Alles auf Anfang

Hachinger Tal · Schuldnerberatung der Caritas informiert über Neuerungen

Birgit Oppermann-Schramm und Klaus Binder helfen gerne weiter, wenn aufgrund von Schulden der Schuh drückt. 	Foto: hw

Birgit Oppermann-Schramm und Klaus Binder helfen gerne weiter, wenn aufgrund von Schulden der Schuh drückt. Foto: hw

Hachinger Tal · »Jeder sollte die Chance bekommen, noch einmal neu anzufangen«, erklärt Klaus Binder von der Schuldnerberatung der Caritas.

Gemeinsam mit seinem Team ist er für die Menschen im Hachinger Tal und in Ottobrunn zuständig, berät, hilft Anträge stellen und ist Wegweiser im dichten Paragrafendschungel. Das Wichtigste sei es immer, die Existenzgrundlage einer Person zu sichern, und sich dann Schritt für Schritt durch den Schuldenberg zu arbeiten, erklären Klaus Binder und seine Kollegin Birgit Oppermann-Schramm. Sowohl für Schuldner als auch für Gläubiger ändert sich ab dem 1. Juli einiges, denn dann tritt das Gesetz zur »Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte« in Kraft.

»Nicht für alle unsere Klienten kommt eine Verbraucherinsolvenz infrage, das hängt ganz vom Schuldenstand, den Möglichkeiten der Rückzahlung und der Zahl der Gläubiger ab«, informiert Binder. Einem außergerichtlichen Verfahren müssen nämlich immer alle Gläubiger ohne Ausnahme zustimmen, nicht immer ein leichtes Unterfangen. »Erst letzte Woche hatte ich ein Verfahren, an dem 50 Gläubiger beteiligt waren«, so Binder. Erst wenn diese Möglichkeit scheitere, könne ein Privatinsolvenzverfahren bei Gericht beantragt werden. Davor steht die Bestandsaufnahme aller Schulden, was manchmal schon eine kleine Herausforderung an sich darstellt, wie Brigit Oppermann-Schramm erklärt. Häufig hätten ihre Klienten keinen Überblick über ihren Schuldenstand, öffneten aus lauter Angst schon lange keine Post mehr. »Da werden die Unterlagen dann schon mal in Tüten oder Waschkörben mitgebracht«, weiß sie aus ihrem Berufsalltag zu berichten. Ohne die Hilfe von ehrenamtlichen Mitarbeitern könne eine Sortierung solcher Unterlagen gar nicht erfolgen. »Verschuldung kann jeden treffen«, betont Klaus Binder. Bei Scheidung, Krankheit oder wenn das eigene Geschäft den Bach hinunter ginge, könnten sich schnell Schulden auf Schulden türmen, zumal es heute den Verbrauchern zu leicht gemacht würde, an Kredite und immer wieder neue Kredite zu kommen.

Mit dem neuen Gesetz sollen nun Privatinsolvenzen effektiver abgearbeitet werden können, werden aber auch gleichzeitig die Rechte der Gläubiger gestärkt. Die Restschuldbefreiung am Ende eines Insolvenzverfahrens sei nämlich keine Selbstverständlichkeit, sondern könne vielmehr von den Gläubigern in bestimmten Fällen verhindert werden. Dazu müssten diese eine Versagungsklage bei Gericht erheben. Musste dies früher zu einem bestimmten Termin persönlich vor Gericht erfolgen, so gelten ab dem 1. Juli hier neue Regeln. Für Verfahren, die ab diesem Zeitpunkt begonnen werden, reicht dann auch ein schriftlicher Antrag vonseitens eines Gläubigers, informiert die Sozialpädagogin.

Versagt werden kann die Restschuldbefreiung unter anderem dann, wenn nicht alle Vermögensverhältnisse offengelegt worden seien, oder aber Gelder unrechtmäßig verschwendet wurden, beispielsweise durch Schenkungen an Verwandte oder Organisationen. Auch die Tatsache, dass sich der Schuldner noch um weitere Kredite bemüht hat, als ihm längst klar gewesen sein muss, dass er sie eigentlich nicht mehr zurückzahlen könne, könne vom Gericht als mangelndes Wohlverhalten ausgelegt werden. Schuldner, die in der Lage sind, in den ersten drei Jahren 35 Prozent der Schuldensumme abzubezahlen sowie die fälligen Verfahrenskosten zu tragen, könnten bereits bei entsprechenden Anträgen nach drei Jahren schuldenfrei sein. Wer die Verfahrenskosten bezahlen kann, darf auf eine Verkürzung der bislang üblichen sechs auf fünf Jahre hoffen.

Privatinsolvenzverfahren könnten aber nicht beliebig oft gestellt werden, Chancen auf einen Schuldenschnitt gebe es nur einmal in dieser Form innerhalb von zehn Jahren. Keine Lizenz zum sorgenfreien Schuldenmachen sei diese Reform, sondern vielmehr der Versuch des Gesetzgebers, dem Schuldner die Chance auf einen Neuanfang zu gewähren, wenn sich dieser kooperativ verhält. Die Privatinsolvenz bleibe aber die Ausnahme unter ihren Fällen, denn das Bestreben der Schuldnerberatung ist es immer, die Fälle schon im Vorfeld zu lösen, wie die beiden Berater betonen. Wer die Hilfe der Beratungsstelle, die kostenlos ist, in Anspruch nehmen möchte, sollte wissen, dass die Wartezeit für eine Beratung bei der Caritas in Taufkirchen derzeit acht Wochen beträgt.

Wer schneller Hilfe braucht, dem empfiehlt Klaus Binder die Außensprechstunde des Landratsamtes München, die immer donnerstags von 15.30 bis 17.30 Uhr im Landratsamt stattfindet. Eine Voranmeldung ist hier nicht erforderlich.

Hilfreich ist es aber, wenn man seine wichtigsten Unterlagen mit dabei hat. Die Berater unterliegen selbstverständlich der Schweigepflicht.

Einen Termin vereinbaren kann man mit der Schuldnerberatung, Am Bahnsteig 14, 82024 Taufkirchen, immer von Montag bis Donnerstag von 9 bis 12 Uhr unter Telefon 9 60 51 70.

Artikel vom 08.04.2014
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...