Bürger in Sorge

Die Asylbewerberunterkunft dominiert Bürgerversammlung

Ein Brennpunkt der Bürgerversammlung: Der Bau einer Flüchtlingsunterkunft in der Perlacher Nailastraße.	Foto: bus

Ein Brennpunkt der Bürgerversammlung: Der Bau einer Flüchtlingsunterkunft in der Perlacher Nailastraße. Foto: bus

Neuperlach/Perlach · »Es lohnt sich zur Bürgerversammlung zu gehen«, so der BA-Vorsitzende Thomas Kauer (CSU). »Denn hier erfährt man Neuigkeiten aus erster Hand, wie den nun beschlossenen Neubau der Grundschule am Karl-Marx-Ring.« Hier werde fünfzügig mit Ganztagsklassen neu gebaut. Das alte Schulgebäude komme erst weg, wenn die neue Grundschule bezugsfertig sei. Auch viele andere Neubaumaßnahmen stehen im 16. Stadtbezirk an.

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Extrem besorgt äußerten sich viele Bürger zum Bau einer Flüchtlingsunterkunft in der Nailastraße. Die meisten Anträge und Bürgervorsprachen drehten sich daher um dieses Thema. Josef Schmid, Zweiter Bürgermeister von München und Thomas Kauer gaben sich alle Mühe, den rund 400 anwesenden Bürgern die Sachlage zur Flüchtlingshilfe und -unterbringung zu erklären. Die Fakten kann man auch in einem Informationsblatt des Münchner Sozialreferats nachlesen, das vor der Bürgerversammlung an Anwohner ausgeteilt wurde. München ist wie alle anderen deutschen Städte gesetzlich verpflichtet, Flüchtlinge nach der Erstaufnahme bis zum Abschluss des Asylverfahrens aufzunehmen. Dieser Verwaltungsvorgang dauert meist mehrere Jahre. Anschließend dürfen und sollen die Asylbewerber nach einer positiven Anerkennung in Wohnungen ziehen und wie alle Bürger leben. Dazu müssen sie aber eine Wohnung finden. Die Zahl der Flüchtlinge steigt bundesweit an, allein München muss rund 200 Menschen pro Monat neu aufnehmen. Es müssen daher 2.400 Unterkunftsplätze an 20 Standorten eingerichtet werden, davon 700 für unbegleitete, minderjährige, meist traumatisierte Jugendliche aus Krisengebieten, wie momentan Syrien. Außerdem braucht die Stadt pro Jahr rund 80 Anschlussplätze für Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren. An der Nailastraße besitzt die Stadt München ein bebaubares Gelände. Hier werden 275 Bettplätze in einer festen Unterkunft gebaut. »Das Haus wird eine Betriebsdauer von 15 Jahren haben«, erklärte Bernd Schreyer vom Sozialreferat als Ansprechpartner des Amtes für Wohnen und Migration. »Wir haben in München keine große Auswahl an passenden Flächen. Mögliche Bauplätze stehen in Konkurrenz mit Schulgebäuden und Kitas, wie auch in ihrem Stadtteil der Fall. Natürlich können wir Privatbesitzer nicht enteignen. Deshalb bleibt uns nur übrig, die Flächen zu bebauen, die möglich sind.«

Laut Münchner Sozialreferat ist das »Ende der Fahnenstange« bei der Unterbringung von Flüchtlingen bereits erreicht. Hinzu kommen in der Landeshauptstadt noch Obdachlose, die Wohnraum brauchen. Die Perlacher Bürger dagegen wehrten sich mehrheitlich deutlich gegen den Neubau an der Nailastraße. Der dörfliche Charakter ihres Viertels sei bedroht, in den offenen Vorgärten befürchte man Eindringlinge und Lärmbelästigungen durch zu viele Menschen auf dem zu engen Raum der Bebauungsfläche. Sie sei nur so groß wie ein Fußballfeld und deshalb maximal für 60 Asylbewerber geeignet. Die vielen Flüchtlinge würden am Wochenende lärmen, so die Ruhe der berufstätigen Perlacher stören und damit sogar ihre Arbeitskraft schädigen, so die Argumentationskette. Der Standort sei ungeeignet, weil Infrastrukturen wie zur medizinischen Versorgung ebenso wie soziale und geeignete kulturelle Einrichtungen fehlten. Ein Unterkunftsbau am Grünzug beim Neuperlacher Krankenhaus, wo diese Strukturen vorhanden seien, wurde mehrheitlich von den Anwesenden befürwortet. Hier ist aber wahrscheinlich eine Grünfläche gesetzlich durch Widmung vorgegeben. Iris Wassill von der AfD lehnte »eine Verantwortung für die Welt und von Krisen betroffene Menschen ab«. Ihr Antrag, die Unterbringungszahlen für Flüchtlinge und Obdachlose aufgelistet nach Stadtbezirken vorzulegen, fand eine Mehrheit. Der Vorschlag von Sabine Herrmann, Flüchtlinge in Wohnungen bei Bürgern unterzubringen und so die Integration direkt zu fördern, wurde mehrheitlich abgelehnt. Auch wenn Sabine Herrmann so mehr Humanität erreichen und den Neubau in der Nailastraße vermeiden wollte. Stefanie Weber, die Bereichsleiterin für die Asylbewerberunterbringung bei der Regierung von Oberbayern stellte klar: »Wir machen nicht die Politik, sondern müssen die Anforderungen umsetzen. Sehr oft gibt es vor dem Bau und Einzug der Flüchtlinge riesige Bedenken der Anwohner gegen Unbekanntes. Wenn die Menschen da sind, zeigt sich immer, dass es keine Probleme, sondern gutes Miteinander gibt. Die Leute wollen sich von Schrecken erholen, ihre Kinder zur Schule schicken und das Leben meistern. Sehr hilfreich sind dabei soziale und auch ehrenamtliche Angebote wie Hausaufgabenbetreuung oder Sportaktivitäten.« Polizeilich auffällig sind die Flüchtlinge generell in München nicht, wie der Sprecher der Polizei bestätigte. Die Ereignisse seien ähnlich wie in Neuperlacher Wohnhäusern und insgesamt unauffällig.

Weitere Themen der Bürgerversammlung

Auch andere Neubauprojekte kamen in der Bürgerversammlung zur Sprache. Erfreulich ist die Einweihung der Bezirkssportanlage am Max-Reinhardt-Weg. In Bälde gebaut werden rund 1.100 Wohnungen an der Hochäckerstraße. Unbefriedigend ist hier weiter die Verkehrssituation. Auch westlich der Carl-Wery-Straße entstehen rund 280 neue Wohnungen. Und die P+R-Anlage wird um ein Parkhaus erweitert, um hier dem zunehmenden Pendlerstrom Rechnung zu tragen. Auch für das Piederstorfer-Gelände (wir berichteten) gibt es erste Planungen für etwa 1.300 Wohnungen. Hier sollen auf Antrag einer Bürgerin aus der Niederalmstraße die Anwohner sehr früh in das Planungsverfahren mit einbezogen werden. Sie möchte, dass hier ein Vorzeigeprojekt mit einer guten Durchmischung aller Altersstufen beispielhaft umgesetzt wird und hofft, dass sich München dabei an anderen Pilotstädten orientiert. Gestoppt seien nach neuesten Informationen aus Neubiberg die Planungen zur Südanbindung. Die Verkehrsprobleme des Perlacher Gewerbegebiets bleiben offen. Bereits auf einem guten Weg ist der barrierefreie Ausbau des Perlacher S-Bahnhofs, der auch von einer Bürgerin gefordert wurde. Er soll bis 2017 erfolgen. Um konkurrenzfähig zu bleiben wird das PEP erweitert. So kann es dem Bevölkerungszuwachs im Stadtbezirk und den Wohnungsneubauten direkt gegenüber auf dem Hanns-Seidel-Platz entsprechen.

Neue Radachse auf der Ständlerstraße

Eine bessere Radanbindung vom Stemplingeranger ins Life über die Ständlerstraße wünscht sich Barbara Trischler. Hier könnte doch eine Radtrasse auf dem Mittelstreifen entstehen, die man bis nach Harlaching ausbauen sollte. Die Stadt hat Sorge wegen der Brückenanbindungen, will den Antrag aber sorgfältig prüfen.

Quo vadis Gartenstadt?

Aus der Waldperlacher Gartenstadt meldete sich ein besorgter Bürger. Seit zehn Jahren habe man wegen des Wegfalls der Gartenstadtsatzung hier Probleme. Die hohen Bäume und der Grüngürtel seien für ganz München als ökologische Zone sehr erhaltenswert. Er sehe aber immer mehr Abholzung und Bebauung und hoffe auf Vorgaben der Stadt in dieser Legislaturperiode. Josef Schmid informierte, dass hier der Stadtrat gerade aktiv sei und sich bald etwas Konkretes als erster Versuch ergeben werde. Mit gemischten Gefühlen verließen viele Bürger den Mensasaal im Schulzentrum Quiddestraße. Einige, die wegen der Nailastraße gekommen waren und die Abläufe auf einer Bürgerversammlung noch nicht kannten, fühlten sich falsch behandelt.

bus

Platz für 275 Asylbewerber
  • Die Zahl der Flüchtlinge steigt dramatisch. Thomas Kauer (CSU), berichtet als BA-Vorsitzender von der überbordenden Auslastung der bestehenden Anlagen: »Heuer müssen stadtweit noch zwölf Anlagen entstehen. Ein Bauantrag für die Nailastraße liegt bereits vor. Wir müssen uns der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe stellen.« Der BA habe in dieser Sache keine Entscheidungsbefugnis. Es gehe daher nur um die gelungene Integration und Einfügung in Perlach und die Information der Bevölkerung. Die Unterkunftsanlage in der Nailastraße soll 275 Personen ein vorläufiges Zuhause geben. Geplant ist eine einstöckige, modulare Bauweise ohne Container. Zwei Gebäude und vielleicht ein Verwaltungsgebäude sind vorgesehen. Das zuständige Sozialreferat, das Amt für Wohnen und Migration und das Kommunalreferat rechnen mit einem hohen Familienanteil durchmischt mit Einzelpersonen. Die Herkunftsländer sind völlig offen und unprognostizierbar, denn keiner weiß heute, wo das nächste Krisengebiet nahe oder in den Grenzen Europas entsteht. In Betrieb soll die Unterkunft im Perlacher Gewerbegebiet bereits im zweiten Halbjahr 2015 gehen. Der BA beantragt deswegen schon heute eine ausreichende Kofinanzierung für die sozialpolitische Betreuung der Neuankömmlinge und plädiert dafür, den Wohlfahrtsverbänden finanzielle Sicherheit für diese Betreuung zu geben. Die Grünen brachten darüber hinaus einen Antrag für einen besseren Personalschlüssel für die Flüchtlingsbetreuung in Unterkunftsanlagen ein. Er liegt jetzt bei 1 zu 150 und soll voraussichtlich ohnehin auf 1 zu 100 für Fach-Sozialarbeiter gesenkt werden. Das ist laut BA 16 für die gute Betreuung der oftmals Traumatisierten unabdingbar. bus

SVN-Fußballcamp hat noch Plätze
  • Neuperlach · Vom 18. bis 22. August, jeweils von 8.30 bis 15.30 Uhr, bietet der SVN ein Fußballcamp für Kinder und Jugendliche in der Halle und Freifläche am Gerhart-Hauptmann-Ring an. Das Fußballcamp richtet sich an alle jungen Sportler von 6 bis 12 Jahren, die sich für Fußball begeistern. Am Vormittag wird der Schwerpunkt auf Technik, Koordination, Tricks und Taktikvariationen gelegt. Nach einer Stärkung beim Mittagessen wird das neu Gelernte bei Wettkämpfen und Turnieren angewandt und ausprobiert. Anmeldung ist ab sofort beim SVN, Staudingerstraße 20, möglich. Die Teilnahme kostet 60, für Nichtmitglieder 80 Euro.

Artikel vom 29.07.2014
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