Von radikal weit entfernt

Ahmadiyya-Bewegung in Neufahrn: neuer Imam und eine eigene Moschee

Im Juni wurde aus dem Haus in Neufahrn eine »echte« Moschee, Imam Munawar Hussain Toor ist seit Juli dort.	Fotos: kw

Im Juni wurde aus dem Haus in Neufahrn eine »echte« Moschee, Imam Munawar Hussain Toor ist seit Juli dort. Fotos: kw

Neufahrn · In Neufahrn ist das Zentrum der Ahmadiyya-Bewegung, einer Sondergruppe unter den Muslimen mit deutschlandweit 35.000 Mitgliedern, für größte Teile Bayerns: Von hier aus werden zwölf sogenannte Ortsgemeinden von Hof über Nürnberg bis Augsburg betreut.

Eine Religionsgemeinschaft, die derart klein ist, dass sie mit solchen Flächenausdehnungen arbeiten muss, hat ihre ganz eigenen Probleme. Es ist Munawar Hussain Toor, der neue Imam der Ahmadiyya-Bewegung, der derart viele Dienstkilometer fahren muss.

Seit ersten Juli ist er von der Zentrale in Frankfurt am Main hierher beordert worden. Die Sondergruppe entstand 1884, nachdem der Gründer der Vereinigung behauptet hat, der Gesandte Allahs zu sein. Konsequent ist die kurze Selbstbeschreibung auch so abgefasst: »Muslime, die an den Verheißenen Messias und Imam Mahdi, Hadhrat Mirza Ghulam Ahmad Qadiani (as), glauben.« Das aktuelle Oberhaupt ist Hadhrat Khalifa-tul-Massih V – »Der fünfte Nachfolger des verheißenen Messias.« So der Internet-Auftritt der Bewegung. Das ist nicht unproblematisch. Die Ahmadiyyas werden von den Spitzenorganisationen des Islam gar nicht als Muslime anerkannt, gelten als Sekte. Munawar Hussain Toor sieht diese Ablehnung allerdings höchst einseitig. »Von unserer Seite nicht«, betonte er in einem Gespräch. Deutlicher werden die von der Bewegung veröffentlichten Texte zum Selbstverständnis der Bewegung: »Demnach ist sie keine Abspaltung innerhalb des Islam, sondern stellt vielmehr die Renaissance des tatsächlichen Islam dar. Die Ahmadiyya Muslim Jammat (AMJ) ist eine islamische Reformgemeinde von rein spirituellem Charakter.

Für sie lehrt der Islam im Kern zwei Dinge: Den Weg zu Gott zu finden und seiner Schöpfung zu dienen.« Und das wiederum hat konkrete Auswirkungen: In Pakistan beispielsweise werden Anhänger der Bewegung aktiv verfolgt, was wiederum dazu führt, dass immer wieder Ahmadiyyas in Deutschland Asyl beantragen, in einigen Fällen sind sie anerkannt worden. Diese Menschen bleiben in Deutschland und haben natürlich das Recht der Religionsausübung. Das geschieht in ihren eigenen Moscheen, von denen es allerdings nur wenige gibt. Der Aufbau entspricht dem der Moscheen: Gebetsnische Richtung Mekka, getrennte Räume für Männer und Frauen. Was fehlt, ist die Möglichkeit, gemeinsam zu feiern. »Dazu reicht der Platz nicht«, meinte Munawar Hussain Toor bedauernd. Neufahrn war lange »nur« ein Gebetszentrum, bis im Juni eine echte Moschee daraus wurde, mit einem kleinen Minarett vor dem Haus, das allerdings aus baurechtlichen Gründen die Firsthöhe des Gebäudes nicht überragt.

Immerhin – 31 Imame tun in Deutschland Dienst, und die in einigen Teilen Deutschlands bereits als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannte Religionsgemeinschaft finanziert sich ausschließlich aus Spenden der Mitglieder. Auch das Gebäude, das jetzt in Neufahrn als Moschee genutzt wird, konnte so eingerichtet werden. »Die Leute haben ein großes Herz«, so der Geistliche in dem Gespräch weiter. Bekannt ist die Bewegung auch dadurch, dass sie als einzige aktiv missioniert. Munawar Hussain Toor bestätigte das ausdrücklich. »Ja, wir missionieren auch«, sagte er, wurde aber, was das angeht, nicht genauer. Er hat für diese Zwecke aber gegenüber den Geistlichen der großen Moscheen des Dachverbandes »Ditib« einen strategischen Vorteil: Er spricht vergleichsweise hervorragend Deutsch. Die Ahmadiyya-Gemeinden haben weder einen politischen noch einen radikalen Flügel. Entsprechend groß war das Interesse der offiziellen Politik bei der Einweihung des kleinen Gotteshauses an der Massenhausener Straße. kw

Artikel vom 12.08.2014
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...