Als Brücke: Fußball

Junge Flüchtlinge kicken gemeinsam in der Bayernkaserne

Simon Hörmann (l.) und Alexander Estner: Die beiden trainieren mit den jungen Flüchtlingen, die in der ehemaligen Bayernkaserne leben, Fußball.	Julia Stark

Simon Hörmann (l.) und Alexander Estner: Die beiden trainieren mit den jungen Flüchtlingen, die in der ehemaligen Bayernkaserne leben, Fußball. Julia Stark

Schwabing/Freimann · »Manche unserer Jungs spielen wie Profis«, sagt Simon Hörmann stolz. Seit zwei Jahren trainiert der Medizinstudent gemeinsam mit dem Sportwissenschaftler Alexander Estner unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die in der Asylbewerberunterkunft in der ehemaligen Bayernkaserne in Schwabing-Freimann leben.

Das Fußballspielen gibt den Jugendlichen ein Stück Normalität zurück. Die Organisation von praktischen Dingen wie etwa Turnschuhe und Sportbekleidung für die Spieler stellt die ehrenamtlichen Trainer aber immer wieder vor Probleme.

»Passen sie?«, fragt Hörmann einen etwa 16-jährigen Jungen, der sich die Schuhe zubindet. Er nickt und läuft los. Tragen wird er die Turnschuhe für rund zwei Stunden, dann muss er sie wieder abgeben. Sie stammen aus Kleiderspenden von Privatleuten und Vereinen. Nicht für jeden der Teilnehmer gibt es auch die richtige Größe. »Aber es ist immer noch besser, als barfuß oder in Flip-Flops zu spielen«, sagt Estner.

Hörmann gibt den Spielern ein Zeichen, in die Mitte des Platzes zu kommen. Das Training findet auf deutsch und englisch statt. Oft kommuniziere man aber auch über Gesten, erklärt Estner. Die Sprachbarrieren seien »mit das Schwierigste« an dem Projekt, erklärt er. »Aber irgendwie versteht man sich beim Fußball dann doch immer.«

Nach dem Aufwärmtraining findet eine Vorstellungsrunde statt, bei der jeder Spieler seinen Namen und das Land nennt, aus dem er stammt. »Heute sind viele Neue dazugekommen«, sagt Estner. Die Jugendlichen kommen aus Krisenregionen aus aller Welt. Ohne ihre Eltern sind sie aus Ländern wie Syrien, Somalia, Afghanistan und Albanien geflohen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Deutschland. »Uns ist es wichtig, dass sich die Jungs bei ihren Namen nennen«, betont Estner.

Gelegentlich gibt es unter den Bewohnern Vorurteile gegen bestimmte Nationen: »Es kam schon vor, dass sie sich weigern, sich den Ball zuzuspielen, obwohl sie in derselben Mannschaft sind.« Das Training helfe jedoch, die Vorbehalte zu überwinden: »Irgendwann unternehmen die Jungs dann auch privat etwas miteinander, das ist eine sehr schöne Entwicklung.« Eines der Ziele sei außerdem, die guten Spieler bei Münchner Sportvereinen unterzubringen, sagt Hörmann.

Gelungen ist dies zum Beispiel bei Afeez Anusi. Der 20-jährige Nigerianer hat ein Jahr lang in der Bayernkaserne trainiert. Nun spielt er beim SC Bogenhausen. Sein größter Wunsch ist es, einmal Profifußballer zu werden.

Schon in seinem Heimatland hat er Fußball an der Akademie gespielt: »Das Training hier in der Unterkunft hat mir sehr geholfen.« Er hat dadurch neue Freunde gefunden und wieder ein Gefühl von Normalität bekommen. Neben seinem großen Traum, eine Karriere im Fußball zu machen, verfolgt er inzwischen auch sehr bodenständige Ziele. Nach seinem Schulabschluss möchte er eine Ausbildung im Einzelhandel beginnen: »Vorstellen könnte ich mir, im Supermarkt zu arbeiten, oder in der Elektronikbranche im Verkauf.«

Finanziert wird das Fußballtraining in der Unterkunft, in der derzeit rund 100 Flüchtlinge im Alter von 16 und 17 Jahren ohne Eltern wohnen, vom Münchner Flüchtlingsrat, der hierfür dringend Spenden benötigt. Besonders gebraucht werden Fußballschuhe, die für die Dauer des Trainings verliehen werden. »Davon haben wir viel zu wenig«, klagt Estner. Aber auch mit Trikots und Shorts wäre den Jugendlichen geholfen: »Im Sommer in Jeans zu spielen, ist viel zu heiß.« Kleiderspenden können in der Bayernkaserne in der Heidemannstraße 50 an der Pforte mit dem Hinweis auf das Fußballtraining abgegeben werden.

Spendenkonto des Münchner Flüchtlingsrats: 31 43 44, Stadtsparkasse München, BLZ: 701 500 00, Verwendungszweck: Fußballtraining. Julia Stark

Artikel vom 24.06.2014
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