63. Kulturstammtisch mit Dr. Charlotte Knobloch

Ottobrunn · Ein Leben für Versöhnung

Ottobrunn · Einen besonders spannenden und couragierten Talkgast können die Besucher des »Ottobrunner Kulturstammtischs« am Mittwoch, den 3. Dezember um 19.30 Uhr aus der Nähe erleben: Dr. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, ist eine Frau, die mit starkem Überlebenswillen, Mut und Tatkraft ihre Kindheit in Nazi-Deutschland überstanden hat, sich später ganz in den Dienst des Wiederaufbaus jüdischen Lebens in Deutschland gestellt hat. Bis heute engagiert sie sich gegen Antisemitismus in aller Welt.

In Ruth Eders populärer Talkshow, die bereits zum 63. Mal im »Ayinger-Ottobrunn« im Wolf-Ferrari-Haus über die »Bühne« geht, wird die Journalistin und Buchautorin ihrem Gast wie üblich sensibel und humorvoll auf den Zahn fühlen. Im Anschluss an das einstündige Gespräch können die Zuhörer selbst Fragen an den prominenten Gast stellen.

Aufgewachsen in Nazi-Deutschland

Charlotte Knobloch stammt aus der Familie des angesehenen Münchner Rechtsanwalts und Senators Fritz Neuland. Ihre nichtjüdische Mutter Margarethe konvertierte ihrem Mann zuliebe zum Judentum. Nach der Scheidung der Eltern wurde Charlotte von ihrer Großmutter Albertine Neuland erzogen, die 1944 im KZ Theresienstadt ermordet wurde. Ihr Vater brachte die kleine Charlotte bei einer ehemaligen Angestellten ihres Onkels in Sicherheit. Von der fränkischen Bauernfamilie aufgenommen, überlebte sie den Holocaust. 1951 heiratete sie Samuel Knobloch, einen Überlebenden des Krakauer Ghettos. Das Paar wollte zunächst in die USA auswandern, aber nach der Geburt der Kinder entschied es sich doch für München. Charlotte Knobloch ist inzwischen Witwe und hat drei Kinder sowie sieben Enkel.

Engagement für jüdisches Leben

Ihr Wirken ist aus dem Nachkriegsdeutschland bis heute nicht weg zu denken: Knobloch gründete die deutsche Sektion der »Women`s International Zionist Organisation« und war Schatzmeisterin des Frauenbundes in Deutschland. Während ihrer Zeit als Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München wurde das neue Jüdische Zentrum mit der Hauptsynagoge, dem Gemeindezentrum und dem Museum gebaut und bietet der inzwischen wieder auf rund 9.500 Mitglieder gewachsenen Jüdischen Gemeinde Platz. 2006 wurde sie zur Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland gewählt, trat aber 2010 nicht erneut zur Wahl an, um der jungen Generation Platz zu machen.

Mehrfache Auszeichnungen

Aber damit nicht genug: 2005 wurde Charlotte Knobloch für ihre Verdienste um das jüdische Leben in Deutschland und die Aussöhnung von Juden und Nicht-Juden Ehrenbürgerin der Stadt München. 2008 wurde sie mit dem großen Verdienstkreuz des Verdienstordens des Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. 2009 folgte die Ehrendoktorwürde der Universität Tel Aviv. 2010 erhielt sie das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, die höchste zivile Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland. Bis heute ist die 82-jährige unermüdlich ehrenamtlich in verschiedenen nationalen und internationalen Gremien tätig, unter anderem im Kuratorium der Ludwigs-Maximilians-Universität München. 2012 erschien ihre bewegende Autobiografie: »In Deutschland angekommen: Erinnerungen«.

Für den »Ottobrunner Kulturstammtisch« wird wie immer kein Eintritt erhoben. Der Veranstalter, Erster Bürgermeister Thomas Loderer, wirbt auch diesmal stattdessen für eine Spende zugunsten einer vom Talkgast ausgewählten sozialen Einrichtung. Charlotte Knobloch hat sich für die Kindertagesstätte der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern in der Möhlstraße entschieden. MO

Artikel vom 05.11.2014
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...