Zum Abschied

Aschheim · Bürgermeister Englmann weiht St.-Emmerams-Brunnen ein

Nach 30 Jahren verlässt Helmut J. Englmann (links) die politische Bühne in Aschheim und hinterlässt seinem Nachfolger Thomas Glashauser große Fußstapfen. Foto: Sybille Föll

Nach 30 Jahren verlässt Helmut J. Englmann (links) die politische Bühne in Aschheim und hinterlässt seinem Nachfolger Thomas Glashauser große Fußstapfen. Foto: Sybille Föll

Aschheim · Geschichte wiederholt sich nicht – diese Floskel ist am vergangenen Mittwoch in Aschheim widerlegt worden: An diesem Tag enthüllte der scheidende Erste Bürgermeister Helmut J. Englmann rund fünfeinhalb Stunden vor der Übergabe seines Amtes an den Zweiten Bürgermeister Thomas Glashauser den neuen St.-Emmerams-Brunnen am Kirchenvorplatz von St. Peter und Paul.

30 Jahre zuvor, 1984, hatte der damals amtierende Bürgermeister Franz Ruthus nach 36 Jahren die Amtskette an Englmann übergeben, der zu diesem Zeitpunkt Zweiter Bürgermeister war – und an seinem letzten Tag als Gemeindeoberhaupt ebenfalls einen neuen Brunnen enthüllt: den Aschheimer Brunnen.

Mit dem St.-Emmerams-Brunnen, gestaltet von dem Hohenfurcher Bildhauer Egon Stöckle, setzt die Gemeinde Aschheim ein weiteres Zeichen für die bedeutungsvolle Geschichte der Region, die zu den ältesten Siedlungsgebieten in Südbayern zählt, wie ein Grab aus der späten Jungsteinzeit (circa 2.500 v. Chr.) belegt. Bei Weitem nicht so alt, aber dennoch historisch bedeutsam für den Münchner Osten ist das Grab des Heiligen Emmeram, das sich vermutlich ab 652 n. Chr. in der hölzernen Vorgängerkirche der Katholischen Kirche St. Peter und Paul befand. Eine Grabplatte erinnert noch heute an den Heiligen. Einer Überlieferung des Freisinger Bischofs Arbeo aus dem Jahr 770 zufolge – der sogenannten Emmeramsvita – soll der fränkische Missionarsbischof auf einer Pilgerreise nach Rom im Ayinger Ortsteil Kleinhelfendorf grausam gefoltert und dann in Feldkirchen seinen Verletzungen erlegen sein. Er hatte die Regensburger Herzogstochter Uta schützen wollen, die eine geheime Liaison mit einem Beamten hatte und ein Kind von ihm erwartete. Emmeram gab sich selbst als Vater an und musste dafür büßen.

Seine Begleiter brachten den Leichnam nach Aschheim, wo sie von einer Kirche des heiligen Apostels Petrus wussten, und begruben ihn dort. Offenbar gefiel dies dem Märtyrer nicht, denn der Überlieferung nach setzte ein heftiges Unwetter ein, das 40 Tage lang dauerte – bis Emmeram in seine Wirkungsstätte Regensburg zurückgebracht und dort beigesetzt wurde. »Tatsächlich ergaben Nachforschungen, dass in dieser Zeit der Grundwasserstand in der Gemeinde außergewöhnlich hoch war«, erzählte Engl-mann bei der feierlichen Brunneneinweihung. In den Sockel des Brunnens aus hellem Stein sind die Stationen des Märtyrers gemeißelt: Regensburg – Kleinhelfendorf – Aschheim – Rom. »Wir haben lange überlegt, wo wir den Brunnen platzieren sollen«, sagte Englmann.

Da auf dem Kirchenvorplatz zu wenig Raum sei, habe sich der Gemeinderat schließlich für einen Wandbrunnen entschieden, nur 80 Meter südlich der Grabstätte. Zu einer weiteren Wiederholung der Geschichte konnte der Aschheimer Peter Stilling beisteuern: »1937, bei der Einweihung der neuen Pfarrkirche, stand hier an dieser Stelle der Ministrant Hans Haller und trug ein Gedicht von Pfarrer Jakob Fischer über den Heiligen Emmeram vor«, erzählte er. In einem Filmbeitrag ließ Stilling das Geschehen wieder aufleben, denn Haller war zwar persönlich anwesend, konnte jedoch aus gesundheitlichen Gründen die Verse nicht selbst vortragen. Schließlich segneten Pfarrer Karl-Eugen Maute von der Katholischen Gemeinde Aschheim, der Feldkirchner Pfarrer Czeslaw Sajdak und Erzpriester Apostolos Malamoussis von der Griechisch-orthodoxen Kirche gemeinsam den St.-Emmerams-Brunnen, der an die »Tiefe des Lebens« erinnern soll.

Begleitet von Vertretern der Aschheimer Vereine und Blaskapellenmusik war der Festzug vom Rathaus zum Kirchenvorplatz gezogen, nach der Zeremonie ging es weiter in den Feststadl, wo Englmann mit rund 300 geladenen Gästen seinen Abschied feierte.

30 Jahre lang hatte er das Bild der Gemeinde Aschheim geprägt, davon wollte sich der 74-Jährige nicht sang- und klanglos zurückziehen. »Mir war es immer wichtig, dass sich die Menschen hier wohlfühlen«, sagte er in seiner Abschiedsrede. Kinder- und familienfreundlich sollte Aschheim sein, was ihm gelungen ist. Trotz hoher Investitionen in den vergangenen Jahren konnte Englmann um Punkt 0.15 Uhr die Gemeinde schuldenfrei in die Hände seines Nachfolgers Thomas Glashauser legen. Der hat nun die Aufgabe, die bereits vom Gemeinderat beschlossenen Projekte voranzutreiben – darunter den Neubau des Sportheims, den Umbau der Aussegnungshalle in Dornach und die Erweiterung des Feuerwehrhauses.

»Mir ist wichtig, dass der hohe Standard in allen Bereichen für unsere Bürger aufrecht erhalten werden kann, sei es beim Vereinsleben oder der Kinderbetreuung«, sagte Glashauser. Eine Herausforderung sei die Nähe zu München. Dass Aschheim dennoch nicht von Neubürgern überrollt wird, dafür sorgt eine Einwohnerzuwachsgrenze von rund 150 pro Jahr. Von der Gemeindepolitik will sich Englmann – der erst der zweite Aschheimer Bürgermeister seit 1948 war – zurückziehen. »Aber ich würde gerne Mitglied in der geschichtlich-heimatkundlichen Kommission werden«, sagte der jetzige Alt-Bürgermeister und hofft, dass der Gemeinderat seinen Wunsch erfüllt. Sybille Föll

Artikel vom 06.05.2014
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