Das Hohe Haus

München · Diana Stachowitz über ihre Arbeit im Bayerischen Landtag

Die Abgeordnete Diana Stachowitz von der SPD.	Foto: ds

Die Abgeordnete Diana Stachowitz von der SPD. Foto: ds

München · Ob man es mit dem Ministerpräsidenten Horst Seehofer gut meint oder nicht – Diskretion ist bekanntlich nicht seine markanteste Charaktereigenschaft.

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Unvergessen seine »Schmutzeleien«-Vorwürfe in Richtung Intimfeind und Kabinettskollegen Markus Söder oder seine öffentliche »Hinrichtung« des ehemaligen Umweltministers Norbert Röttgen im Heute-Journal: »Sie dürfen das alles senden!« Die jüngste Spitze Seehofers sorgt seit kurzer Zeit für Aufregung. In kleiner Runde beschwerte sich der Ministerpräsident über das Niveau im Bayerischen Landtag und meinte, dass Welten zwischen München und Berlin liegen. Überraschenderweise geben gerade auch Oppositionspolitiker Seehofer Recht und beschweren sich über die Arbeitsweise und den Umgang im Hohen Haus. Hubert Aiwanger von den Freien Wählern meinte sogar, wenn es so weiter geht, könne man sich das Parlament gleich ganz sparen.
Höchste Zeit also, mit jemand zu sprechen, der im Landtag arbeitet.
Diana Stachowitz, Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Moosach von der SPD, hat mit dem Samstagsblatt über ihre Parlamentsarbeit und Perspektiven gesprochen.

Münchner Samstagsblatt: Frau Stachowitz, Sie sind seit 2008 im Bayerischen Landtag. Wenn Sie ans Redepult gehen, sind Sie dann noch aufgeregt?

Diana Stachowitz: Ein bisschen Aufregung ist natürlich immer noch dabei. Aber vor Publikum zu reden ist für uns Parlamentarier eine tägliche Aufgabe, deshalb sind wir darin geübt. Ich bin sehr konzentriert und stelle die Argumente der SPD-Fraktion engagiert dar. Dabei ist es mir wichtig, dass mich auch die Besucher auf der Tribüne und die Interessierten im Onlineplenum verstehen, und nicht nur die Fachleute. Vor allem lasse ich mich nicht durch Zwischenrufe provozieren. Wenn es wichtig ist, gehe ich allerdings darauf ein. Der Umgangston mit den Kollegen aller Fraktionen ist für mich respektvoll. Wir Parlamentarier haben da Vorbildcharakter. Das vermisse ich manchmal bei einigen Kollegen, und das gilt für alle Fraktionen.

Wie bereitet man sich auf eine Rede vor? Wie viele Leute arbeiten an einer Rede?

Diana Stachowitz: Ich rede zu meinen Fachthemen. Ich schöpfe bei meiner Rede aus einem großen Erfahrungsschatz aus Gesprächen mit Bürgern und Fachleuten. Für mich ist es wichtig, meine Argumente mit Beispielen zu belegen. Meine Kolleginnen recherchieren zusätzlich die neuesten Zahlen, wissenschaftlichen Materialien, Hintergründe, politische Analysen. Viel Zeit und Arbeit fließen in jede Rede. Natürlich skizziere ich im Vorfeld auch meine Argumentation. Die lese ich dann aber nicht wortwörtlich ab, sondern spreche frei und gezielt zu denjenigen, denen ich etwas sagen will.

Medien, Ministerpräsident und weite Teile der Opposition beschreiben das parlamentarische Auftreten und das Klima im Landtag als suboptimal. Wie ist ihre persönliche Einschätzung?

Diana Stachowitz: Die Regierungsfraktion mit ihrer absoluten Mehrheit hat kaum Interesse an unseren Vorschlägen. Als Opposition habe ich es seit 2008 noch nicht erlebt, dass die Mehrheitsfraktion auch nur ein Argument von uns positiv aufgenommen hätte. Oft finden wir allerdings nach einiger Zeit unsere Vorschläge auf CSU-Papier wieder. Das kann dann schon manchmal frustrierend sein.

Wie beurteilen Sie die Neueinteilung der Redezeit zu Gunsten der CSU?

Diana Stachowitz: Wenn man schon die absolute Mehrheit hat und in den Medien überproportional mehr Sendezeit im Fernsehen bekommt, finde ich die Neueinteilung kleinkariert, vor allem im Hinblick auf das Recht der Öffentlichkeit auf eine breite Meinungs- und Informationsvielfalt. Grundsätzlich würde ich aber die Redezeit in den Plenardebatten auf drei Minuten beschränken, damit das Zuhören für die Bürger interessanter wird. Die meisten Menschen haben nicht die Zeit, eine stundenlange Debatte zu verfolgen. So hätten die Zuhörer in 12 Minuten eine knackige Zusammenschau der wichtigsten Argumente.

Es gibt von Gerhard Polt den legendären Satz »Wir brauchen in Bayern keine Opposition, weil wir sind schon Demokraten!« Haben Sie das Gefühl, dass dieser Geist manchmal auf der Regierungsbank vor herrscht?

Diana Stachowitz: Natürlich ist es für eine Opposition schwierig, Themen einzubringen, wenn die Regierungspartei die absolute Mehrheit innehat. Aber die eigentliche parlamentarische Arbeit passiert ja nicht in den Plenarsitzungen, sondern in den Ausschüssen. Und dort gelingt es der Opposition schon immer wieder, gute und richtige Impulse einzubringen. Das kann dann so aussehen, dass wir einen Antrag stellen, der von der CSU-Mehrheit abgelehnt wird, aber dann von ihr selbst praktisch im Wortlaut übernommen und erneut eingebracht wird. Dann kommt es letztendlich darauf an, dass wir dem Wähler unsere Politik kommunizieren und deutlich machen, dass wir diejenigen waren, die die Entscheidungen ins Rollen gebracht haben.

Wie hält man als Opposition die Balance zwischen Kritik in der Sache und der Achtung des Gegenübers als Menschen?

Diana Stachowitz: Das ist in der Opposition nicht anders als in der Regierungspartei. Wir Parlamentarier sind uns unserer Verantwortung gegenüber den Wählern sehr wohl bewusst – und wir arbeiten hart und intensiv. Leider wird das in der Öffentlichkeit nicht immer so wahrgenommen, und leider haben auch die Medien daran ihren Anteil, wenn Politiker generell und in einem Rundumschlag karikiert werden. Aber wir sind mit Ernst bei der Sache, und dazu gehört, dass wir uns auch sachlich mit den unterschiedlichen Meinungen auseinandersetzen, schließlich geht es darum, zu politischen Ergebnissen zu kommen, die umgesetzt werden. Also: auf der Sachebene kann ich persönlich mit den meisten Kollegen gut zusammenarbeiten. Was die Öffentlichkeit in den Plenarsitzungen erlebt, ist weniger die Arbeitsrealität als der Schlagabtausch. Das ist ein bisschen wie eine Bühne, da wird sich präsentiert, da ist eigentlich immer Wahlkampf.

Liegen die Probleme des Parlaments auch damit zusammen, dass nur noch wenig vom Landtag selbst entschieden wird? Könnte eine Befragung der Regierung, vergleichbar mit dem englischen Unterhaus, neuen Schwung bringen?

Diana Stachowitz: Die Rededuelle für die Zuhörer attraktiver zu gestalten, ist bestimmt wichtig. Wir müssen da unseren eigenen Weg finden. Reformbedarf besteht auf jeden Fall. Ehrlicher wäre auch, mehr Fokus auf die Fachausschüsse zu legen. Denn da finden der intensive Austausch und die lösungsorientierten Diskussionen statt.

Zum Schluss – Es stehen wieder die Zeit der Vorsätze an, was würden Sie sich und ihren Kollegen für das nächste Jahr im Parlament wünschen?

Diana Stachowitz: Ehrlicher zu sein in den Antworten auf Probleme. Denn schwarz-weiß gibt es in der Politik nicht. Und dass wir über die Parteigrenzen hinweg konstruktiv an einer Politik arbeiten, die den Menschen in Bayern zugutekommt.

Von Marcus Ullrich

Artikel vom 21.11.2014
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