Auf zur Bauernhochzeit

Die Poinger Faschingsbauernhochzeit feiert am Sonntag ihr 80. Jubiläum

Die Poinger Hochzeitsgesellschaft bei der letzten Bauernhochzeit in 2010. Am  Faschingssonntag, 15. Februar, ist es endlich wieder so weit. 	Foto: Alois Moser

Die Poinger Hochzeitsgesellschaft bei der letzten Bauernhochzeit in 2010. Am Faschingssonntag, 15. Februar, ist es endlich wieder so weit. Foto: Alois Moser

Poing · Die Gemeinde Poing weist nicht nur die höchste Geburtenrate Deutschlands auf, sondern auch die wohl skurrilste Hochzeitsgesellschaft. Alle fünf Jahre grassiert auf den Poinger Straßen, Plätzen und Gasthäusern das akute Hochzeitsfieber. So auch am kommenden Faschingssonntag, 15. Februar, wenn die berüchtigte »Poinger Faschingsbauernhochzeit« am Maibaum zelebriert wird.

Denn bei dieser bunten Gaudi bleibt kaum ein Auge trocken. Mit einer Gruppe Bauernsöhnen und junger Burschen der Gemeinde nahm alles 1935 seinen Anfang. Im Fasching 1935 beschloss man, eine lustige Bauernhochzeit durchzuführen, bei der nur Männer mitmachen durften. Und dies hat sich auch bis heute nicht geändert. Schon damals maskierten sich einige Männer als Frauen. Die Veranstaltung wurde zur großen Gaudi für jedermann und somit zum vollen Erfolg: Sie kam bei den Gemeindebürgern so gut an, dass die Mitwirkenden damals schon beschlossen, diese als »narrische Hochzeit« eingestufte Faschingsveranstaltung alle zehn Jahre durchzuführen. Das Vorhaben scheiterte zunächst an den Wirren des Zweiten Weltkrieges. Einige der Beteiligten mussten an die Front, den wenigen übrig gebliebenen jungen Männer war durch die Schicksalsschläge des Krieges zum Feiern nicht mehr zumute.

Nach Kriegsende erinnerten sich eine Handvoll Faschingsfreunde an die vorangegangenen gelungenen »Männerhochzeiten« und ließen 1949 / 50 diese etwas andere Faschingsgaudi wieder aufleben. Bei der turnusmäßigen dritten Veranstaltung 1960 übernahmen Mitglieder des örtlichen Fußballvereins TSV Poing die Organisation. Die Begeisterung war abermals groß, im nebenan gelegenen Liebhartsaal wurde nach der Trauung bis in die Morgenstunden ausgelassen und ergiebig gefeiert. Leider fanden sich 1970 keine Organisatoren, die Poinger Traditionsveranstaltung geriet vorübergehend ins Stocken. Doch aufgeben wollten die damaligen Fußballspieler nicht. Zusammen mit Abteilungsleiter Sepp Lang und dem damaligen Fußballtrainer Alois Moser wurde diese etwas kuriose Faschingsveranstaltung wieder zum Leben erweckt. Es fand sich wieder ein Paar und 1973 wurde unter sehr widrigen Witterungsverhältnissen, aber unter großem Anteil dieses Poinger Brauchtum fortgesetzt. Die damaligen Beteiligten kamen zum Entschluss, ab sofort in einem fünfjährigen Zyklus diesen Poinger Faschingshöhepunkt auf fünf Jahre zu verkürzen.

So ging es im fünf Jahres-Rhythmus bis 1998 weiter. Zwischenzeitlich wurde eine eigene Abteilung innerhalb des TSV Poing gegründet. 1988 kam es dann zur Trennung vom TSV, man wollte eigenständig werden. Ein eigener Verein unter dem Namen »D’Poinger Bauernhochzeiter« wurde gegründet. Als 1. Vorsitzenden wählten die damaligen 38 Mitglieder Alois Moser. Der Verein verfügt derzeit über 75 Mitglieder. Nach den folgenden gelungenen Veranstaltungen 1993 und 1998 mussten die Vorstandsmitglieder nicht lange überlegen, im Jahr 2000 eine zusätzliche Jubiläums-Hochzeit durchzuführen. Für den ersten Vorsitzenden Alois Moser, ein geborener Markt Schwabener, den es 1960 beruflich und auch sportlich nach Poing verschlug, wird diese 80-jährige Brauchtumspflege ein zusätzliches Jubiläum: »Es ist am 15. Februar 2015 meine zehnte Faschingsbauernhochzeit, die ich zusammen mit meinen Poinger Freunden organisieren darf.«

Freilich, eine Tradition, die erhalten und gepflegt werden muss, und die ohne das freiwillige Engagement und die Unterstützung schwerlich realisierbar ist: »Mir ist es ganz wichtig, dieses Brauchtum aufrechtzuerhalten. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit auch bei meinem Freund und unermüdlichen Helfer Kassier Edmund Müller bedanken, der mich seit Jahrzehnten vor Ort so tatkräftig unterstützt«, sagt Moser. Für die Poinger Faschingsbauernhochzeit 2015 sind die Vorbereitungen der »D’Bauernhochzeiter« so gut wie abgeschlossen: »Seit beinah einem halben Jahr sind wir jetzt mit der Vorstandschaft am planen.

Uns kommt zugute, dass uns mit Max Ascherl und den vielen Angelbrechtinger Mitwirkenden viele erfahrene und engagierte Faschingsfreunde mit Begeisterung unterstützen.« Dabei hatten die Hochzeitsplaner häufig mit bürokratischen Auflagen zu kämpfen, welche die Organisation der Festivität zusätzlich erschwerten. Moser: »Leider werden unsere sehr aufwendigen Tätigkeiten von vielen nervigen Behördengängen und oft mit unverständlichen Auflagen nicht gerade positiv beeinflusst. Erfreulich unterstützen uns die Gemeinde­verwaltung mit unserem Schirmherrn, 1. Bürgermeister Albert Hingerl, die Poinger Feuerwehr, das BRK und die Polizei, so weit es eben ihre Richtlinien zulassen.« Es liegt natürlich auch an den Poingern, sowie den Besuchern aus nah und fern, zu der Erhaltung dieser etwas anderen Faschingstradition beizutragen. Zumal die Poinger Faschingsbauernhochzeit nur alle fünf Jahre stattfindet.

Dabei ist den Organisatoren der »Bauernhochzeiter« mit einem finanziellen Beitrag von zwei Euro schon mehr als geholfen: »Es wäre schön, wenn sich die Zuschauer am Faschingssonntag beim Umzug recht zahlreich beim Kauf eines Festzeichens beteiligen würden. Der Obolus beträgt nur zwei Euro. Damit könnten wir vielleicht einen drohendes Defizit vermeiden. Schließlich sind am Hochzeitstag 30 Personen bei der Hochzeitsgesellschaft und zusätzlich an die 40 ehrenamtliche Helfer im Einsatz, damit das 80-jährige Jubiläum zur Zufriedenheit aller abläuft.«

Stefan Dohl

Tagesablauf der Poinger Bauernhochzeit am 15. Februar 2015

Ab 8.30 Uhr - Weckruf der Ottersberger Böllerschützen
Eintreffen der Braut mit Verwandtschaft in der Brennerei in Angelbrechting mit dem Hochzeitslader und den Unterbrunner Haderlumpen.

Ab 10.00 Uhr - Buntes Faschingstreiben mit DJ Ralph am Maibaum
Eintreffen des Brautpaares mit Verwandtschaft und Einstimmung zur Hochzeit des Jahres beim Lang-Hof mit der Poinger Blaskapelle.

13.13 Uhr - Trauung auf dem Podium des königlich bayerischen Standesamts (Liebhartterrasse).
Nach Beendigung der Trauung Umzug mit Kutschen, Ochsengespann, Wägen der Poinger Ortsvereine durch folgende Straßen: Hauptstraße – Bahnhofstraße – Rückfahrt – Bahnhofstraße – Hauptstraße – Anzingerstraße – Schulstraße – Rathausstraße bis zum Ziel Schulturnhalle Karl-Sittler-Straße. Nach dem Umzug wird in der Schulturnhalle, Karl-Sittler-Straße 12, bei Ehrentänzen und Aussingen durch den Hochzeitslader (»s’Erdäpfekraut«) groß gefeiert. In der Schulturnhalle folgen dann unter der Regie des Hochzeitsladers »s Erdäpfekraut« die Ehrentänze und das Aussingen. Bei Schweinsbraten und allerlei alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken, sowie Barbetrieb in der Aula, sorgen die Haderlumpen für Stimmungsmusik bis zum Ausklang. Bereits am Donnerstag, 12. Februar, findet um 19.00 Uhr in der Gaststätte Poinger Einkehr der Polterabend statt. Auch hierzu ist die Bevölkerung herzlich eingeladen.

Artikel vom 12.02.2015
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