Schlimme Schicksale

Lichtergang und Lesung zum Gedenken an internierte Juden

Mittwochabend, 12. September 2014, zieht wieder ein Lichtergang durch Berg am Laim – hin zum  Gedenkstein am Johann-Michael-Fischer-Platz. Die Teilnehmer erinnern an die internierten Juden im Kloster der Barmherzigen Schwestern.	Foto: js

Mittwochabend, 12. September 2014, zieht wieder ein Lichtergang durch Berg am Laim – hin zum Gedenkstein am Johann-Michael-Fischer-Platz. Die Teilnehmer erinnern an die internierten Juden im Kloster der Barmherzigen Schwestern. Foto: js

Berg am Laim · Zum 27. Mal erinnert am Mittwoch, 12. November, der schon traditionelle Lichtergang an die Juden im ehemaligen Internierungslager im Kloster der Barmherzigen Schwestern in Berg am Laim.

Eingeleitet wird die Veranstaltung mit einer Lesung der Autorin Gisela Heidenreich, die in einem sogenannten »Lebensborn-Heim« geboren wurde. Die Einrichtung der Nazis verfolgte den Zweck, »arischen« Nachwuchs heranzuzüchten. »Ihre Biographien zeigen die andere Seite des Rassenwahns«, erklärt Erich Kasberger, Historiker und Mitorganisator des Lichtergangs in Berg am Laim.

Mit Heidenreich haben die Veranstalter eine Zeitzeugin eingeladen, die von ihren Erfahrungen als Opfer des nationalsozialistischen Terror-Regimes aus erster Hand berichten wird. »Uns ist es wichtig, Einzelschicksale in den Vordergrund zu stellen«, sagt Kasberger. Im Zentrum der Gedenkveranstaltung stünden die verfolgten Juden, betont Winfried Eckardt, Stadtbereichsleiter München Ost der Münchner Volkshochschule (MVHS), die sich seit sechs Jahren an der Organisation des Lichtergangs beteiligt.

Jedoch sei es angemessen, auch Heidenreich als Lebensborn-Kind zu Wort kommen zu lassen: »Diese Kinder wurden mit ihrer ungewissen Herkunft sich selbst überlassen.« Die Lebensborn-Heime waren anonyme Entbindungsanstalten und Kinderheime, in denen Frauen vor allem Kinder von SS-Soldaten zur Welt brachten. Ziel war die Schaffung einer nordischen Rasse nach den Vorstellungen des SS-Führers Heinrich Himmler. Oft seien Lebensborn-Heime in geräumten jüdischen Institutionen eingerichtet worden, erklärt Kasberger – etwa im ehemaligen jüdischen Altenheim in der Antonienstraße in Schwabing.

Die dort lebenden Juden kamen dann in Sammellager. Eines davon befand sich von 1941 bis 1943 im damaligen Nordflügel des Klosters der Barmherzigen Schwestern in der St.-Michael-Straße in Berg am Laim. Insgesamt seien dort laut Kasberger 500 Juden untergebracht worden. Viele von ihnen sind in Konzentrationslager wie Auschwitz verschleppt und ermordet worden. Die Klosterschwestern seien von den Nazis gezwungen worden, die Internierung der Juden in ihrem Haus zuzulassen, berichtet Erich Kasberger. Der Kontakt zu den Lagerinsassen sei streng untersagt gewesen. »Aber die Schwestern haben den Juden geholfen, wo sie konnten«, betont der Historiker.

Noch heute beteiligen sich zahlreiche Ordensmitglieder am Lichtergang. Im vergangenen Jahr nahm erstmals auch Charlotte Knobloch, die Vorsitzende der Israelischen Kultusgemeinde (IKG) teil. Die Lesung mit Gisela Heidenreich findet am Mittwoch um 19.00 Uhr im Altenheim in der St.-Michael-Straße statt, der Schweigemarsch zum Mahnmal am Johann-Michael-Fischer-Platz beginnt um 20.30 Uhr. Danach gibt es im Pfarrheim eine Gesprächsrunde. Der Eintritt ist frei. Julia Stark

Artikel vom 11.11.2014
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