Verkrustetes aufbrechen

Milbertshofen · Besinnliche Worte von Pfarrerin Anne Bickhardt von der Dankeskirche

Die Dankeskirche in Milbertshofen in weihnachtlicher Stimmung. (Foto rechts.) Pfarrerin Anne Bickhardt ruft auf zu einem beherzten Miteinander. 	Fotos: Pfarrei

Die Dankeskirche in Milbertshofen in weihnachtlicher Stimmung. (Foto rechts.) Pfarrerin Anne Bickhardt ruft auf zu einem beherzten Miteinander. Fotos: Pfarrei

Milbertshofen · Gedanken zu Weihnachten hat sich hier für Sie Pfarrerin Anne Bickhardt von der Evangelisch-Lutherischen Dankeskirche in Milbertshofen, gemacht.

»Alle Jahre wieder« freue ich mich an den schönen alten Traditionen, die mich auf Weih­nachten einstimmen: Kerzen, Singen, der besondere Duft. Seit ein paar Jahren gehört für mich auch eine neue Ge­schichte dazu: »Ein einsa­mer Rufer in der Sahelzone«, so könn­te sie hei­ßen. Ein einfacher Mann mit einer außergewöhnlich­en Idee bietet der Wüste die Stirn. Klingt verrückt. War es auch. Zu­mindest in den Augen der Dorfbe­wohner. Jahrelang hat Jacouba Sawado­go alleine gehackt. Fern den mickrigen Feldern der ande­ren, fern den Häusern seines Dor­fes im Norden von Burki­na Faso.

Mit einer einfachen Spitzha­cke brach er den völlig verkruste­ten und aus-getrockne­ten Bo­den auf und erweckte ihn wieder zu frucht­barem Land. Dabei half ihm »Zai«, eine von den Vor­fahren überliefer­te und von ihm weiter­entwickelte Metho­de, die es erlaubt, das wenige Wasser optimal zu speichern. Ya­couba hatte Erfolg. Aber auch Neider, die ihm ins allmäh­lich gedei­hende Handwerk pfuschten. Doch mit Gottes Hilfe, wie der fromme Muslim im­mer wieder betont, wuchs ein einzigarti­ger Wald­garten mitten in der Wüste: Kühle und Schatten, Vogel­gesang und Bienenges­umm, wo einst nur sengende Hitze war. Das Experiment macht Schule in der dürregeplag­ten Sahel­zone. In Scharen pilgern die Menschen zu dem mittlerweile 15 Hektar großen und arten­reichen Wald. Ya­couba hält Lehr­stunden für andere Bauern ab, empfängt Kran­ke, die aus den Heilpflanzen des Wal­des gewonnene Medizin erhalten, und Agrarexperten aus Euro­pa und Amerika. Sie alle kommen, um zu lernen. Beeindruckend zu sehen ist dies alles in Mark Dodds preisge­kröntem Film »The Man Who Stopped The Desert«. Mich berührt, wie hartnäckig dieser Mann an seiner Hoffnung festhält. Wider allen Augen­schein setzt er auf das Leben. Und trifft damit mitten hinein in das, was ich hier, im fernen Europa, als »Wüste« empfinde: Flüchtlingsdrama, Hungerskandal, die sich immer weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich auch hierzulande.

Yacoubas Weihnachtsbot­schaft an mich: »Hacken!« - so wie er den steinigen Wüstenboden bearbeiten, weiterma­chen, auch wenn manche sagen, die Probleme an­derer gingen uns nichts an. »Hacken«, weiter­machen, auch wenn viele sagen, es habe doch eh alles keinen Sinn. »Ha­cken«, weitermac­hen: immer wieder mal ein Loch in die Oberfläche schlagen, in die Tiefe gehen, den Versuch wa­gen, Samenkörner mit Hoffnung erden, Geduld üben, sich nicht entmuti­gen lassen, sondern beherzt handeln. So vieles ist möglich; manchmal mit ganz einfachen Mitteln. Und dann: »Schauen und staunen!« Sehen ler­nen, wie Lebensfeindliches sich verwandelt, wenn Verkrustetes aufbricht. Staunen, wie plötzlich neuer Lebensraum entsteht, wenn nichts mehr im Keim ersticken muss, sondern sich entfalten darf, wenn Teilhabe und Mit­einander möglich werden. Auch das ist Weihnachten! Gott kommt zur Welt und verwandelt unsere »Wüste« in Leben. Dass auch Sie etwas davon in Ihrem Weihnachten entdecken, wünscht Ihnen von Herzen Ihre Anne Bickhardt.

Artikel vom 23.12.2014
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