlich nachweisen. Zum Einen ist Precobs in München erst seit Herbst im testweisen Einsatz, zum Anderen ist das Ziel die Prävention und ein abgeschreckter Einbrecher lässt sich statistisch nicht erfassen. Precobs ist nicht die Glaskugel, die die Zukunft exakt vorhersagt. Aber die Software kann Schwerpunkte errechnen und so die Polizeiarbeit effektiver machen. Schlägt Precobs Alarm, informieren Inderst oder einer seiner drei Mitarbeiter die örtlich zuständige Polizeiinspektion. Diese zeigt in den folgenden Tagen im betroffenen Gebiet mehr Präsenz und hält die Augen offen nach verdächtigen Vorgängen. Organisierte Einbrecher kommen in der Regel zum Tatort oder zumindest in den örtlichen Bereich zurück, da sie hier die meisten Erkenntnisse haben und wissen, wo was zu holen ist. Aber einen weiteren Einbruch wagen sie eher nicht, wenn die Polizei in der Nähe ist.

Grundsätzlich liege Precobs mit seinen Prognosen richtig, sagt Inderst. Es sei der Münchner Polizei auch schon gelungen, Täter auf frischer Tat zu ertappen, weil sie nach einem Precobs-Alarm bestimmte Gebiete genauer kontrolliert habe. Noch bis Ende März läuft der Testbetrieb der Software, die in Zürich erstmals in Europa eingesetzt wurde. Im Vorfeld zum Münchner Testbetrieb waren die Beamten in der Schweiz und haben das System unter die Lupe genommen. Demnächst wird eine Auswertung für München erfolgen und dann wird entschieden, ob Precobs hier weiterhin eingesetzt wird. »Die Übernahme ist wahrscheinlich«, vermutet Wolfgang Inderst. In der demnächst veröffentlichten polizeilichen Kriminalstatistik für München wird der Effekt von Precobs noch nicht zu sehen sein. Tatsächlich seien die Fallzahlen im Bereich Einbrüche im vergangenen Jahr gestiegen, seit Einsatzbeginn von Precobs aber wieder rückläufig. Dafür gehen die Deliktzahlen für ganz Bayern zurück, obwohl die Software vorläufig nur in München und Nürnberg eingesetzt wird.

Ein direkter Zusammenhang ist zum jetzigen Zeitpunkt also noch nicht nachweisbar. Dennoch sieht Inderst in Precobs eine große Unterstützung: »Damit sind wir schneller, einfach näher dran.« Der Faktor Zeit ist bei der Prävention von Einbrüchen von großer Bedeutung. Genauso wichtig ist aber auch die Aufmerksamkeit der Bürger. Die Polizei ist auf Hinweise angewiesen, kann nicht rund um die Uhr und überall alles im Blick haben. »Wenn ein Bürger etwas Verdächtiges sieht, am besten gleich den Notruf wählen. Verdächtig können Personen sein, die in der Nachbarschaft unbekannt sind und die Grundstücke von außen genauer anschauen, oder auch Transporter mit ortsfremden Kennzeichen, die langsam in einem Wohngebiet unterwegs sind.

Bei der Einschätzung solle man sich auf sein Bauchgefühl verlassen und im Bedarfsfall möglichst sofort unter der 110 die Polizei informieren. »Das kostet den Anrufer kein Geld, auch wenn sich herausstellt, dass es ein Fehlalarm war«, versucht Inderst, die gängigen Befürchtungen zu zerstreuen. »Es gibt in München keine gefährdeten Gebiete«, betont Wolfgang Inderst und spricht damit eventuelle Schwerpunkte im Wohnungseinbruch an. Auch im Vergleich mit anderen deutschen Städten stehe München meist besser da. Dennoch: Auch in München wird eingebrochen. Jeder Einbruch ist einer zu viel. Precobs allein kann das nicht verhindern, aber zumindest helfen.

Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 27.02.2015
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