»Es fehlte so vieles«

Bogenhausen · BA-Mitglied Brigitte Stengel hilft jugendlichen Flüchtlingen

Sie hatten nicht einmal Handtücher oder Waschlappen: Brigitte Stengel versorgte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im SBZ Fideliopark mit dem Allernötigsten. Im BA warb die engagierte Lokalpolitikerin um Spenden.	Foto: hgb

Sie hatten nicht einmal Handtücher oder Waschlappen: Brigitte Stengel versorgte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im SBZ Fideliopark mit dem Allernötigsten. Im BA warb die engagierte Lokalpolitikerin um Spenden. Foto: hgb

Bogenhausen · In ihrem Nachnamen steckt schon der »Engel«, das Symbol des Helfens, drin: Gemeint ist Brigitte Stengel. Die CSU-Politikerin, Mitglied im Bogenhauser Bezirksausschuss (BA), hatte die Not sofort erkannt. Und sofort gehandelt.

Der Anlass: Zwei Dutzend unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Alter zwischen 14 und 17, die im Spiel- und Begegnungszentrum (SBZ) Fideliopark untergebracht sind. Inzwischen agiert Stengel nicht mehr allein: Über die politischen Grenzen hinweg unterstützt die Vorsitzende des Untergremiums Bildung/Kultur/Sport/Soziales zusammen mit Christiane Hacker (SPD) die Jugendlichen.

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Es war Ende August, als BA-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser terminlich verhindert war und Stengel gebeten hatte, die gerade Angekommenen – allesamt Buben aus Irak, Syrien, Afghanistan, Eritrea, Ghana und einigen anderen afrikanischen Ländern – zu besuchen und zu begrüßen. »Ich war erschüttert, wahnsinnig erschüttert. Die Kinder schauten mit großen Augen Hilfe suchend drein«, schildert Stengel ihre ersten Eindrücke. »Die meisten hatten keine Schuhe, liefen in Flip-Flops rum. Es fehlte so vieles.«

Ein Szenario, das die 68-Jährige, die Jahrzehnte im Standesamt der Stadt München arbeitete, nicht ruhen ließ. Nach dem Tod ihres Mannes vor 16 Jahren hatte sie im Stadtbezirk 13 ehrenamtliche soziale Tätigkeiten übernommen. Als Seniorenbeauftragte im BA organisiert die leidenschaftliche Kuchenbäckerin beispielsweise seit sechs Jahren das monatliche Frühstück in St. Rita im Arabellapark.

Wegen der fehlenden Sachen im SBZ sprach Stengel sich mit den Sozialarbeitern ab, ging postwendend nach Hause, holte eine Tüte voll Waschlappen, Handtücher sowie Spielen und brachte sie den Buben. Der Anfang war gemacht. Viele angesprochene Nachbarn, Bekannte und Freunde spendeten unter anderem sofort dringend benötigte Bekleidung – und auch Geld. »Die Buben hatten keine Handtücher, mussten sich nach dem Duschen mit Geschirrtüchern abtrocknen«, erzählt die Politikerin. Eine große Freude bereitete sie den jungen Burschen mit Fußbällen: 1860-Fan Stengel hatte sie im Löwen-Shop kostenlos bekommen. Ebenso erfreut waren die Jugendlichen über die vielen Kuchen, die Anwohner für sie gebacken hatten.

Für die Schuhe der Jugendlichen, die von Beginn an fleißig Deutsch lernten, wurde jedoch Bares benötigt. Bei einer Tagung ihres Unterausschusses berichtete Stengel davon, bat um Geldspenden. 180 Euro kamen so zusammen. »Ich habe sofort sechs Paar Turnschuhe gekauft«, erzählt Brigitte Stengel. »Die Buben freuten sich riesig.« Alois Ebersberger, Pfarrer von St. Rita, gab spontan 100 Euro, später nochmals 200 Euro. »Ich war und bin überwältigt von der Spendenbereitschaft«, meint die Hobbygärtnerin. Auch viele weitere Bogenhauser haben geholfen. Auf der Bürgerversammlung Ende Oktober zitierte BA-Vorsitzende Pilz-Strasser ihre Kollegin Stengel: »Wenn jeder 50 Cent spendet, könnten dringend benötigte Schlafanzüge gekauft werden – und vielleicht bleibt auch was übrig als Anzahlung für eine Waschmaschine.« Das Ergebnis der Aktion: Eine Leinentasche voller Münzen und Scheine, gefüllt mit 500 Euro und ein paar Cent.

Eine Waschmaschine musste aber nicht angezahlt werden – ein Bürger hatte zwischenzeitlich eine geschenkt. »So blieben etwa 100 Euro übrig«, sagt Stengel. Damit erwarben sie und Kollegin Christiane Hacker in einem Drogeriemarkt Kulturbeutel samt Inhalt für die Jugendlichen – quasi ein Abschiedsgeschenk. »Denn jetzt werden sie Zug um Zug in feste Häuser verlegt, haben dann ein eigenes Zimmer. Es fällt schwer, wenn sie gehen, sie sind uns nämlich ans Herz gewachsen«, meint Stengel. Für den Umzug fehlen aber noch Koffer und Reisetaschen. Wer welche übrig hat, kann sie – wie auch Geldspenden – im Büro des SBZ abgeben.

Neue Flüchtlinge werden sicherlich kommen

Die Notfälle werden kaum abnehmen, neue Flüchtlinge werden sicherlich kommen. Die Unterbringung im SBZ läuft wohl weiter. »Die So-zialarbeiter arbeiten bis zum Anschlag«, erklärt Brigitte Stengel. Mit besorgter Miene meint sie: »Wir wissen nicht, wie lange – vielleicht bis Jahresende oder bis ins Frühjahr. Wir hängen in der Luft.« Helmut G. Blessing

Artikel vom 11.11.2014
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