Gefeiert und vergessen

Erinnerung an den Münchner Fußballpionier Kurt Landauer

Landauer – Der Talk mit Rainer Koch (re. Bayerischer Fußballverband) und Robby Rajber (2. v. r. Maccabi München). Foto:mu

Landauer – Der Talk mit Rainer Koch (re. Bayerischer Fußballverband) und Robby Rajber (2. v. r. Maccabi München). Foto:mu

München · Der Gründungsmythos des einzigartig erfolgreichen FC Bayern München wird von den Chronisten folgendermaßen dargestellt: …

…Der junge und talentierte Franz Beckenbauer aus Giesing, damals noch weit von kaiserlichen Ehren entfernt, bekam in einem Jugendspiel eine saubere Watschn von einem Spieler des TSV München von 1860, weshalb sich Franz schwor, niemals für die »Blauen« zu spielen. Und das Ende ist bekannt: Bei den Löwen geht es immer noch turbulent zu und die Bayern reihten Meisterschaften, Cup-Siege und erfolgreiche Weihnachtsfeiern aneinander. Mit dem Gewinn des Triple 2013 scheint der FC Bayern endgültig der innovativste und erfolgreichste Verein der Welt zu sein.

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Wie alle Gründungsmythen ist auch dieser nicht ganz falsch, aber eben auch nicht vollkommen richtig. Den der FC Bayern München war schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein besonderer Verein, der Maßstäbe in vielen Bereichen setzte. Hauptgrund dafür war vor allem ein Mann, dessen Namen viele Münchner und Bayern-Fans nicht kennen – Kurt Landauer. Das Münchner Kindl Landauer führte als Präsident den FC Bayern zu seiner ersten Meisterschaft im Jahr 1932. In diesem Jahr wäre Landauer 130 Jahre geworden. Der Bayerische Rundfunk ehrt ihn mit einem Spielfilm »Landauer – der Präsident« am Mittwoch, 15. Oktober, um 20.15 Uhr, in der ARD. Ab 22.00 Uhr werden am gleichen Tag eine Dokumentation und eine Diskussionsrunde zu Kurt Landauer im Bayerischen Fernsehen gezeigt. Das Jüdische Museum München zeigt noch bis Sonntag, 26. Oktober, die neue Installation »Kurt Landauer Fanshop«.

Das Samstagsblatt bekam vor der Aufzeichnung des Landauer Talks im Jüdischen Museum am Jakobsplatz eine kleine Führung mit der Kuratorin Jutta Fleckenstein durch die Ausstellungsstücke. Wer war nun Kurt Landauer? Geboren wurde er 1884 als Sohn einer Münchner Familie, der ab 1901 im Tor des FC Bayern München stand. 1913 wurde er erstmals Präsident des Clubs. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde Landauer wegen seiner jüdischen Herkunft gezwungen, zurückzutreten. Er überlebte die Schoa im Genfer Exil, während seine vier Geschwister Paul, Franz, Leo und Gabriele dem nationalsozialistischen Terrorregime zum Opfer fielen. Trotz dieser Erfahrungen, Landauer wurde im KZ Dachau schwer misshandelt, kehrte er als einer der wenigen Emigranten nach München zurück. Der Verein, der Fußball und die Stadt waren sein Leben und so übernahm er auch nach dem Krieg noch einmal die Präsidentschaft des Vereins. Kuratorin Fleckenstein bezeichnet den Präsidenten als »Fußballvisionär, der tief in seiner bayerischen Heimat verwurzelt war«.

Landauer versuchte anderen Vereinen in der Liga immer einen Schritt voraus zu sein. Er holte erfahrene Trainer aus dem angelsächsischen und österreichischen Raum zum FC Bayern und organisierte Freundschaftsspiele mit Vereinen wie dem MTK Budapest, Tottenham Hotspur und dem FC Basel. Unter Landauer wurde das Spiel professioneller, Aufwandsentschädigungen wurden bezahlt, die Mitglieder- und Zuschauerzahlen stiegen deutlich an. Auch Weihnachtsfeiern gab es unter der Ägide Kurt Landauer bereits. Davon zeugt eine Einladungskarte aus dem Jahr 1928 in der Ausstellung. Die Karte ist eine der wenigen Originalstücke aus dem Leben des oft vergessenen Funktionärs. »Es ist sehr schwierig Exponate aus seinem Leben zu finden, aber wir konnten doch einiges zusammentragen«, zeigt sich Fleckenstein stolz. Die Ausstellung, gestaltet wie ein moderner Fanshop, versucht mit Zeugnissen der Vergangenheit den Weg Landauers darzustellen. Für die Ausstellung wurde ein eigener Fan-Schal mit dem Konterfei des Präsidenten konzipiert. »Wir haben auch sehr gerne ein populäres Thema wie Fußball gewählt, um noch mehr Menschen unser Museum näher zu bringen«, erklärt Fleckenstein.

Momentan läuft eine sehenswerte Ausstellung über den 1. Weltkrieg im Jüdischen Museum. Beim Landauer-Talk für den BR war Robby Rajber, Präsident von Maccabi München, zu Gast. Er zeigte sich begeistert von der Integration des Vereins in den Münchner Fußball und nannte Kurt Landauer ein Vorbild an Heimatverbundenheit für alle Münchner. Von Marcus Ullrich

Artikel vom 09.10.2014
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