Besonderer Weg

Oberföhring · Ex-Profi Matt Okoh trainiert Kreisligisten Rot-Weiss Oberföhring

Früher spielte Matt Okoh unter anderem für den TSV 1860, jetzt kämpft er als Trainer des FC Rot-Weiss Oberföhring gegen den Abstieg in die Kreisklasse – und das ausschließlich mit selbst ausgebildeten Spielern.	Foto: Verein

Früher spielte Matt Okoh unter anderem für den TSV 1860, jetzt kämpft er als Trainer des FC Rot-Weiss Oberföhring gegen den Abstieg in die Kreisklasse – und das ausschließlich mit selbst ausgebildeten Spielern. Foto: Verein

Oberföhring · Sie kennen bestimmt jene Kreditkartenwerbung, in der zunächst drei Dinge und ihre Preise aufgezählt werden und es dann am Ende heißt: »Es gibt Dinge, die kann man nicht kaufen.«

Ähnlich klingt das, wenn Matt Okoh über seinen Job als Trainer beim Kreisligisten FC Rot-Weiss Oberföhring redet. »Die Energie, die ich gewinne, wenn 30 begeisterte Spieler auf dem Trainingsplatz stehen, ist unbezahlbar«, sagt der ehemalige Bundesliga-Profi (zwei Spiele für den TSV 1860 1996/97), der vor elf Monaten sein Amt antrat, nun allerdings um den Klassenerhalt bangen muss. Denn der Verein geht einen besonderen Weg: Die Mannschaft soll ausschließlich aus selbst ausgebildeten Spielern bestehen.

Mitte Mai 2013 kam die Anfrage aus Oberföhring, ob Matt Okoh direkt übernehmen könne. Die Mannschaft lief auch damals Gefahr abzusteigen. Mit zwei Siegen aus den letzten vier Spielen gelang dann doch der Verbleib in der Kreisliga. Ob das heuer auch gelingt? Rot- Weiss ist Tabellenvorletzter, gewann zwar am Sonntag mit 3:2 beim TSV Grasbrunn-Keferloh, hat aber dennoch noch fünf Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz und sogar sieben auf das rettende Ufer. Vor der Partie hatte Okoh noch vorgerechnet, drei bis vier Siege aus den verbleibenden Spielen sollten reichen. Nun dürfte es selbst mit zwei bis drei Siegen eng werden, da auch die Konkurrenz punktete.

Für Matt Okoh steht der Klassenerhalt aber nicht im Vordergrund. Seine Mission ist es, der Mannschaft eine Identität zu verpassen, ihr einen attraktiven Stil beizubringen. »Wir wollen nicht Geld investieren, um Spieler zu kaufen, wir wollen Zeit und Leidenschaft investieren, um Spieler auszubilden«, heißt die Marschroute für Okoh. Vor der Winterpause habe sein Team noch zu ergebnisorientiert gespielt, habe nicht seinen Rhythmus gefunden, das sei nun anders. »Die Jungs haben das System immer mehr verinnerlicht. Wir wollen den Ball schnell laufen lassen, großen Teamgeist zeigen und den Ball und uns glücklich machen«, sagt der Trainer. Zudem hätten vor der Winterpause einige Stammspieler verletzungsbedingt gefehlt.

Der 41-jährige Okoh, US-Amerikaner mit nigerianischen Wurzeln, bringt einiges an Trainererfahrung mit. In den USA arbeitete er sogar im Profibereich in der Major League Soccer (MLS), wo er einst auch spielte. Nach den Einsätzen für die Münchner Löwen war er 1997 zur SpVgg Unterhaching gewechselt, dort hatte ihn ein Bandscheibenvorfall außer Gefecht gesetzt – die einzige schwere Verletzung seiner Karriere. Daraufhin war Okoh in die Heimat gegangen, um wieder reinzukommen. Später versuchte er sich dann nochmals in Europa, in der zweiten portugiesischen Liga beim FC Campomaiorense.

Jede einzelne Station habe seine ganz eigenen Herausforderungen mit sich gebracht, erzählt Okoh zurückblickend. »In der Bundesliga musste man immer hundert Prozent geben, das Niveau war unglaublich, in der MLS konnte man die Visionen spüren, das war ja alles neu in den USA. Und in Portugal, das war fast wie Samba, da ging es um Spaß auf dem Platz.« Die Zeit bei Campomaiorense prägte Okohs Denken als Fußballer und Trainer. »Du musst immer an Spaß denken, denn darum geht es im Endeffekt«, sagt er. Selbst Verlieren könne Spaß machen, wenn man einen Schritt in die richtige Richtung mache.

Derzeit also der FC Rot-Weiss Oberföhring. Okoh ist »froh, einen Klub gefunden zu haben, der diesen Weg geht und eigene Spieler ausbilden will«. Der Job ist für ihn auch eine Chance, sich für höhere Aufgaben zu bewerben. »Wer weiß«, sinniert der Ex-Profi, »vielleicht gibt es irgendwann auch einen Verein in der 3. Liga oder in der Regionalliga, der denselben Weg beschreiten möchte.« Die einzige Voraussetzung für ihn: Spieler, die auf dem Trainingsplatz Begeisterung zeigen. Denn das ist schließlich eines dieser Dinge, das man nicht kaufen kann. Jan Lüdeke

Artikel vom 15.04.2014
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...