»Sache der Menschlichkeit«

Freimann · Stadt und Ehrenamtliche kümmern sich um die zahlreichen Asylbewerber

BA-Vorsitzender Werner Lederer-Piloty (l.) sieht Unwissenheit als Quelle der Ängste von Anwohnern der Bayernkaserne.	Foto: js

BA-Vorsitzender Werner Lederer-Piloty (l.) sieht Unwissenheit als Quelle der Ängste von Anwohnern der Bayernkaserne. Foto: js

Freimann · Rund 1.800 Flüchtlinge leben derzeit in der Bayernkaserne. Einigen Anwohnern bereitet dies offenbar Sorge. Die Stadt hat nun ein Informationsblatt verteilt und will den Ausbau der sozialen Betreuung in der Unterkunft vorfinanzieren.

Die Aufnahme der Asylbewerber sei rechtlich vorgeschrieben und »auch eine Sache der Menschlichkeit«, mahnt Werner Lederer-Piloty (SPD), Vorsitzender des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann (BA 12). Neue Erstaufnahmeeinrichtungen sind in der Funkkaserne und am Euro-Industriepark geplant.

Die Kapazitäten auf dem ehemaligen Kasernengelände an der Heidemannstraße sind ausgeschöpft. Vorgesehen war die Flüchtlingsunterkunft ursprünglich für bis zu 1.200 Bewohner, nun sind dort etwa eineinhalb mal so viele Menschen untergebracht. Sie stammen größtenteils aus Syrien, Afghanistan, Nigeria und Eritrea und mussten aufgrund von Bürgerkriegen oder politischer Verfolgung aus ihren Heimatländern fliehen. Die Überbelegung der Erstaufnahmeeinrichtung habe in jüngster Zeit jedoch bei Anwohnern in der Nachbarschaft Unruhe ausgelöst, räumt Frank Boos, Sprecher des Sozialreferats der Stadt, ein.

Daher habe man in der vergangenen Woche an rund 20.000 Haushalte in der Umgebung der Bayernkaserne einen Flyer herausgegeben. Geplant sei, bis zum Jahresende nur noch 1.200 Flüchtlinge in der Unterkunft einzuquartieren, heißt es in dem Schreiben. Außerdem soll es künftig für jeweils 100 Asylbewerber einen Betreuer geben. Der Ferienausschuss des Stadtrats habe beschlossen, der Inneren Mission (IM), die für die soziale Betreuung der Flüchtlinge zuständig ist, die Kosten für das zusätzliche Personal vorzustrecken, berichtet Boos. Zuständig sei für die Asylbewerberunterkünfte zwar eigentlich die Regierung von Oberbayern: »Weil sich die Einrichtung im Stadtgebiet befindet, sind wir aber auch betroffen. Deshalb war es uns ein Anliegen, aktiv zu werden.« Jedoch hoffe man, dass der Freistaat das von der Stadt an die IM bezahlte Geld zurückerstatten werde. Bei der Informationspolitik habe die Regierung von Oberbayern versagt, rügt indes Lederer-Piloty. Auch der Bezirksausschuss hat kürzlich zur besseren Aufklärung der Anwohner auf eigene Kosten 7.000 Flugblätter verteilt. »Die meisten Ängste sind nämlich das Resultat von Unwissenheit«, erklärt der Vorsitzende des Stadtteilparlaments. Nach Auskünften der Polizei sei die Sicherheit im Viertel durch die gestiegenen Asylbewerberzahlen in der Bayernkaserne nicht gefährdet: »Kein einziges Mal ist es zu tätlichen Übergriffen gekommen.« Allerdings sei die Unsicherheit der Anwohner von rechtspopulistischen Gruppierungen missbraucht worden. Jedoch habe es bei den Auftritten der Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) vor der Bayernkaserne breite Gegendemonstrationen gegeben. Viele Bürger seien in der Flüchtlingsunterkunft auch ehrenamtlich aktiv, etwa bei der Betreuung von Schwangeren.

Entspannen könnte sich die Situation, wenn die neue Erstaufnahmeeinrichtung in der Funkkaserne eröffnet wird. Dort soll es in zwei ­Gebäuden 350 Plätze für Asylbewerber geben. Die Häuser hat Lederer-Piloty persönlich besichtigt. »Die Unterbringung ist sehr anständig, es gibt Spielräume für Kinder und die Zimmer sind mit Duschen und Toiletten ausgestattet«, lobt der BA-Chef. Wann die Unterkunft, die in erster Linie der Entlastung der Bayernkaserne dient, regulär bezogen werden kann, ist jedoch noch unklar. In der Anlage an der Heidemannstraße sind nämlich mehrere Fälle von Masern aufgetaucht. Da einige der Bewohner in die Funkkaserne umziehen sollten, müsse man abwarten, bis die Epidemie abgeklungen sei, um eine weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, sagt Regierungssprecher Florian Schlämmer. Kritisch sieht Lederer-Piloty das Vorhaben der Regierung von Oberbayern, an der Lotte-Branz-Straße im Euro-Industriepark eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung zu schaffen. ­Wegen des Mangels an Freiflächen sei der Standort für das Projekt nicht optimal geeignet. Entstehen sollen dort rund 350 bis 400 Plätze für Asylbewerber, das Baugenehmigungsverfahren wurde eingeleitet. Julia Stark

Artikel vom 02.09.2014
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