Ab sofort für alle da

Das neue Sozialbürgerhaus Giesing-Harlaching ist voll in Betrieb

Das SBH-Führungs-Duo Wenke Hentschel und Cornad Sottorf begreift vielseitige Aufgaben als echte Chance für die Allgemeinheit.	Foto: HH

Das SBH-Führungs-Duo Wenke Hentschel und Cornad Sottorf begreift vielseitige Aufgaben als echte Chance für die Allgemeinheit. Foto: HH

Giesing · »Extern klappt bereits alles bestens, intern läuft noch die Optimierung!« Conrad Sottorf als Chef des Hauses und der sozialen Dienste vor Ort ist mit Blick auf das nagelneu eröffnete Sozialbürgerhaus (SBH) Giesing-Harlaching an der ebenfalls neuen Werner-Schlierf-Straße 9 im neuen Agfapark mit der ersten Zwischenbilanz zufrieden.

»Es fehlen noch ein paar Schränke, Flyer und Infoaushänge – Aber größtenteils ist alles fertig und für die Kunden und Klienten hier im Haus läuft längst das volle Programm«, lässt sich ein alter Fahrensmann der Münchner Sozial-Behördlichkeit durch letzte Schönheitsfehler nicht schrecken. Auch die Wände, die derzeit noch sehr kahl und monoton frisch gestrichen doch eher freudlos wirken und noch eher urbehördlich daherkommen, sollen in den nächsten Wochen durch satte Bildmotive und Fotostrecken mitten aus dem Quart des neuen Zuständigkeitbereichs aufgelockert und freudvoller gestaltet werden.

Motive dürften sich genug finden. Denn die rund 135 Mitarbeitern des neuen Sozialbürgerhauses sind mit den beiden tragenden Säulen der wohnortnahen Sozialarbeit und des Jobcenters für rund 103.000 Menschen der Stadtteile Obergiesing-Fasangarten sowie Untergiesing-Harlaching wohnortnaher Ansprechpartner und Dienstleistungsanbieter. Mit dem Portfolio der unterschiedlichen Dienste, Angebote und Leistungen könnte man fast Bücher füllen. »Das Spektrum ist immens« unterstreichen Sottorf und seine Co-Leiterin Wenke Hentschel, die das Jobcenter im Hause verantwortet. »Wir halten viele Angebote für die Menschen im 17. und 18. Stadtbezirk vor und freuen, wenn sich die Leute an uns wenden!« rufen Sottdorf und Hentschel ihrem Klientel zur Eröffnung zu. Man spürt besonders bei Sottorf auch die Erleichterung über den Umzug. Jahrelang hatte das Sozialbürgerhaus 11 für Giesing und Harlaching seine »Interims«-Heimat an der fernen Streitfeldstraße in Berg am Laim. »Mit dem Rollator von der Hellabrunner Straße beim Tierpark nach Berg am Laim. – Das war für Menschen mit Behinderung oder ältere Bürger schon eine echte Belastung«, nennt Sottdorf ein Beispiel der noch vor kurzem eklatanten Distanzen. »Umso mehr sind wir jetzt glücklich, als letztes SBH stadtweit eine Heimat direkt und zentral im zu versorgenden Quartier gefunden zu haben«, sind sich die beiden Macher einig. »Der schmucke Neubau ist nach langer Suche der Stadt im schwierigen Münchner Mietumfeld ein Volltreffer«, findet Sottorf.

Diesen Immobilien-Volltreffer kann der Mieter Sozialbürghaus auch gut gebrauchen. Denn unter dem Dach des viergeschoßigen Neubaus bieten Jobcenter und Sozialbereich als regionale Fachstellen des Münchner Sozialreferates ein umfangreiches Portfolio unterschiedlichster Aufgabenprofile mit nur rund einem Viertel Überschneidung in den Aufgabenprofilen beider Teilbereiche. »Die Bürger stehen bei uns im Mittelpunkt und sollen durch das Haus geleitet werden, auch um die möglichen Synergien zu erkennen, dass bei uns auf kurzen Wegen gleich mehrere Anliegen und Nöte abgearbeitet werden können«, spielen Hentschel und Sottorf auf den Nutzwert dieses komprimierten Sozialtempels für den potentiellen Kunden an. Das Jobcentrum etwa deckt ein breites Spektrum ab und betreut Menschen, die erwerbstätig sind oder Arbeitslosengeld II beziehen. »Wir bieten Unterstützung bei der Suche nach Ausbildung und Arbeit, bei der Sicherung des Lebensunterhaltes für hilfsbedürftige Menschen und ihre Familien samt umfassender Beratung mithilfe auch von Bewerbungstraining und Coaching«, zählt Wenke Hentschel auf.

Als ausbebildete Drechslerin hatte sie selbst umfangreiche handwerkliche Berufserfahrung gesammelt, ehe sie nach einem Studim der Organisationswissenschaften, Soziologie und der Kommunikationswissenschaften bei der Agentur für Arbeit »anheuerte«. Zunächst ein Jahr als Hausleitung an der Streitfeldstraße, verwaltet die agile Werklerin nun das Jobcenter vor Ort. »Unser Spektrum umfasst auch Leistungen für Bildung und die Teilhabe für Kinder und Jugendliche gerade aus sozial schwächeren Haushalten an Nachhilfe-Angeboten, Mittagessen oder Ausflügen der Kindertagesstätten und Schulen«, kann Hentschel die enorme Vielfalt des Jobcenters nur in groben Zügen umreißen.

Die Mammutaufgabe »Soziales«

Conrad Sottorf, der mit dem Sozialbereich im SBH vor allem die zweite Säule verantwortet, braucht da nicht zurückzustehen. »Bei uns werden Hilfen zum Lebensunterhalt und zur Grundsicherung im Alter sowie bei Erwerbsminderung ebenso angeboten wie Unterstützungsleistungen in Gesundheit und Pflege, bei der Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten sowie Hilfen in sonstigen schwierigen Lebenslagen«, führt der erfahrene Fachmann aus. Sottdorf agiert seit 32 Jahren als Mitarbeiter des Sozialreferates und Diplom-Sozialpädagoge an den verschiedenen Schnittstellen des sozialen Lebens. 11 Jahre lang leitete er verschiedene Außenstellen des ASD. »Die Sozialbürgerhäuser selbst gibt es ja erst seit eineinhalb Jahrzehnten, als sich der Münchner Stadtrat zu dieser Interaktion entschlossen hatte. Die Vorläufer waren Allgemeine Sozialdienste und das Sozialreferat – heute ist alles besser und auf kürzeren Wegen koordiniert.«

Der Mann kennt als mittlerweile zehn Jahre lang erfahrener SBH-Leiter verschiedene Tempi und Entwicklungen. Dabei mutet insbesondere dieser Sozialbereich des Giesing-Harlachinger SBH als umfangreiches Geflecht an. »Hilfe in wirtschaftlichen Notsituationen, bei Partner- und Familienkonflikten, bei Fragen zur Trennung oder im Sorgerecht, bei Wohnproblemen und drohender Wohnungslosigkeit, bei Leistungen zur Bildungsteilhabe von Kindern und Jugendlichen versuchen wir abzufedern, was möglich ist«, erklärt der überzeugte Streiter für ein funktionierendes Sozialwesen. Sottorf liegt dabei ein Kernbereich besonders am (Handlungs-)Herzen: »Ein großer Teil unserer vielseitigen Arbeit spielt sich im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ab«, kommt Sottorf als ehemaliger Lehrer und Pädagoge in Fahrt. »Bei konkreten Gefährdungen müssen wir auch hoheitlich mit Zwangsmaßnahmen tätig werden – das wird uns oft vorgehalten.« Sottorf erklärt: »Wenn Kinder und Jugendliche im schwierigen und manchmal auch desolaten Familienumfeld gefährdet sind, dann haben wir zu agieren, um diese Schutzbefohlenen auch wirklich zu schützen«, erkärt der Mann mit erkennbarer Verve und der Überzeugung aus vielen Erfahrungsfällen. »Dann tauchen wir notfalls auch mit Polizei und Gerichtsvollzieher auf, um schlimmeres zu verhindern«, hebt Sottdorf auf eigene, elementare Aufgaben ab. Die damit nicht enden. Ehe-, Erziehungs- und Familienberatung, Kindertbetreuung und Kinderpflegebörse sowie Schuldnerberatung nennt der »Chef« weitere wichtige Felder des sozialen Wirkens seines Hauses.

»Giesing und Harlaching sind gewachsene Stadtregionen – und keine Krisengebiete«, beurteilt Sottorf sein Areal sozialen Wirkens und jenes seiner engagierten Mitarbeiter durchaus positiv. »Eine absolute Beurteilung ist immer schwierig, schließlich haben wir im SBH nur mit rund sieben Prozent der Einwohner Giesings und Harlachings auch wirklich zu tun.« Die Tendenz der Frequentierung der Einrichtungen des Hauses sei aber angesichts von steigenden Bewohnerzahlen im Stadtteil aufgrund von Großprojekten wie auf dem alten Agfa-Gelände oder demnächst auf dem alten Osram-Gelände eher »steigend«. Ein spezifisches »Problem-Kluster«, sind sich Hentschel und Sottorf einig, gibt es aber weder in Giesing, noch in Harlaching. »Wir haben zwar in Giesing einen höheren Migrationshintergrund als im Stadtdurchschnitt und in Harlaching auch mehr Scheidungen und Trennungen sowie unterschiedliche Strukturen im Vergleich von Giesing und Harlaching – doch auffällig sind diese Schwierigkeiten keinesfalls«, betont der SBH-Chef mit Blick auf lokale Gegebenheiten.

Sorgenfalten zeichnen sich auf Sottorfs und Hentschels Stirnen aber mit Blick auf die »wachsende Armut« auch in weiten Teilen von Wohlstands-München ab. »Auch wenn die Armut vor allem alt und weiblich bleibt«, beschreiben die beiden erfahrenen Sozialstrategen auch andere Problemstrukturen. »Armut ist vielgliedrig und nicht nur in Giesing mit seinen im Vergleich Harlaching schwierigeren Strukturen zuhause«, rücken Hentschel und Sottorf auch Vorurteile zurecht. »Armut resultiert auch aus psychischen Problemen, etwa in Folge von Scheidung und Trennung.« Dabei sei Harlaching sogar stärker als Giesing vertreten, verrät Sottorf. »Wir versuchen mit einer guten Koppelung auf die vielseitigen Problemstrukturen einzugehen und die Probleme der Menschen effektiv und sensibel zu bearbeiten«, umreissen die beiden ihre Intention eines funktionierenden sozialen Miteinander. »Dabei sind wir auch auf die Zusammenarbeit mit allen Akteuren in den Stadtvierteln angewiesen und suchen diese Kommunikation intensiv, verweist das engagierte Giesing-Harlachinger SBH-Führungsduo auch auf angestrebte Kooperationen, etwa mit gut vernetzten Strukturen von Regsam – aber auch mit anderen, sozial orientierten Organisationen und Institutionen in den beiden Stadtteilen. Bis dahin ist wohl auch die interne Optimierung im SBH abgeschlossen. Zielorientierte Sozial-Macher wie Wenke Hentschel und Conrad Sottorf vermitteln hier wenig Zweifel und reichlich Hoffnung. HH

SBH – Auf einen Blick

Giesing/Harlaching · Das SBH befindet sich in der Werner-Schlierf-Straße 9 inmitten des Agfa-Parks Die Öffnungszeiten: montags bis mittwochs zwischen 8 und 16 Uhr, donnerstags von 8 bis 17 Uhr. An den Freitagen zwischen 8 und 13 Uhr hat die soziale Anlaufstelle mit dem großen Angebotsspektrum von Jobcenter und Sozialem ihre Pforten für die Bürger aus Obergiesing-Fasangarten und Untergiesing-Harlaching geöffnet. Telefonisch ist die Einrichtung des Münchner Sozialreferates unter 23 39 68 07 / Soziales und 45 6 70 -2 00 / Jobcenter ebenso zu erreichen sowie unter sbh-gh.soz@muenchen.de (Bereich Soziales) und jobcentermuenchen.giesing-harlaching@jobcenter-ge.de HH

Artikel vom 18.11.2014
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